Rz. 81

Das Betriebsstätten-FA hat die nachzufordernde LSt gegen den Arbeitgeber nach § 42d Abs. 4 EStG grundsätzlich durch schriftlichen Haftungsbescheid i. S. v. § 191 Abs. 1 AO geltend zu machen, wenn der Arbeitgeber nicht die LSt angemeldet oder seine Zahlungsverpflichtung nicht nach § 42d Abs. 4 Nr. 2 EStG schriftlich anerkannt hat.[1] Das Betriebsstätten-FA kann sich anstelle eines Haftungsbescheids nach § 167 AO eines Steuerbescheids zur Schätzung der LSt bedienen, wenn ein Arbeitgeber LSt nicht einbehält und nicht abführt und auch keine LSt-Anmeldung abgibt.[2] Einen allgemeinen Grundsatz, dass zunächst der Arbeitnehmer als Steuerschuldner der LSt in Anspruch zu nehmen ist, gibt es nicht. Unerheblich ist auch, dass die LSt nicht festgesetzt ist; sie muss nur entstanden sein.[3]

 

Rz. 81a

Ein Arbeitgeber muss sich nach einer LSt-Außenprüfung bei der Nacherhebung von LSt, die nach § 40 EStG pauschaliert werden kann, entscheiden, ob er einen Antrag auf Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 EStG stellt oder ob er sich als Haftender durch Haftungsbescheid nach § 42d EStG in Anspruch nehmen lassen will. Wählt der Arbeitgeber die Pauschalierung, so hat er die pauschale LSt zu übernehmen (§ 40 Abs. 3 S. 1 EStG). Bei Ergehen eines Haftungsbescheids kann er den oder die Arbeitnehmer regresspflichtig machen. Ein einmal ergangener Pauschalierungsbescheid lässt sich nicht in einen Haftungsbescheid umdeuten. Das Haftungs- und das Pauschalierungsverfahren schließen einander aus.[4]

 

Rz. 82

Der Haftungsbescheid ist sachverhaltsbezogen i. d. S., dass er die voraufgegangene fehlerhafte LSt-Anmeldung des Arbeitgebers nur punktuell ändert, entweder hinsichtlich einzelner nicht erfasster Arbeitnehmer oder hinsichtlich einzelner Zuwendungen oder hinsichtlich einer unzutreffenden LSt-Berechnung. Mehrere Haftungsfälle können in mehreren einzelnen Haftungsbescheiden oder in einem Sammelhaftungsbescheid erfasst werden. Ein nach einer LSt-Außenprüfung ergehender Haftungsbescheid ist regelmäßig ein Sammelhaftungsbescheid.[5] Im Fall der Anfechtung eines Sammelhaftungsbescheids beschränkt sich der Streit auf die Rechtmäßigkeit der LSt für den Sachverhaltskomplex, den der Kläger mit Klageantrag und Klagebegründung bezeichnet hat. Das FA kann sich nicht mit einer Saldierung aus anderen Sachverhaltskomplexen wehren.[6] Mit der Klage nicht angegriffene Sachverhaltskomplexe erwachsen in Bestandskraft. Die Bestandskraft eines Haftungsbescheids hindert das FA nicht, wegen anderer, vom Haftungsbescheid nicht erfasster Sachverhaltskomplexe einen weiteren Haftungsbescheid zu erlassen. Auch diese Berechtigung des FA hat ihren Grund in der Sachverhaltsbezogenheit des Haftungsbescheids.[7]

 

Rz. 83

Will ein Arbeitgeber sich nach einer LSt-Außenprüfung gegen weitere LSt-Nachforderungen schützen, so muss er auf seinem Recht nach § 164 Abs. 3 S. 4 AO bestehen, dass das FA im Anschluss an die LSt-Außenprüfung den Vorbehalt der Nachprüfung aufhebt, nachdem die LSt-Anmeldung bis dahin nach § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand. Dies geschieht in einem mit dem Haftungsbescheid zusammengefassten Bescheid. Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung begründet für den Arbeitgeber den Bestandsschutz nach § 173 Abs. 2 AO.[8]

[1] Krüger, in Schmidt, EStG, 2022, § 42d EStG Rz. 44ff; BFH v. 1.9.2021, VI R 38/19, BFH/NV 2022, 321: Zur Auslegung eines lediglich mit "Haftungsbescheid" bezeichneten Verwaltungsakts als zusammengefasster Pauschalierungs- und Haftungsbescheid; Drüen, FR 2019, 1019.
[6] Thomas, DStR 1992, 837f.
[8] BFH v. 17.2.1995, VI R 52/94, BStBl II 1995, 555; Thomas, DStR 1992, 837, 843.

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