Rz. 47

§ 7g Abs. 1 S. 1 EStG setzte bis 2015 eine in die Zukunft gerichtete Prognoseentscheidung über die Nutzung voraus, die der Stpfl. im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Begünstigung treffen muss. Eine später hiervon abweichende tatsächliche Nutzung führte zum rückwirkenden Fortfall der Begünstigung nach § 7g Abs. 3 EStG, wenn in kein entsprechend der Planung beabsichtigtes Wirtschaftsgut investiert wurde, bzw. nach § 7g Abs. 4 EStG, wenn nach Investition die Verbleibens- oder Nutzungsfrist nicht eingehalten wurde. Ein Investitionsabzugsbetrag schied für von Anfang an erkennbar nur kurzfristig im Betriebsvermögen verbleibende Wirtschaftsgüter aus; so z. B. bei Legehennen, die nach 22 Wochen als Schlachtvieh i. H. v. ca. 20 % des Einkaufswerts veräußert werden sollen (Rz. 50).[1]

Seit 2016 ist keine Prognoseentscheidung mehr notwendig, da die Bildung des Investitionsabzugsbetrags nicht mehr an bestimmte, eindeutig zu benennende Wirtschaftsgüter gebunden ist.

[1] Niedersächsisches FG v. 15.8.2012, 2 K 80/12, EFG 2012, 2191: Wegen Überschreitung der 10 %-Grenze lag auch kein wirtschaftlicher Verbrauch vor.

2.6.1 Betriebliche Nutzung

 

Rz. 48

Bis 2015 beinhaltete die Prognoseentscheidung auch den Umfang der betrieblichen Nutzung. Es musste von Anfang an ersichtlich sein, dass die Wirtschaftsgüter, für die der Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, ausschließlich oder fast ausschließlich (d. h. zu mindestens 90 %)[1] betrieblich genutzt werden sollten. Da aktuell bei Bildung des Investitionsabzugsbetrags keine Festlegung auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut erfolgen muss, ist das Merkmal der betrieblichen Nutzung zu diesem Zeitpunkt ohne Relevanz.

2.6.2 Verbleib in einer Betriebsstätte des inländischen Betriebs

2.6.2.1 Grundsätze bis 31.12.2019

 

Rz. 49

Das Wirtschaftsgut muss bis zum Ende des der Anschaffung bzw. Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte "des Betriebs" verbleiben. Sonder-Betriebsvermögen gehört mit zum Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft, sodass eine Nutzung insoweit ausreicht. Der Wortlaut spricht von der Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte "des" Betriebs, nicht "eines" Betriebs des Stpfl. Hieraus ist abzuleiten, dass eine Nutzung in demselben Betrieb erfolgen muss; die Verwendung in einem anderen Betrieb desselben Stpfl. wäre für § 7g EStG schädlich.[1]

Schädlich war bis 2019 auch die längerfristige Vermietung oder Überlassung an einen anderen Betrieb oder eine Nutzung als Umlaufvermögen, sei es desselben oder eines anderen Stpfl. Das Merkmal "Verbleiben" ist "funktional" auszulegen, wenn der Stpfl. bei einem Einsatz des Wirtschaftsguts außerhalb des Betriebs die tatsächliche Gewalt über das Wirtschaftsgut regelmäßig innerhalb kurzer Frist wiedererlangt und das Wirtschaftsgut damit im "Einflussnahmebereich" des Stpfl. verbleibt. So wertete das BMF eine über 3 Monate hinausgehende Überlassung an einen Dritten als schädlich.[2] Durch die Verbleibensvoraussetzung sollte vermieden werden, dass Betriebe, deren Geschäftszweck in der Vermietung von Wirtschaftsgütern besteht, die Begünstigungen in Anspruch nehmen konnten.[3] Gedacht war an Fälle der Dauervermietung, z. B. an Leasingfälle, nicht aber an die laufende Vermietung von Wirtschaftsgütern an einen wechselnden Personenkreis.

Der BFH sah es jedoch als unschädlich an, dass ein Wirtschaftsgut in dem Betrieb eines anderen ausschließlich als Werkzeug zur Herstellung von – durch den Investor in Auftrag gegebenen Teilen – eingesetzt und in der restlichen Zeit dort für den Investor lediglich verwahrt wird.[4]

[1] BFH v. 23.5.1986, III R 66/85, BStBl II 1986, 91 zur InvZul; Schmidt, BBK 2007, 5091; Kulosa, in Schmidt, EStG, 2017, § 7g EStG Rz. 8ff.
[3] BR-Drs. 303/83, BT-Drs. 10/336.

2.6.2.2 Grundsätze ab 1.1.2020

 

Rz. 49a

Voraussetzung für die Begünstigung nach § 7g Abs. 1 EStG ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist die Bildung des Investitionsabzugsbetrags rückgängig zu machen. Investitionsabzugsbeträge, die ab 2016 neu gebildet wurden, können in einem solchen Fall jedoch für ein anderes Wirtschaftsgut in Anspruch genommen werden.[1] Zu europarechtlichen Bedenken hinsichtlich der Beschränkung auf inländische Betriebsstätten s. Rz. 6a. Rspr. und Finanzverwaltung verstehen unter einer fast ausschließlich betrieblichen Nutzung einen Nutzungsgrad von mindestens 90 %.[2] Dabei ist die außerbetriebliche Nutzung eines Wirtschaftsguts zeitraum- und nicht wirtschaftsjahrbezogen zu prüfen. Eine schädliche Verwendung liegt somit nicht vor, wenn das Wirtschaftsgut im gesamten maßgeblichen Zeitraum zu mindesten 90 % betrieblich genutzt wird, auch wenn die außerbetriebliche Nutz...

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