Rz. 104

Der Handelsvertreter hat seinen Provisionsanspruch für das vermittelte Geschäft zu aktivieren und damit den Gewinn der Vermittlungstätigkeit auszuweisen, wenn sich seine Chance, dass die Vermittlungstätigkeit zu einer Provision führt, so konkretisiert hat, dass eine sichere Rechtsposition, ein Wirtschaftsgut, vorliegt. Der Provisionsanspruch hängt regelmäßig mit dem vermittelten Geschäft eng zusammen. Die Rspr. hat daher eine Gewinnrealisierung beim Handelsvertreter erst angenommen, wenn auch das von dem Geschäftsherrn mit dem von dem Handelsvertreter vermittelten Kunden abgeschlossene Geschäft bilanziert wird.[1] Der maßgebende Zeitpunkt ist demnach nicht der des Abschlusses des Geschäfts zwischen dem Geschäftsherrn und dem vom Handelsvertreter vermittelten Kunden[2], sondern der Zeitpunkt der Ausführung dieses Geschäfts durch den Geschäftsherrn. Erst mit der Ausführung dieses Geschäfts erkennt der Geschäftsherr an, dass der Handelsvertreter seine Verpflichtungen aus dem Handelsvertretervertrag ordnungsgemäß erfüllt hat, erst hierin liegt die "Abnahme" der Leistung durch ihn.[3] Werden vor diesem Zeitpunkt Provisionszahlungen geleistet, handelt es sich um Anzahlungen, die der Geschäftsherr aktivieren muss.[4]

 

Rz. 104a

Zwar hängt der Provisionsanspruch des Handelsvertreters u. U. auch noch davon ab, ob der Kunde tatsächlich zahlt; trotzdem hat die Rspr. den Provisionsanspruch mit Ausführung des Geschäfts durch den Geschäftsherrn als genügend konkretisiert angesehen. Das Risiko, dass der Provisionsanspruch infolge Nichtzahlung des Kunden entfällt, ist als wertbeeinflussender Faktor der bestehenden Provisionsforderung durch eine Wertberichtigung oder eine Rückstellung zu berücksichtigen.[5] Bestehende Nebenpflichten des Vertreters, wie Kundendienst- und Nachbetreuungsverpflichtungen, hindern den Gewinnausweis nicht. Vielmehr ist hierfür eine Rückstellung zu bilden (Rz. 458 "Kundendienstverpflichtungen").

 

Rz. 104b

Vertraglich kann vereinbart werden, das Entstehen des Provisionsanspruchs auf den Zeitpunkt der Vermittlung des Geschäfts vorzuverlegen oder bis zur Zahlung des Kunden (oder einen anderen Zeitpunkt) hinauszuschieben. Die Bilanzierung hat dann zu diesem vertraglichen Entstehungszeitpunkt der Provision zu erfolgen.[6]

 

Rz. 105

Andererseits ist die Provisionsforderung nicht bereits mit der Ausführung des Geschäfts durch den Geschäftsherrn, sondern erst später mit gewinnrealisierender Wirkung zu aktivieren, wenn der Handelsvertreter mit der Vermittlung seine Verpflichtungen noch nicht erfüllt hat, vielmehr weiterhin noch wesentliche Vertragspflichten zu erfüllen sind, von denen seine Vergütung abhängt.[7] Es muss sich aber um Hauptpflichten des Handelsvertreters handeln; noch offen stehende Nebenleistungen genügen nicht (Rz. 92, 104a). Eine vorherige (Teil-) Gewinnrealisierung ist nur möglich, wenn es sich bei den einzelnen Hauptpflichten um abgrenzbare und gesondert abzurechnende Teilleistungen handelt (Rz. 82). Sonst tritt Gewinnrealisierung erst mit Abnahme der gesamten Leistung des Handelsvertreters ein.

 

Rz. 106

Seinen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB hat der Handelsvertreter zum gleichen Zeitpunkt gewinnrealisierend zu aktivieren, zu dem der Geschäftsherr eine Rückstellung zu passivieren hat.[8]

 

Rz. 107

Entsprechende Grundsätze gelten für Versicherungsvertreter; auch sie haben den Provisionsanspruch mit gewinnrealisierender Wirkung zu aktivieren, wenn der Geschäftsherr seinerseits das vermittelte Geschäft ausgeführt hat. Zu diesem Zeitpunkt ist der Provisionsanspruch ausreichend konkretisiert, unwägbare Risiken sind weggefallen. Beim Versicherungsvertrag ist dieser Zeitpunkt derjenige, zu dem der Versicherer seine Leistung erbringt, d. h. seine Bereitschaft, Versicherungsschutz zu gewähren. Maßgebender Zeitpunkt ist also der "materielle Versicherungsbeginn", d. h. der Zeitpunkt, zu dem die Erstprämie gezahlt wird und der Versicherungsschutz daher in Kraft tritt.[9] Entsteht der Provisionsanspruch nach dem zugrunde liegenden Vertrag bereits mit der Vermittlungsleistung, ist der Provisionsanspruch zu diesem Zeitpunkt zu aktivieren.[10]

 

Rz. 107a

Unter welchen weiteren Voraussetzungen der Provisionsanspruch dann steht, ist ohne Bedeutung, da es sich nur noch um Zahlungs- und ähnliche Modalitäten handelt. Dies gilt auch für das Risiko, dass der Provisionsanspruch später durch Stornierung des Vertrags entfällt. Diesen Risiken ist durch eine Wertberichtigung oder eine Rückstellung Rechnung zu tragen. So ist es ohne Bedeutung, ob die Provision als Einmalbetrag oder als laufende Provision nach Maßgabe der Prämienzahlungen des Versicherten gezahlt wird.[11] Bestehende Nebenpflichten des Versicherungsvertreters, wie Nachbetreuungsverpflichtungen, die häufig vereinbart sind, hindern den Gewinnausweis nicht. Vielmehr ist hierfür eine Rückstellung zu bilden (Rz. 458 "Kundendienstverpflichtungen").

 

Rz. 107b

Ist ein Provisionsanspruch noch nicht endgültig entstanden, sondern von späteren Ereignissen abhängig, kann...

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