2.1 Allgemeine Voraussetzungen

 

Rz. 3

Als Gewinnermittlungsvorschrift betrifft § 6 Abs. 2 EStG grundsätzlich die Gewinneinkünfte des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Zusätzlich gilt die Regelung des § 6 Abs. 2 Sätze 1–3 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 2 EStG auch für die Überschusseinkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG.

Das Wahlrecht kann somit von allen Steuerpflichtigen, die ihren steuerpflichtigen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder durch den Bestandsvergleich nach § 5 Abs. 1 EStG ermitteln, in Anspruch genommen werden. Auch Steuerpflichtige, die ihren Gewinn mittels der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, können die Regelung durch § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG anwenden.[1]

[1] Vgl. Krumm, in Brandis/Heuermann, EStG, § 6 Rz. 1606 ff., Stand: 8/2023.

2.2 Materielle Voraussetzungen für geringwertige Wirtschaftsgüter

2.2.1 Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

 

Rz. 4

Die Anwendung des § 6 Abs. 2 EStG ist auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beschränkt. Dementsprechend muss das Wirtschaftsgut abnutzbar, also i. S. d. § 253 Abs. 3 HGB in der Nutzung zeitlich begrenzt sein und einer wirtschaftlichen oder technischen Abnutzung unterliegen.[1]

 

Rz. 5

Des Weiteren muss es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut handeln. Bei beweglichen Wirtschaftsgütern handelt es sich um körperliche Gegenstände, wie Sachen (§ 90 BGB), Tiere (§ 90a BGB) oder Scheinbestandteile (§ 95 BGB) oder auch um Betriebsvorrichtungen.[2]

Immaterielle Wirtschaftsgüter und Grundstücke sind hingegen keine beweglichen Wirtschaftsgüter, weshalb § 6 Abs. 2 EStG hier nicht anwendbar ist. Allerdings kann steuerrechtlich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware auf nur ein Jahr angesetzt werden, wobei es nicht beanstandet wird, wenn abweichend zu § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.[3]

 

Rz. 6

Ferner setzt § 6 Abs. 2 EStG voraus, dass es sich um ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt, demnach zum dauerhaften Gebrauch im Geschäftsbetrieb bestimmt ist.[4]

2.2.2 Selbstständige Nutzungsfähigkeit

 

Rz. 7

Eine zusätzliche Voraussetzung für die Anwendung des § 6 Abs. 2 EStG ist das Merkmal der selbstständigen Nutzungsfähigkeit, welche in § 6 Abs. 2 Satz 2 EStG negativ definiert wird. Demzufolge ist ein Wirtschaftsgut nicht zur selbstständigen Nutzung fähig, wenn die folgenden Merkmale kumulativ erfüllt sind:

  • Das Wirtschaftsgut kann nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden und
  • die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter sind technisch aufeinander abgestimmt.

Ob die selbstständige Nutzungsfähigkeit vorliegt, ist somit von der individuellen Zweckbestimmung im Betrieb des Steuerpflichtigen abhängig. Kann das Wirtschaftsgut allein genutzt werden, liegt die selbstständige Nutzungsfähigkeit vor.[1]

Nach H 6.13 EStR 2021 ist die selbstständige Nutzungsfähigkeit verbundener oder gemeinsam genutzter Wirtschaftsgüter kein Kriterium bei der Beurteilung der selbstständigen Bewertbarkeit: "Ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut liegt vor, wenn es in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist. Ob es auch selbständig genutzt werden kann, hängt neben dem Zweck, den 2 oder mehrere bewegliche Sachen gemeinsam zu erfüllen haben, vor allem vom Grad der Festigkeit einer eventuell vorgenommenen Verbindung (§ 93 BGB), dem Zeitraum, auf den eine eventuelle Verbindung oder die gemeinsame Nutzung angelegt sind, sowie dem äußeren Erscheinungsbild ab. Erscheinen die beweglichen Gegenstände danach für sich genommen unvollständig oder erhält ein Gegenstand ohne den oder die anderen gar ein negatives Gepräge, ist regelmäßig von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen; Entsprechendes gilt für Sachen, die in einen unbeweglichen Gegenstand eingebaut werden (BFH, Urteil v. 5.9.2002 – BStBl II S. 877)."[2]

 

Rz. 8

Das Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs. 2 Satz 2 EStG wird demnach nur erfüllt, wenn die einzelnen Wirtschaftsgüter in einem Nutzungszusammenhang betrachtet werden, d. h. die Wirtschaftsgüter folglich technisch bzw. körperlich miteinander verbunden sind und nur mit dem anderen Wirtschaftsgut zusammen genutzt werden können. Verliert ein Wirtschaftsgut seine Nutzungsfähigkeit, wenn es von anderen getrennt wird, ist dies ebenfalls ein Hinweis auf einen Nutzungszusammenhang. Ein Nutzungszusammenhang wird somit nicht durch einen wirtschaftlichen Zusammenhang begründet, sondern wenn die Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Technisch aufeinander abgestimmt sind Wirtschaftsgüter in der Regel, wenn ihre technischen Ei...

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