Leitsatz (amtlich)

Ergeht aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung ein Lohnsteuer-Haftungs- und Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid, so steht dies dem Erlaß eines weiteren Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids wegen eines anderen Sachverhalts des damaligen Prüfungszeitraums jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der zweite Bescheid die pauschalierte Besteuerung von Arbeitslöhnen bisher nicht berücksichtigter Arbeitnehmer betrifft.

 

Orientierungssatz

1. Außenprüfung i.S. des § 173 Abs. 2 AO 1977 ist jede besonders angeordnete, in der Regel umfassende Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beim Steuerpflichtigen, die für die Besteuerung und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind. Hierzu zählt auch eine Lohnsteuer-Außenprüfung (vgl. Literatur).

2. Ein Lohnsteuernachforderungsbescheid, durch den die vom Arbeitgeber als Steuerschuldner übernommene (pauschale) Lohnsteuer nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 festgesetzt wurde, ist ein Steuerbescheid i.S. des § 173 Abs. 1 und 2 AO 1977 (vgl. Literatur).

3. Die Vorschrift des § 173 Abs. 2 AO 1977 knüpft die Bindungswirkung nicht an die Außenprüfung als solche, sondern an die aufgrund der Prüfung ergangenen Steuerbescheide und modifiziert die Bindung dahin, daß solche Bescheide nicht geändert werden dürfen.

4. Unterschiedliche Lohnsteuerhaftungsansprüche kann das FA in Einzelhaftungsbescheiden festsetzen. In der Praxis werden diese Ansprüche häufig äußerlich in einem Haftungsbescheid (Sammelhaftungsbescheid) zusammengefaßt. Diese rein äußerliche Zusammenfassung ändert nichts an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Haftungsansprüche (vgl. BFH-Rechtsprechung). Von den gleichen Grundsätzen ist beim Erlaß von Lohnsteuernachforderungsbescheiden auszugehen.

5. Dem FA ist es nicht verwehrt, beim Steuerpflichtigen anläßlich einer Außenprüfung zusätzliche Einzelermittlungen für noch offenstehende Veranlagungen durchzuführen. Der Prüfer muß allerdings gegenüber dem Steuerpflichtigen deutlich machen, daß die verlangten Auskünfte nicht mehr im Zusammenhang mit der Außenprüfung stehen (Anschluß an BFH-Urteil vom 5.4.1984 IV R 244/83).

 

Normenkette

EStG 1977 § 40a; AO 1977 § 155 Abs. 1 S. 1, § 164 Abs. 3 S. 3, §§ 168, 173 Abs. 2, § 194 Abs. 3, § 202 Abs. 1 S. 3; EStG 1977 §§ 40, 42d; AO 1977 § 173 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Landwirt. Aufgrund einer Anordnung des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) vom 9.Januar 1981 zur Durchführung einer Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum vom 1.Januar 1978 bis 30.November 1980 erfolgte am 12.Januar 1981 beim Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung, die zur Nachforderung von Lohnsteuer für die Jahre 1978, 1979 und 1980 führte. Das FA erließ am 11. Februar 1981 einen entsprechenden Haftungs- und Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid, der bestandskräftig wurde. Die Lohnsteuer-Nachforderung betraf die Aushilfskräfte K und C, für die der Kläger die Lohnsteuer für die Zeit vom 1.Januar 1978 bis 30.November 1980 unzutreffend nach § 40a Abs.2 des Einkommensteuergesetzes 1977 (EStG) nur mit 2 v.H. statt nach § 40a Abs.1 EStG mit 10 v.H. pauschaliert hatte.

In der Zeit vom 9.Februar bis 9.April 1981 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt, die sich auf Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1974 bis 1979, Vermögensteuer vom 1.Januar 1976 bis 1.Januar 1980 und Investitionszulage 1974/75 und 1975/76 erstreckte. Bei dieser Prüfung wurde u.a. festgestellt, daß der Kläger in den Jahren 1978 und 1979 für eine Aushilfskraft S den Arbeitslohn in Höhe von 5 220 DM nicht lohnversteuert hatte. Das FA erließ unter dem 5. Oktober 1981 gegen den Kläger einen weiteren Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid, in dem es u.a. diesen Arbeitslohn nach § 40a Abs.1 EStG mit 10 v.H. pauschal lohnversteuerte.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage insoweit statt. Es meinte, dem Erlaß des Nachforderungsbescheids vom 5.Oktober 1981 stehe bezüglich der streitigen 520 DM pauschaler Lohnsteuer die Änderungssperre des § 173 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) entgegen. Es führte hierzu im einzelnen aus:

Die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 12.Januar 1981 sei als Außenprüfung i.S. des § 173 Abs.2 AO 1977 zu werten. Der angefochtene Nachforderungsbescheid vom 5.Oktober 1981 stelle eine Änderung des Nachforderungsbescheids vom 11.Februar 1981 dar. Der Zweck der Änderungssperre des § 173 Abs.2 AO 1977 bestehe darin, das Vertrauen des Steuerpflichtigen auf die abschließende Sachverhaltsermittlung durch die Lohnsteuer-Außenprüfung zu schützen. Daher betreffe das Änderungsverbot auch den Fall, in dem ein Sachverhalt steuerlich verwertet werde, der --wie hier-- schon im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung hätte erkannt werden können, weil er sich im Prüfungszeitraum ereignet habe und dem Prüfer auch zugänglich gewesen sei (so auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12.Aufl., § 173 AO 1977 Tz.36). Dem Sinn und Zweck des § 173 Abs.2 AO 1977, dem Rechtsfrieden zu dienen, würde es widersprechen, wenn durch eine enge Auslegung des Begriffs "Änderung" die Aufrollung des Steuerfalls nach § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 zu Lasten des Steuerpflichtigen ermöglicht würde. Ob der bei der zweiten Außenprüfung festgestellte Sachverhalt bei der ersten Prüfung nicht hätte aufgedeckt werden können, weil sich der Lohnsteuer-Außenprüfer auf die Durchsicht der Lohnkonten beschränkt habe, könne dahingestellt bleiben. Denn es komme für die Frage, welche Steuerarten und Besteuerungszeiträume die Außenprüfung umfaßt habe, allein auf den Inhalt der Prüfungsanordnung an. Die Prüfungsanordnung vom 9.Januar 1981 sei nicht auf die Prüfung von Lohnkonten beschränkt worden. Die Steuerakten enthielten keine Anhaltspunkte, daß eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege.

Gegen diese Entscheidung hat das FA Revision eingelegt. Es rügt die Verletzung der §§ 193 AO 1977, 42 f. EStG i.V.m. §§ 88 und 173 Abs.2 AO 1977 i.V.m. § 40 Abs.3 EStG.

Das FA beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

1. Das FA hatte am 11.Februar 1981 einen (ersten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid i.S. des § 40a Abs.1 EStG erlassen. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte bei Arbeitnehmern, die nur kurzfristig oder in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 10 v.H. des Arbeitslohns erheben. Hiervon abweichend kann der Arbeitgeber nach Abs.2 dieser Norm unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte bei Aushilfskräften, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ausschließlich mit typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von nur 2 v.H. des Arbeitslohns erheben. Auf die Pauschalierungen nach § 40a Abs.1 und 2 EStG findet nach Abs.4 dieser Vorschrift § 40 Abs.3 EStG Anwendung. Hiernach hat der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer zu übernehmen. Er wird dadurch Schuldner der pauschalen Lohnsteuer.

Der (erste) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 11.Februar 1981 erging wegen der vom Kläger unzutreffend vorgenommenen Lohnsteuerpauschalierung der Arbeitslöhne der Aushilfskräfte K und C in der Zeit vom 1.Januar 1978 bis 30* .November 1980. Der Kläger hatte die Lohnsteuer nicht nach § 40a Abs.1 EStG mit 10 v.H. der Arbeitslöhne, sondern unzutreffend nach § 40a Abs.2 EStG mit nur 2 v.H. der Arbeitslöhne pauschal angesetzt.

2. Nach § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Nach Abs.2 Satz 1 dieser Vorschrift können jedoch hiervon abweichend Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Das gleiche gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs.1 Satz 3 AO 1977 ergangen ist.

Der (erste) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 11.Februar 1981 ist ein Steuerbescheid i.S. des § 173 Abs.1 und 2 AO 1977, da durch ihn die vom Kläger als Arbeitgeber und Steuerschuldner übernommene Lohnsteuer nach § 155 Abs.1 Satz 1 AO 1977 festgesetzt wurde (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO 1977 Tz.36 Abs.3). Der Bescheid ist auch aufgrund einer Außenprüfung i.S. des § 173 Abs.2 AO 1977 ergangen. Denn Prüfung in diesem Sinne ist jede besonders angeordnete, in der Regel umfassende Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beim Steuerpflichtigen, die für die Besteuerung und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind. Hierzu zählt auch eine Lohnsteuer-Außenprüfung (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO 1977 Tz.35 Abs.2, und die dort erwähnte Literatur und Rechtsprechung).

3. Der (zweite) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 5.Oktober 1981 wäre wegen Verstoßes gegen die Änderungssperre des § 173 Abs.2 Satz 1 AO 1977 rechtswidrig, wenn durch ihn der aufgrund der Lohnsteuer-Außenprüfung ergangene (erste) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 11.Februar 1981 aufgehoben oder abgeändert worden wäre. Das ist jedoch nicht der Fall.

Der Kläger hatte aufgrund des (ersten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids vom 11.Februar 1981 --wie ausgeführt-- die pauschale Lohnsteuer von 10 v.H. für die Aushilfskräfte K und C übernommen. Diese Steuerfestsetzung wird durch den (zweiten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 5.Oktober 1981 weder dem Grunde noch der Höhe nach aufgehoben oder abgeändert. Der zweite Bescheid betrifft eine andere Schuldübernahme, nämlich die Übernahme der pauschalen Lohnsteuer für die Aushilfskraft S. Durch den (zweiten) Bescheid vom 5.Oktober 1981 wird mithin die Steuerfestsetzung im (ersten) Bescheid vom 11.Februar 1981 nicht in ihrer Wirksamkeit nach § 124 Abs.2 AO 1977 beeinträchtigt; der zweite Bescheid hat einen anderen Regelungsinhalt als der erste Bescheid.

4. Eine Änderungssperre ist auch sonst nicht eingetreten.

a) Eine Änderungssperre wäre nach § 173 Abs.2 Satz 2 AO 1977 eingetreten, wenn das FA statt der Übersendung eines Prüfungsberichts dem Kläger nach § 202 Abs.1 Satz 3 AO 1977 mitgeteilt hätte, daß die Lohnsteuer-Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt hat.

Eine solche Mitteilung hat das FA im Streitfall nicht erlassen. Sie konnte auch deshalb nicht erfolgen, weil die Lohnsteuer- Außenprüfung aufgrund "geänderter Besteuerungsgrundlagen" i.S. von § 202 Abs.1 Satz 2 AO 1977 durch Erlaß des (ersten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids vom 11.Februar 1981 und des zugleich ergangenen Lohnsteuer-Haftungsbescheids abgeschlossen wurde.

b) Durch Erlaß der beiden letztgenannten Bescheide konnte der Kläger auch nicht darauf vertrauen, daß bezüglich des Zeitraums der Lohnsteuer-Außenprüfung vom 1.Januar 1978 bis 30.November 1980 kein weiterer Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid mehr ergehen kann. Eine solche Änderungssperre ist dem § 173 Abs.2 Satz 1 AO 1977 nicht zu entnehmen. Denn diese Vorschrift knüpft die Bindungswirkung nicht an die Außenprüfung als solche, sondern an die aufgrund der Prüfung ergangenen Steuerbescheide und modifiziert die Bindung dahin, daß solche Bescheide grundsätzlich nicht geändert werden dürfen, was hier nicht geschehen ist.

c) Einer Auslegung über den Wortlaut des § 173 Abs.2 Satz 1 AO 1977 hinaus steht das Wesen eines Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids entgegen.

Wie der Senat im Urteil vom 4.Juli 1986 VI R 182/80 (BFHE 147, 323, BStBl II 1986, 921) unter Bezugnahme auf die einschlägige Literatur zu Lohnsteuer-Haftungsbescheiden ausgeführt hat, werden durch einen solchen Bescheid Verbindlichkeiten gegen den Haftungsschuldner festgesetzt, die sich daraus ergeben, daß der Haftungsschuldner den Haftungstatbestand erfüllt hat. Es wird gehaftet für eine Steuerschuld eines bestimmten Steuerschuldners. Der Haftungsschuldner erfüllt den Haftungstatbestand dadurch, daß er den Lohnsteuerabzug für einen Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt aus einem konkreten Lohnzufluß unzutreffend nicht oder zu niedrig durchführt. Die zu verschiedenen Zeiten und aufgrund von verschiedenen Tatumständen entstandenen Haftungsschulden führen zu verschiedenen Haftungsfällen, die nicht voneinander abhängen (s. auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3.Juli 1979 VII R 53/76, BFHE 128, 158, BStBl II 1979, 655). Diese unterschiedlichen Haftungsansprüche könnte das FA in Einzelhaftungsbescheiden festsetzen. In der Praxis werden diese Ansprüche häufig äußerlich in einem Haftungsbescheid zusammengefaßt. Diese rein äußerliche Zusammenfassung ändert aber nichts an der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Haftungsansprüche. Der nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung ergangene Haftungsbescheid erweist sich damit als Sammelhaftungsbescheid.

Von den gleichen Grundsätzen ist auch hier beim Erlaß von Lohnsteuer-Nachforderungsbescheiden auszugehen. Durch einen solchen Bescheid übernimmt der Arbeitgeber die Lohnsteuer einer bestimmten Aushilfskraft nach § 40a EStG. Der (erste) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 11.Februar 1981 ist insoweit ein Sammelbescheid, als er die Übernahme der Lohnsteuer von zwei Aushilfskräften K und C für die Zeit von 1978 bis 30.November 1980 durch den Kläger betrifft.

Im Hinblick auf die voneinander unabhängigen Lohnsteuer-Haftungs- und Lohnsteuer-Nachforderungsfälle, die nur rein äußerlich zu entsprechenden Lohnsteuer-Haftungs- und Lohnsteuer-Nachforderungsbescheiden zusammengefaßt sind, kann mithin solchen Bescheiden nicht die konkludente Zusage des FA entnommen werden, daß es bezüglich des Prüfungszeitraums wegen anderer Sachverhalte, insbesondere wegen der Lohnsteuer anderer Arbeitnehmer, keinen weiteren Haftungs- oder Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid gegen den Arbeitgeber erlassen werde. Die Verhältnisse liegen hier insoweit anders als etwa beim Erlaß eines aufgrund einer Außenprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheids eines Streitjahres im Zusammenhang mit dem Erlaß eines unter § 173 Abs.2 Satz 1 AO 1977 fallenden späteren Berichtigungsbescheids für dasselbe Jahr, da die Festsetzung der Einkommensteuer im Erstbescheid alle für die Einkommensteuer maßgebenden Besteuerungsgrundlagen des betreffenden Jahres umfaßt.

Die Entscheidung des Senats entspricht im Ergebnis Abschn.110 Abs.9 der Lohnsteuer-Richtlinien 1978 (LStR 1978) und der Ansicht von Thiel (Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1977, 237, 241); Metzmaier (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1978, 461, 464); Domann (Betriebs-Berater --BB-- 1977, 1692, 1695); Mihatsch (DStR 1985, 1099, 1102); a.A.: Tipke/Kruse (a.a.O., § 173 AO 1977 Tz.36 Abs.3); Schlarb (DStR 1979, 709); Diebold (BB 1978, 854, 857); Hildebrandt (BB 1980, 1687); Hartz/Meeßen/Wolf (ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Außenprüfung, Abschn.IV 2).

d) Nach § 168 Satz 1 AO 1977 steht eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt gleich. Das FA hat im Streitfall mit dem Lohnsteuer-Haftungs- und Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 11.Februar 1981 zugleich durch zusätzlichen Bescheid den Vorbehalt der Nachprüfung der Lohnsteuer-Anmeldungen für die Zeit vom 1.Januar 1978 bis 30.November 1980 aufgehoben (§ 164 Abs.3 Satz 3 AO 1977).

Die Frage, ob dieser Aufhebungsbescheid dem späteren Erlaß eines Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids für Zeiträume entgegensteht, für die Lohnsteuer-Anmeldungen abgegeben wurden, kann hier dahingestellt bleiben, weil für die Aushilfskraft S die Lohnsteuer, die der Kläger für die Jahre 1978 und 1979 nach § 40a Abs.1 EStG durch den (zweiten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 5.Oktober 1981 übernahm, nicht vorangemeldet und abgeführt worden war.

5. Das FA war schließlich nach § 194 Abs.3 AO 1977 berechtigt, die vom Betriebsprüfer getroffene Feststellung, daß der Lohn für die Aushilfskraft S mit 10 v.H. pauschal lohnzuversteuern ist, durch Erlaß des (zweiten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids vom 5.Oktober 1981 auszuwerten, obwohl sich der dem Betriebsprüfer erteilte Auftrag nicht auf die Prüfung von Lohnsteuer erstreckte. Werden nämlich anläßlich einer Außenprüfung Verhältnisse anderer als der in Abs.1 dieser Vorschrift genannten Personen festgestellt, so ist die Auswertung der Feststellung insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser Personen von Bedeutung ist.

Nach dem Urteil des IV.Senats des BFH vom 5.April 1984 IV R 244/83 (BFHE 140, 518, BStBl II 1984, 790) müssen unter der Geltung der AO 1977 als Außenprüfung in diesem Sinne alle unter einer entsprechenden Prüfungsanordnung durchgeführten Ermittlungen, darüber hinaus auch solche Prüfungsmaßnahmen der Finanzbehörden angesehen werden, die auf eine umfassende Sichtung der Besteuerungsgrundlagen gerichtet sind. Soweit Nachforschungen des FA durch den Prüfungsauftrag nicht gedeckt sind, sind sie nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sie im Zusammenhang mit einer Außenprüfung angefallen sind. Denn dem FA kann schon aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht verwehrt werden, beim Steuerpflichtigen anläßlich einer Außenprüfung zusätzliche Einzelermittlungen für noch offenstehende Veranlagungen durchzuführen. Der Prüfer muß allerdings gegenüber dem Steuerpflichtigen deutlich machen, daß die verlangten Auskünfte nicht mehr im Zusammenhang mit der Außenprüfung stehen. Denn die Ermittlungsrechte der Finanzbehörde und die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gehen bei einer Außenprüfung weiter als im Rahmen von Einzelermittlungen i.S. der §§ 200, 90, 93 AO 1977. Es genügt, wenn dem Steuerpflichtigen erkennbar war, zu welchem Zweck die Auskünfte von ihm verlangt wurden und daß es sich dabei um zusätzliche Ermittlungen handelte. Die Auskünfte dürfen insoweit nicht in den Bericht über die Außenprüfung aufgenommen werden. Sollte dies dennoch geschehen sein, so hat das auf die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens keinen Einfluß.

Der erkennende Senat schließt sich den Ausführungen des IV.Senats des BFH an. Da im Streitfall für den Kläger erkennbar war, daß es sich bei den vom Prüfer getroffenen Feststellungen bezüglich der Lohnsteuer der Aushilfskraft S um zusätzliche Ermittlungen handelte, sind die Voraussetzungen des § 194 Abs.3 AO 1977 für die Auswertung dieser Prüfungsfeststellungen durch Erlaß des (zweiten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids vom 5.Oktober 1981 erfüllt.

6. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Sache ist entscheidungsreif. Da das FA ohne Rechtsverstoß den (zweiten) Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid vom 5.Oktober 1981 erlassen hat, ist die hiergegen erhobene Klage als unbegründet abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62428

BFH/NV 1989, 5

BStBl II 1989, 193

BFHE 155, 68

BFHE 1989, 68

BB 1989, 411-413 (LT1)

DB 1989, 359-361 (KT)

HFR 1989, 183 (LT)

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