Rz. 68

Die Einstufung des Genussrechtskapitals als steuerrechtliches Fremdkapital hat zur Folge, dass dieses in der Steuerbilanz grundsätzlich als Verbindlichkeit zu passivieren ist (erfolgsneutraler Vorgang), da eine dem Inhalt und der Höhe nach bereits bestimmte Leistungspflicht vorliegt, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt.[1] Bei Vorliegen zweier voneinander unabhängiger Sachverhalte (fehlende wirtschaftliche Belastung, Passivierungsaufschub nach § 5 Abs. 2a EStG) kann es jedoch zu einem Passivierungsverbot des Genussrechtskapitals als Verbindlichkeit kommen.

 

Rz. 69

Im Ausnahmefall ist eine Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht bzw. nicht mehr zu passivieren, wenn sie keine wirtschaftliche Belastung am Abschlussstichtag darstellt. Das BMF[2] sieht dies insbesondere dann als gegeben an, wenn aufgrund einer Abwägung aller konkreten Umstände des Einzelfalls mit einer Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bzw. nicht mehr zu rechnen ist.[3] In einem solchen Fall stellt allein die Vereinbarung einer Zinszahlungsverpflichtung regelmäßig keine wirtschaftliche Belastung des Verpflichteten im Hinblick auf das überlassene Genussrechtskapital dar. Das Vorliegen einer Nachrangvereinbarung beim Genussrechtskapital, verbunden mit einer Teilnahme an Verlusten, schließt hingegen dessen wirtschaftliche Belastung nicht aus. Auch aus der Dauer der Kapitalgewährung können keine pauschalen Rückschlüsse auf eine fehlende wirtschaftliche Belastung des Genussrechtskapitals gezogen werden. Ebenso wenig kann allein die Tatsache, dass der Schuldner die Verbindlichkeit mangels ausreichenden Vermögens nicht oder nur teilweise zurückzahlen kann, die Annahme einer fehlenden wirtschaftlichen Belastung des Genussrechtskapitals begründen.[4]

 

Rz. 70

Gemäß § 5 Abs. 2a EStG darf eine Genussrechtsverbindlichkeit, die nur erfüllt werden muss, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung am Abschlussstichtag nicht in der Bilanz ausgewiesen werden (Passivierungsaufschub nach § 5 Abs. 2a EStG).[5] Dies ist erst dann der Fall, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Sofern die Genussrechtsverbindlichkeit nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus einem eventuellen künftigen Liquidationsüberschuss zu bedienen ist, fehlt es ebenfalls an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung am Abschlussstichtag.

 

Rz. 71

Bei einer fehlenden wirtschaftlichen Belastung des Genussrechtskapitals am Abschlussstichtag bzw. beim Vorliegen eines Passivierungsaufschubs nach § 5 Abs. 2a EStG führt der Zugang des Kapitals oder der Wegfall der bisher in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit angesetzten Rückzahlungsverpflichtung steuerbilanziell zu einem Ertrag.[6] Beruht der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn auf einem Gesellschaftsverhältnis, so ist der steuerbilanzielle Ertrag durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren.[7] Lebt die Darlehensverbindlichkeit in der Zukunft wieder auf, so ist der aus diesem Vorgang resultierende Aufwand nur insoweit zu neutralisieren, als die vorherige gewinnwirksame Ausbuchung des Genussrechtskapitals als Einlage zu beurteilen war. Sofern Genussrechtskapital an fremde Dritte ausgegeben wird und eine Verbindlichkeit mangels wirtschaftlicher Belastung am Abschlussstichtag in der Steuerbilanz des emittierenden Unternehmens nicht passiviert werden darf, kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass die fehlende wirtschaftliche Belastung auf einem Gesellschaftsverhältnis beruht. In einem solchen Fall wird der steuerbilanzielle Ertrag nicht durch den Ansatz einer Einlage neutralisiert. Dementsprechend kommt es bei einem späteren Vorliegen der Ansatzvoraussetzungen für das Genussrechtskapital zu einem steuerbilanziellen Aufwand durch den Ansatz einer Verbindlichkeit.

 

Rz. 72

Sollte eine gegenüber der Kapitalgesellschaft bestehende Darlehensforderung in ein Genussrecht umgewandelt werden, welches ein schuldrechtliches Kapitalüberlassungsverhältnis darstellt (Vorliegen eines Dept-Mezzanine-Swaps), richtet sich der steuerbilanzielle Ausweis des Genussrechtskapitals anhand der im BMF-Schreiben vom 11.4.2023 aufgestellten Grundsätze.[8] Ergibt eine entsprechende Prüfung, dass Fremdkapital vorliegt, so ist das durch die Umwandlung entstehende Genussrechtskapital von der Kapitalgesellschaft grundsätzlich als Verbindlichkeit auszuweisen (erfolgsneutraler Passivtausch). Sofern die Kapitalgesellschaft am Abschlussstichtag durch die Kapitalüberlassung wirtschaftlich allerdings nicht belastet ist, kann in der Steuerbilanz keine Verbindlichkeit angesetzt werden (Passivierungsverbot).[9] Wird hingegen einem Anteilseigner oder einer dem Anteilseigner nahestehenden Person anstelle der ursprünglichen Darlehensforderung ein Genussrecht eingeräumt, welches aufgrund einer fehlenden Rückzahlungsverpflichtu...

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