Rz. 59

Die Nachholung einer zunächst unterlassenen Rücklage ist gem. § 4 Abs. 2 S. 2 EStG grundsätzlich nur im Falle einer Möglichkeit zur Durchführung einer Bilanzänderung unter Berücksichtigung der umgekehrten Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG zulässig[1]. Voraussetzung ist somit ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit einer Bilanzänderung zu Ungunsten des Stpfl.; außerdem können maximal die Steuernachzahlungen kompensiert werden. Darüber hinaus sind Rücklagen im Rahmen einer Bilanzänderung nicht zulässig. Ungeachtet dessen müssen die von der Rspr. kreierten Voraussetzungen im Hinblick auf die "voraussichtliche" Anschaffung oder Herstellung vorliegen, insbesondere eine rechtzeitige Konkretisierung und ggf. der geforderte Finanzierungszusammenhang (s. Rz. 49ff.).

In der Sonderbilanz eines Mitunternehmers gelten die Einschränkungen des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG grundsätzlich ebenfalls (a. A. Vorauflage und Keller, in Korn/Strahl, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 55); zudem kommt eine Änderung insoweit nur in Betracht, soweit die Veranlagung verfahrensrechtlich noch änderbar ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der Mitunternehmerschaft aufgestellte (Gesamthands- und Sonder-) Bilanz im Einverständnis mit dem Mitunternehmer aufgestellt wurde. Eine derartige Sonderbilanz unterliegt den Regeln des § 4 Abs. 2 EStG (Bilanzberichtigung und Bilanzänderung). Hat der Mitunternehmer die Vermutung seines Mitwirkens erschüttert oder greift die Vermutung nicht ein, ist die von der Mitunternehmerschaft aufgestellte Sonderbilanz keine Bilanz, die das Änderungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG auslöst[2].

Die Dokumentation muss nach zeitnah, also im zeitlichen Zusammenhang mit der Rücklagenbildung, vorgenommen werden (BMF v. 25.2.2004, IV A 6 – S 2183b – 1/04, BStBl I 2004, 337, Rz. 16.. Die Gerichte verlangen überwiegend eine Dokumentation spätestens bis zum Ablauf des Ansparzeitraums (vgl. Rz. 47ff.; Schleswig-Holsteinisches FG v. 7.7.2003, 5 K 116/00, FG-Report 2003, 1; FG Berlin v. 26.3.2001, 7 B 7065/01, EFG 2001, 736), grundsätzlich aber bereits mit Aufstellung des Jahresabschlusses oder (jedenfalls) bei Abgabe der Steuererklärung. Ausreichend ist eine objektiv nachvollziehbare Konkretisierung innerhalb des Investitionszeitraums (s. Rz. 49ff.), so dass im Rahmen von Betriebsprüfungen Rücklagen "nachgeholt" werden können, die – trotz vorhandener Investitionsabsicht im Jahr der Rücklagenbildung – nicht eingestellt wurde. Das Erfordernis des Buchnachweises ist also von dem der "Voraussichtlichkeit" der Anschaffung oder Herstellung zu trennen; überdies ist auch bei § 6b EStG eine nachträgliche Rücklagenbildung zulässig; es wäre aber nicht nachvollziehbar, warum bei § 6b EStG eine nachträgliche Rücklagenbildung möglich sein sollte, im Rahmen von § 7g EStG a. F. aber – jedenfalls innerhalb des zweijährigen Investitionszeitraums – nicht (vgl. Rz. 49ff.).

 

Rz. 59a

Zeitnah bedeutet innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechende Zeit[3]. Dies erfordert bei Überschussrechnern[4] nicht zwingend, dass die Rücklage innerhalb des Investitionszeitraums im Rahmen einer Gewinnermittlung beim Finanzamt geltend gemacht wird. Ausreichend muss – entsprechend den Anforderungen in § 7g Abs. 3 Nr. 3 EStG a. F. – auch sein, wenn alle für eine Rücklagenbildung erforderlichen Angaben beim Finanzamt durch Schreiben mitgeteilt werden und die Rücklage zeitgleich in der Gewinnermittlung berücksichtigt wird. Eine Nachholung einer zunächst unterlassenen Rücklage scheidet vor diesem Hintergrund (Fristablauf) i. d. R. allerdings aus.

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