Rz. 30

Zeitlich begrenzt nutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind nach § 253 Abs. 1 und 2 HGB grundsätzlich mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen und über ihre voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Abweichend zu den vorangegangenen Bewertungsvorschriften, können für geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bei Anwendung der GoB für die Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsprinzipien die steuerlichen Regelungen des § 6 Abs. 2 und 2a EStG über die GoB in die handelsrechtliche Bilanzierungspraxis übernommen werden (Rz. 1). Allerdings ist die pauschale Übernahme der steuerlichen Regelungen ins HGB stets kritisch zu hinterfragen. Die Bildung und Auflösung eines Sammelpostens nach den steuerlichen Regelungen analog auch handelsrechtlich vorzunehmen, ist besonders kritisch zu sehen. Da in einem Sammelposten die betreffenden Vermögensgegenstände als Gesamtheit erfasst und unabhängig von ihrem tatsächlichen Verbleiben im Unternehmen pauschal über 5 Jahre abgeschrieben werden, besteht die Gefahr, dass insb. gegen das handelsrechtliche Einzelbewertungs- und Vorsichtsprinzip verstoßen wird. Letzteres ist z. B. bei der Überbewertung eines Pools denkbar, wenn ein Vermögensgegenstand aus diesem Pool vor Ablauf der 5-Jahres-Frist untergeht (s. Beispiel Rz. 22), eine Ausbuchung des abgehenden Vermögensgegenstands aber entsprechend der steuerlichen Vorschriften nicht durchgeführt wird.[1] Trotz dieser Bedenken wird unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit des Rechnungswesens die Bildung dieses steuerlichen Sammelpostens auch handelsrechtlich ausnahmsweise für zulässig erachtet.[2] Sind etwa die nicht angesetzten Vermögensgegenstände oder die statt einer Einzelbewertung angesetzten Sammelposten wesentlich (etwa in bestimmten Branchen, z. B. Hotel- oder Getränkeindustrie oder bei kleinen Unternehmen), dann müssen Modifikationen vorgenommen werden, damit die Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsprinzipien nicht verletzt werden, etwa die Sammelposten über eine kürzere Nutzungsdauer abzuschreiben oder tatsächliche Abgänge größeren Umfangs zu erfassen.[3]

 
Hinweis

Diese Wirkung von steuerlichen Regelungen auf die HGB-Bilanzierung ist mit Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Im Falle der geringwertigen Vermögensgegenstände gelingt die Übertragung über den Umweg der Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsprinzipien. Die steuerliche Sonderregelung für Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung[4] kann dagegen nach h.M. nicht für die HGB-Bilanzierung übernommen werden.[5]

 

Rz. 31

Unklar ist, ob die Bilanzierenden tatsächlich ihre Wahl zur Anwendung der Sofortabschreibung oder der Bildung eines Sammelpostens statt einer planmäßigen Abschreibung über die Nutzungsdauer aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG schon in ihrer Handelsbilanz ausüben[6]

müssen (Rz. 25). Gerade bei den im Gesetzestext genannten kleinen Unternehmen (Start-Ups und Soloselbstständige) könnte aber bei der angekündigten deutlichen Erhöhung der Schwellenwerte das Problem mit der Vereinbarkeit mit der über die GoB in § 243 Abs. 1 HGB geforderten tatsachengemäßen Abbildung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Jahresabschluss gefährdet sein. Auch wenn mit dem Wachstumschancengesetz auf die Schwellenwerte für die Buchführungspflicht nach § 241a HGB auf Umsatz von mehr als 800.000 EUR oder einem Gewinn von 80.000 EUR angehoben werden, könnte die schnelle Abschreibung über 3 Jahre etwa von Geschäftsausstattung diese Werte doch deutlich beeinflussen. Dies trifft auch auf Kleinstkapitalgesellschaften zu, für die die monetären Schwellenwerte in § 267a HGB ähnlich angehoben werden dürften (900.000 EUR Umsatz und 450.000 EUR Bilanzsumme).[7] Nach aller Erfahrung mit der Umsetzung in der Praxis ist davon auszugehen, dass viele Unternehmen die erhöhten Werte und kürzeren Auflösungsphasen für die Sonderposten einfach in ihren HGB-Abschluss übernehmen werden. Dies ist aber nur unter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip denkbar. Gerade in den letzten Jahren hat etwa das IDW durchaus sehr streng mit Verweis auf das Stetigkeitsgebot etwa die Übernahme der zeitlich befristet steuerlich wieder erlaubten degressiven Abschreibung in das HGB für nicht gesetzeskonform erklärt.[8] Daher muss die Anwendung der erhöhten Werte im HGB kritisch vor dem Hintergrund insbesondere der Wesentlichkeit geprüft werden.

Auch ist fraglich, ob im HGB-Abschluss die engen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 2 EStG zu beachten sind und Vermögensgegenstände zu Nutzungszusammenhängen zusammengefasst betrachtet werden müssen. So kann es etwa nach HGB im Rahmen der Wesentlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchaus möglich und sinnvoll sein, Drucker und andere IT-Gegenstände oder Software entgegen der Auffassung des BMF als geringewertige Vermögensgegenstände und auch entgegen der Verwaltungsauffassung des BMF mit nur einjähriger Nutzungsdauer zu behandeln. Das IDW geh...

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