Leitsatz

1. Eine vom Arbeitgeber nicht ausgezahlte Energiepreispauschale ist vom Arbeitnehmer nicht gegenüber dem Arbeitgeber, sondern im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für 2022 durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend zu machen.

2. Kommt das Finanzamt der Festsetzung der Energiepreispauschale nicht nach, kann diese nach Durchführung eines Vorverfahrens vor dem Finanzgericht erstritten werden.

 

Normenkette

§ 115, § 117, § 120 EStG, § 38, § 39, § 44, § 155 FGO, § 12, § 17, § 21, § 35, § 37 Abs. 2 ZPO, § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG

 

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine beim Amtsgericht in A mit der Geschäftsanschrift X Straße 21 in A eingetragene GmbH. Der in B wohnhafte Kläger war auf Grundlage eines am 26.9.2022 mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrags ab dem 28.9.2022 bei Kunden der Beklagten im Rahmen einer von der Agentur für Arbeit in A erlaubten Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt. Als Arbeitgeber ist im vorgenannten Arbeitsvertrag die Beklagte mit dem Zusatz "Niederlassung … [in] C" bezeichnet. Diese Niederlassung ist unter der Anschrift Y Straße 30 in C ansässig. Die Beklagte zahlte dem Kläger keine Energiepreispauschale aus. Ferner waren Lohnansprüche für September 2022 und Oktober 2022 streitig. Deshalb erhob der Kläger gegen die Beklagte Klage vor dem Arbeitsgericht (ArbG) in C. Mit Beschluss vom 5.7.2023 hat das ArbG den Rechtsstreit auf Zahlung der Energiepreispauschale abgetrennt und an das FG verwiesen. Die Beteiligten haben diesen Beschluss nicht angefochten.

Das FG (Hessisches FG, Urteil vom 3.11.2023, 4 K 867/23, Haufe-Index XXXXXXX) hat mit Beschluss vom 3.11.2023 den BFH zwecks Entscheidung darüber angerufen, welches FG im vorliegenden Rechtsstreit örtlich zuständig ist. Der beschließende Senat hat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, zur Bestimmung des örtlich zuständigen FG Stellung zu nehmen.

 

Entscheidung

Der BFH hat als örtlich zuständiges Gericht das (ersuchende) FG bestimmt, da sich die Niederlassung der Beklagten in C und damit in dessen Bezirk befindet.

 

Hinweis

1. Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 FGO wird das zuständige FG durch den BFH bestimmt, wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 38 FGO nicht gegeben ist. § 38 FGO geht für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit davon aus, dass es sich bei dem Beklagten um eine (Finanz-)Behörde handelt; eine juristische Person des privaten Rechts als Beklagten kennt die Vorschrift nicht. Deshalb lässt sich die örtliche Zuständigkeit nicht nach § 38 FGO bestimmen, wenn der Beklagte die Rechtsform einer GmbH hat. Insoweit entsteht jedenfalls im Anschluss an eine hinsichtlich des Rechtswegs bindende Verweisung eine Lücke, die die Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 FGO eröffnet.

2. Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist in solchen Fällen regelmäßig maßgebend, in welchem Finanzgerichtsbezirk der Beklagte seinen Sitz hat. Dies folgt aus der allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundregel, wonach hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit auf den Sitz des Beklagten abzustellen ist.

3. Danach wäre die örtliche Zuständigkeit des FG grundsätzlich nach dem Sitz der Beklagten in A zu bestimmen. Im Streitfall besteht jedoch die Besonderheit, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis ausweislich des vorgelegten Arbeitsvertrags direkt mit der Niederlassung der Beklagten in C geschlossen hat und nach den für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG von dieser Niederlassung das Arbeitsverhältnis – wenn auch nur mittelbar – gelenkt worden ist. Für arbeits- und zivilrechtliche Streitigkeiten ist damit nach § 21 Abs. 1 ZPO der besondere Gerichtsstand der Niederlassung neben dem allgemeinen Gerichtsstand juristischer Personen nach § 17 Abs. 1 ZPO begründet.

4. Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl (§ 35 ZPO), deren Ausübung regelmäßig durch die Klageerhebung erfolgt. Im Streitfall hat der Kläger sein Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass er seine Klage an das nach dem besonderen Gerichtsstand der Niederlassung (§ 21 ZPO) zuständige ArbG in C und nicht an das nach § 17 ZPO zuständige ArbG in A gerichtet hat. Der beschließende Senat hält es angesichts dessen für sachgerecht, für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des FG dieser Entscheidung des Klägers zu folgen und von einer Bestimmung eines anderen – auch des allgemeinen – Gerichtsstands abzusehen. Damit ist vorliegend das FG örtlich zuständig, da sich die Niederlassung der Beklagten in C und damit in dessen Bezirk befindet.

5. Demgegenüber sprechen im Streitfall keine belastbaren Gesichtspunkte dafür, in entsprechender Anwendung des § 38 Abs. 2 FGO der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit (ausnahmsweise) den Wohnsitz des Klägers zugrunde zu legen. Zwar ist die Energiepreispauschale soweit sie – wie vorliegend – vom Arbeitgeber nicht nach § 117 EStG ausgezahlt wurde, mit der Einkommensteuerveranlagung für den VZ 2022 festzusetzen (§ 115 Abs. 1 EStG). Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf die Energiepreispauschale die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abg...

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