Rz. 166

Immaterielle Wirtschaftsgüter sind alle Wirtschaftsgüter, die sich nicht in einer Sache (als stofflichem Substrat) manifestiert haben. Es handelt sich um Rechte (mit der Ausnahme der grundstücksgleichen Rechte, die als Sachen behandelt werden) und nicht rechtlich gesicherte vermögenswerte Positionen. Geldforderungen sind an sich immaterielle Wirtschaftsgüter i. d. S., werden jedoch regelmäßig nicht unter diesen Begriff gefasst. Andere schuldrechtliche Rechte (z. B. Vertragspositionen) fallen aber unter den Begriff des immateriellen Wirtschaftsguts.

Der Begriff des immateriellen Wirtschaftsguts wird weit gefasst. Er enthält nicht nur Rechte und rechtlich geschützte Positionen, sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb. Voraussetzung ist jedoch, dass die allgemeinen Voraussetzungen für ein Wirtschaftsgut vorliegen, insbesondere die Voraussetzung der selbstständigen Bewertbarkeit (Rz. 30). Ein immaterielles Wirtschaftsgut liegt daher vor, wenn der Stpfl. hierauf Aufwendungen tätigt, die klar und eindeutig von anderen Aufwendungen abgrenzbar sind, diese einen wirtschaftlichen Nutzen bringen, der sich über mehrere Wirtschaftsjahre erstreckt, mithin greifbar ist, und selbstständige Bewertbarkeit vorliegt.

Die Aufwendungen für das immaterielle Gut dürfen, gemessen an den sonstigen Aufwendungen des Betriebs, nicht unbedeutend sein.[1]

Für den Begriff des immateriellen Wirtschaftsguts ist es ohne Bedeutung, ob es (unter Aufwendungen) selbst geschaffen oder erworben ist; dies hat nur Bedeutung für die Frage der Bilanzierbarkeit (Rz. 171).

 

Rz. 167

Die Abgrenzbarkeit von anderen Aufwendungen ergibt sich i. d. R. aus dem Zweck, dem diese Aufwendungen dienen.[2] Macht der Stpfl. Aufwendungen, die sich aus mehreren Einzelaufwendungen zusammensetzen, müssen sich diese durch die einheitliche Zweckbestimmung erkennbar aus den laufenden Aufwendungen hervorheben.[3]

Wird andererseits für eine Mehrzahl von Leistungen ein einheitliches Entgelt gezahlt, kann ein Teil dieser Aufwendungen nur dann einem bestimmten Gut als immaterielles Wirtschaftsgut zugeordnet werden, wenn sich dieser Entgeltsteil nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen oder sonst nach den Umständen eindeutig bestimmen und dem Gut zuordnen lässt. Eine Aufteilung im Schätzweg ohne konkrete Anhaltspunkte ist nicht zulässig.[4]

 

Rz. 168

Zur selbstständigen Bewertbarkeit des immateriellen Wirtschaftsguts gehört ferner, dass es wirtschaftlich greifbar ist. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn ein (gedachter) Erwerber des ganzen Betriebs das selbstständige Gut bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen würde.[5] Die besonderen Aufwendungen (z. 166) müssen sich zu einem derart konkreten wirtschaftlichen Vorteil verdichtet haben, dass nach kaufmännischer Übung hierfür eine Gegenleistung gefordert und gezahlt wird. Zwar hat der BFH in der älteren Rspr. die Definition des Wirtschaftsguts regelmäßig an einen nachhaltigen Nutzen angeknüpft[6], jedoch wurde in der jüngeren Rspr. des BFH konkretisiert, dass dieser nachhaltige Nutzen nicht zwingend erforderlich sei (Rz. 26).[7] Die Aufwendungen müssen sich zwar, jedoch nicht langfristig, auf den Ertrag des Betriebs auswirken. Diese Auswirkungen müssen konkret erkennbar sein und auf die besonderen Aufwendungen zurückgeführt werden können. Die allgemeine Erwartung zukünftiger Gewinne reicht hierzu nicht aus.[8]

Da die Annahme eines immateriellen Wirtschaftsguts mit seiner selbstständigen Bewertbarkeit zusammenhängt, sind Bestand des Wirtschaftsguts und seine Bewertung voneinander nicht zu trennende Fragen (vgl. daher auch § 6 EStG Rz. 303).

 

Rz. 169

Nicht selbstständig bewertbar sind dagegen Umstände, die lediglich den Geschäftswert des Betriebs oder den Wert eines anderen Wirtschaftsguts erhöhen. Zu unterscheiden ist daher zwischen den eigenständigen immateriellen Wirtschaftsgütern und den nur geschäftswertbildenden Faktoren, wie eingespielte Belegschaft, vorteilhafte Lage, Lieferbeziehungen, Vertriebsorganisation und Marktgeltung.

 

Rz. 170

Dagegen ist selbstständige Verkehrsfähigkeit nicht Voraussetzung für die Annahme eines immateriellen Wirtschaftsguts. Verkehrsfähigkeit bedeutet, dass das Gut Gegenstand eines Veräußerungsgeschäfts sein kann, dass es also als einzelnes Gut übertragbar, sein Wert als Einzelwert realisierbar ist. Es genügt, dass das Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit der Übertragung des gesamten Betriebs übertragen werden kann, wie z. B. der Firmenwert. Damit korrespondiert es, dass die Frage der selbstständigen Bewertbarkeit nicht an eine Bewertung bei Einzelübertragung anknüpft, sondern daran, ob ein potenzieller Erwerber des gesamten Unternehmens in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein ins Gewicht fallendes Entgelt ansetzen würde (Rz. 30).

 

Rz. 171

Selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter dürfen nicht aktiviert werden (§ 5 Abs. 2 EStG). Eine Aufnahme des immateriellen Wirtschaftsguts in den...

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