Rz. 28

Vorbemerkungen

Hinsichtlich der Einräumung von Kündigungsrechten kann zum einen zunächst einmal auf die vertragliche Gewährung von Kündigungsrechten vollständig verzichtet werden. Das jeweilige Genussrecht ist dann unkündbar. Der Genussrechtsvertrag endet in einem solchen Fall entweder durch den Ablauf einer vereinbarten Laufzeit oder durch die Auflösung der emittierenden Gesellschaft. Zum anderen lässt sich aber auch die Kündbarkeit von Genussrechten in den zugrunde liegenden Genussrechtsbedingungen vertraglich anhand von Kündigungsrechten festlegen. Hierbei ist zwischen einem ordentlichen und einem außerordentlichen Kündigungsrecht zu unterscheiden.

 

Rz. 29

Ordentliches Kündigungsrecht des Genussrechtsinhabers und/oder der emittierenden Gesellschaft

Ein ordentliches Kündigungsrecht kann sowohl der emittierenden Gesellschaft als auch den Genussrechtsinhabern gewährt werden.[1] Vielfach enthalten die Genussrechtsbedingungen allerdings kein ordentliches Kündigungsrecht oder schließen es sogar explizit aus.[2] Teilweise findet sich aber auch ein ordentliches Kündigungsrecht in den Genussrechtsbedingungen. Danach kann der Genussrechtsemittent und/oder der Genussrechtsinhaber regelmäßig unter Berücksichtigung bestimmter Kündigungsfristen nach Ablauf einer zuvor festgelegten Anzahl von Jahren kündigen. Ferner kann eine ordentliche Kündigung auch auf der Grundlage fester Kündigungszeitpunkte im Abstand von bspw. fünf oder mehr Jahren vereinbart werden.

 

Rz. 30

Die Frage, ob ein ordentliches Kündigungsrecht unabhängig von den zugrunde liegenden Genussrechtsbedingungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen vorliegt, lässt sich nur beantworten, wenn zwischen Genussrechten mit befristeter und Genussrechten mit unbefristeter Laufzeit differenziert wird.[3] Gemäß § 608 Abs. 1, 2 BGB kann ein unbefristeter Sachdarlehensvertrag von beiden Vertragspartnern gekündigt werden. Aus der analogen Anwendung dieser Vorschrift ergibt sich für Genussrechte mit unbefristeter Laufzeit ein ordentliches Kündigungsrecht auf gesetzlicher Grundlage, wenn eine Ausgabe der Genussrechte gegen Kapitaleinlagen erfolgt und das Genussrecht wiederkehrende Leistungen gewährt.[4] Die Abdingbarkeit eines solchen ordentlichen Kündigungsrechts ist allerdings möglich. Wegen der in § 608 BGB enthaltenen Bezugnahme auf unbefristete Sachdarlehensverträge finden die Bestimmungen des § 608 BGB auf Genussrechte mit befristeter Laufzeit keine Anwendung. Insofern haben der Emittent und auch die Genussrechtsinhaber bei Genussrechten mit befristeter Laufzeit kein ordentliches Kündigungsrecht aufgrund gesetzlicher Regelungen.

 

Rz. 31

Außerordentliches Kündigungsrecht des Genussrechtsinhabers und/oder der emittierenden Gesellschaft

Ein außerordentliches Kündigungsrecht erlaubt eine Kündigung aus wichtigem Grund. Zum einen kann ein außerordentliches Kündigungsrecht des Genussrechtsinhabers und/oder der emittierenden Gesellschaft in den Genussrechtsbedingungen enthalten sein.[5] Als Beispiele für außerordentliche Kündigungsgründe lassen sich der Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung durch ein anderes Unternehmen, der Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags, Zahlungsrückstände, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Liquidation des Unternehmens nennen. Auch die Anpassung der Finanzierung an geänderte Umweltbedingungen oder die Anpassung an eine veränderte Rechtsprechung oder Steuergesetzgebung können wichtige Gründe für ein außerordentliches Kündigungsrecht darstellen.[6]

 

Rz. 32

Zum anderen haben die beiden Genussrechtsparteien auch ohne eine spezielle Regelung in den Genussrechtsbedingungen ein außerordentliches Kündigungsrecht, sofern die Fortführung oder die Anpassung des Genussrechtsvertrags an veränderte Rahmenbedingungen für eine Genussrechtspartei unzumutbar erscheint.[7] Dies lässt sich damit begründen, dass es sich bei einem Genussrechtsvertrag nach allgemeiner Auffassung um ein Dauerschuldverhältnis handelt.[8] Für Dauerschuldverhältnisse ergibt sich aus § 242 BGB nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Kündigung aus wichtigem Grund.[9] In der Praxis dürften die Bedingungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund in Bezug auf Genussrechte allerdings lediglich in Ausnahmefällen vorliegen.[10]

[1] Vgl. Dross, Genussrechte, 1996, S. 61, 64; Häuselmann, Hybride Finanzinstrumente, 2019, Kap. 2. Genussrechte Rz. 37.
[2] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Frantzen, Genussscheine, 1993, S. 141 f.
[3] Vgl. Dross, Genussrechte, 1996, S. 61, 64.
[4] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden auch Frantzen, Genussscheine, 1993, S. 142 f. m. w. N. und S. 145.
[5] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden auch Dross, Genussrechte, 1996, S. 62.
[6] Vgl. Bieg, StB 1997, S. 485.
[7] Vgl. Florstedt, in Zöllner/Noack, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2017, § 221 AktG Rz. 170 ff., 535; Habersack, in Goette/Habersack, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 221 AktG Rz. 90.
[8] Vgl. Florstedt, in Zöllner/Noack, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2017, ...

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