Rz. 374

Entnahmen sind nach § 4 Abs. 1 S. 2 EStG alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Stpfl. dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahrs entnommen hat (s. § 4 EStG Rz. 166ff.). Der Entnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG umfasst auch Nutzungen und Leistungen, wenn der Stpfl. abnutzbare Wirtschaftsgüter seines Anlagevermögens für außerbetriebliche, insbesondere private Zwecke nutzt. Entnahmen für betriebsfremde Zwecke kommen nur bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Betracht. Bei Kapitalgesellschaften geht die Regelung über vGA nach § 8 Abs. 3 KStG dem Entnahmetatbestand vor.[1]

 

Rz. 375

Zweck der Entnahmeregelung ist es, eine nicht betrieblich veranlasste Minderung des Betriebsvermögens, zu der es entweder durch eine Sach- oder eine Aufwandsentnahme gekommen ist, bei der Gewinnermittlung durch Hinzurechnung des Entnahmewerts wieder rückgängig zu machen.[2] Bei der Entnahme von Wirtschaftsgütern gilt es, die stillen Reserven zu erfassen, die mit dem Fortfall der Steuerverstrickung infolge des Übergangs in das Privatvermögen anderenfalls für die Besteuerung verloren gingen. Überführt ein Stpfl. jedoch ein Wirtschaftsgut aus seinem Betriebsvermögen in einen anderen ihm ebenfalls gehörenden Betrieb, ist nach § 6 Abs. 5 S. 1, 2 EStG der Buchwert fortzuführen, sodass es zu keiner Gewinnverwirklichung kommt,, es sei denn, die Besteuerung der stillen Reserven ist nicht sichergestellt, wie z. B. bei der Verbringung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte, die in einem DBA-Land belegen ist.[3]

 

Rz. 375a

Es gab vor 2006 keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass es immer dann zu einer Gewinnrealisierung durch Steuerentstrickung kommt, wenn ein Wirtschaftsgut nicht mehr in die Gewinnermittlung einzubeziehen und damit eine Erfassung der stillen Reserven nicht mehr sichergestellt ist.[4] Beispielsweise fehlte es an einer gewinnrealisierenden Entnahme, wenn Wirtschaftsgüter einer ausländischen Betriebsstätte infolge Neuabschlusses eines DBA aus der inländischen Gewinnermittlung ausschieden.[5] Das Wirtschaftsgut musste in das Privatvermögen überführt werden.

 

Rz. 375b

Mit § 4 Abs. 1 S. 3–5 EStG i. d. F. des SEStEG v. 7.12.2006[6] hat der Gesetzgeber erstmals einheitliche allgemeine Entstrickungs- und Verstrickungstatbestände für das EStG, KStG, UmwStG und AStG eingeführt.[7] Nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG wird bei dem Ausschluss oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts eine Entnahme zum gemeinen Wert fingiert. Die Vorschrift wird von der Stundungsregelung des § 4g EStG flankiert.[8] Der Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts kommt beispielsweise in Betracht beim Ende der persönlichen Steuerpflicht durch Wegzug ins Ausland mit Wegfall des deutschen Besteuerungsrechts oder einer Verlagerung von Betriebsvermögen, Betrieben oder Betriebsteilen vom inländischen Stammhaus in eine ausländische Betriebsstätte oder von einer inländischen Betriebsstätte in das ausländische Stammhaus.

Durch das ATAD-Umsetzungsgesetz[9] liegt nach § 4 Abs. 1 S. 3 zweiter Halbs. EStG auf Antrag auch dann eine fiktive Entnahme vor, wenn eine Beschränkung des deutschen Besteuerrechts wegfällt, es mithin zu einer "Verstärkung" des deutschen Besteuerungsrechts kommt, und wenn zugleich in einem anderen Staat eine Besteuerung aufgrund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses anderen Staates erfolgt. Dies ist insb. der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut von einer ausl. Anrechnungsbetriebsstätte in eine inländische Betriebstätte überführt wird. Der fiktiven Entnahme aus der Anrechnungsbetriebsstätte folgt dann eine logische Sekunde später nach § 4 Abs. 1 S. 9 EStG, ebenfalls eingefügt durch das ATAD-Umsetzungsgesetz, die fiktive Einlage in die inländische Betriebsstätte.

 

Rz. 376

Eine Entnahmehandlung erfordert grundsätzlich den Willensentschluss, die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen zu lösen; außerdem muss dieser Entnahmewille durch eine eindeutige und unmissverständliche Entnahmehandlung bekundet werden.[10] Die Entnahmehandlung muss auf einer Willensentscheidung beruhen, die dann wirksam wird, wenn sie äußerlich erkennbar und damit in objektiv nachprüfbarer Weise dokumentiert ist.[11] Die Entnahmehandlung kann jedoch auch in einem schlüssigen Verhalten liegen, z. B. in einer Sachentnahme durch Bebauung eines Betriebsgrundstücks mit dem privaten Wohnhaus des Stpfl. (s. Rz. 402f.) oder in einer Nutzungsentnahme durch Privatfahrten oder durch Ausbuchung eines Wirtschaftsguts in der betrieblichen Buchführung.[12] Die Behandlung in der Buchführung ist bei buchführenden Betrieben ein – widerlegbares – Indiz für die subjektive Willensrichtung des Stpfl. Bei nicht buchführenden Stpfl. kann die äußere Dokumentation des Entnahmewillens z. B. in der Erklärung...

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