Rz. 61

Mit Ausnahme der Sonderregelungen in § 44 Abs. 2 und 3 EStG (Rz. 66ff. und 78ff.) gelten für den Steuerabzug vom Kapitalertrag (Rz. 14, 24 und 31) die allgemeinen Zuflussregeln des § 11 Abs. 1 EStG, d. h. die steuerabzugspflichtigen Erträge aus dem Kapitalvermögen fließen dem Gläubiger der Kapitalerträge in dem Zeitpunkt zu, in dem er wirtschaftlich darüber verfügen kann, wie z. B. bei Zahlung, Verrechnung oder Gutschrift[1] bzw. bei Entgegennahme eines Schecks, dessen sofortiger Vorlage und Auszahlung bzw. Gutschrift durch die bezogene Bank nichts im Weg steht[2] (Rz. 89 zum Zuflusszeitpunkt in Fällen der Schuldumwandlung, Novation).

 

Rz. 61a

Zinsen fließen als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen dem Stpfl. nach § 11 Abs. 1 S. 2 EStG in dem Jahr zu, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit bestimmt sich nach dem Jahr, in dem sie zahlbar, d. h. fällig sind, unabhängig davon, für welchen Zeitraum die Zinsen gezahlt werden oder wann die Gutschrift tatsächlich vorgenommen wird. Auch bei auf- und abgezinsten Kapitalforderungen ist für den Zufluss nicht der Zeitraum maßgebend, für den die Zinsen gezahlt werden, sondern der Zeitpunkt der Fälligkeit.[3]

 

Rz. 61b

Bei Bundesschatzbriefen Typ B, bei denen der Zinslauf am 1. Januar beginnt, ist die KapESt ebenfalls bei Fälligkeit, d. h. am 1. Januar, abzuziehen.[4]

 

Rz. 61c

Wegen weiterer Einzelheiten zum Zeitpunkt des Zufließens von Einnahmen aus Kapitalvermögen vgl. § 11 Rz. 14ff. zum Begriff des Zuflusses, § 11 Rz. 70 Stichwort "Gewinnanteile" zum Zufluss von Gewinnanteilen, § 11 EStG Rz. 70 Stichwort "Zinsen" zum Zufluss von Zinsen. Die allgemeinen Zuflussregeln des § 11 EStG gelten auch für den Steuerabzug vom Kapitalertrag, soweit es sich bei der Vollauskehrung im Rahmen der Liquidation einer GmbH bei den Liquidationserlösen um Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt.[5]

 

Rz. 62

Ist die Auszahlung der Kapitalerträge davon abhängig, dass der Gläubiger der Kapitalerträge einen Zinsschein vorlegt, gilt als allgemeiner Zuflusszeitpunkt für den Steuerabzug vom Kapitalertrag der Fälligkeitstag – und das unabhängig davon, ob und wann der Gläubiger der Kapitalerträge den Zinsschein zur Einlösung vorlegt oder vorlegen lässt. Folglich finden auch die für den Steuerabzug zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regeln hinsichtlich der Erhebung von KapESt, SolZ und ggf. KiSt Anwendung.

 

Rz. 63

Bei Abzinsungs- oder Aufzinsungspapieren bzw. -forderungen (zum Begriff vgl. § 20 EStG a. F. Rz. 236) ist Zuflusszeitpunkt für den gesamten Kapitalertrag der Zeitpunkt ihrer Endfälligkeit, bei Bundesschatzbriefen Typ B ggf. stattdessen der Zeitpunkt ihrer vorzeitigen Rückgabe an die Bundeswertpapierverwaltung.[6]

 

Rz. 64

Der Zeitpunkt der Fälligkeit gilt auch dann als Zuflusszeitpunkt für den Steuerabzug vom Kapitalertrag, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge die Wertpapiere in Depotverwahrung gegeben hat und die Zinsen schon vor dem Fälligkeitstag durch das Kreditinstitut, bei dem er das Wertpapierdepot unterhält, seinem Konto gutgeschrieben werden.

Die vorzeitige Gutschrift ist darauf zurückzuführen, dass die Zinsscheine nach einer Usance im Kreditgewerbe üblicherweise am 15. Tag vor ihrer Fälligkeit von den Zinsscheinbögen der Teilschuldverschreibungen getrennt werden.

 

Rz. 65

Bei der Veräußerung von Wertpapieren ist Zuflusszeitpunkt des Kapitalertrags (und somit der maßgebende Zeitpunkt für den Abzug der KapESt wie auch für die Berücksichtigung noch vorhandenen Freistellungsvolumens und für die Berücksichtigung von Verlusten) der Zeitpunkt des zivilrechtlichen Vertragsschlusses (Abschlusstag).[7]

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