1 Allgemeines

1.1 Bedeutung der Lohnsteuerabzugsmerkmale

 

Rz. 1

§ 39 EStG bestimmt, dass LSt-Abzugsmerkmale gebildet werden und enthält Vorschriften über die Bedeutung und die Änderung dieser Merkmale. Das Verfahren zur Bildung der LSt-Abzugsmerkmale im Einzelnen wird in § 39e EStG geregelt. Die LSt-Abzugsmerkmale, die beim BZSt gespeichert und von dort elektronisch vom Arbeitgeber abgerufen werden können, sind an die Stelle der LSt-Karte getreten und haben die gleiche Bedeutung wie die bisherige LSt-Karte.

 

Rz. 2

Die LSt-Abzugsmerkmale sind das Herzstück des Lohnabzugsverfahrens. Sie geben dem Arbeitgeber die für die LSt-Einbehaltung maßgebenden Erhebungsmerkmale an die Hand. Solange die LSt-Abzugsmerkmale bestehen, ist der Arbeitgeber an sie gebunden (Grundsatz der Maßgeblichkeit der LSt-Abzugsmerkmale). Der Arbeitgeber muss den LSt-Abzug immer nach diesen Merkmalen vornehmen, auch dann, wenn er die Unrichtigkeit dieser Merkmale kennt. Technisches Mittel, diese Bindungswirkung zu erreichen, ist die Regelung in § 39 Abs. 1 S. 4 EStG, wonach die LSt-Abzugsmerkmale die Wirkungen einer gesonderten Feststellung i. S. d. § 179 AO haben; vgl. Rz. 9.

Durch diese formalisierte Festlegung der Besteuerungsmerkmale wird das LSt-Verfahren als Massenverfahren überhaupt erst praktikabel. Die LSt-Abzugsmerkmale dienen aber auch dem Schutz des Arbeitgebers. Solange er den LSt-Abzug entsprechend den LSt-Abzugsmerkmalen durchführt, kann er nicht nach § 42d EStG in Haftung genommen werden, wenn der LSt-Abzug sachlich falsch ist. Der Arbeitgeber hat seine Einbehaltungs- und Abführungsverpflichtung nicht verletzt, soweit er den LSt-Abzug entsprechend diesen Merkmalen vornimmt (§ 42d EStG Rz. 22).

 

Rz. 3

Die LSt-Abzugsmerkmale legen die Besteuerungsmerkmale für den LSt-Abzug in der Weise fest, dass der Arbeitgeber den LSt-Abzug entsprechend diesen Merkmalen nicht nur vornehmen kann, sondern auch vornehmen muss. Eine eigenmächtige Abweichung hiervon ist ihm nicht gestattet. Weicht der Arbeitgeber beim LSt-Abzug zugunsten des Arbeitnehmers von den LSt-Abzugsmerkmalen ab, kann darin eine Ordnungswidrigkeit (§§ 378, 380 AO) oder eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) liegen. Außerdem kann er als Haftender nach § 42d EStG in Anspruch genommen werden. Der Arbeitgeber ist auch dann an die LSt-Abzugsmerkmale gebunden, wenn diese offensichtlich unzutreffend sind.[1] Die Bindung des Arbeitgebers an die LSt-Abzugsmerkmale hat schließlich auch zur Folge, dass der Arbeitgeber den LSt-Abzug nach diesen Merkmalen auch dann vornehmen muss, wenn er ihre Unrichtigkeit kennt. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem FA hiervon Anzeige zu machen, da § 39 Abs. 5 EStG eine solche Verpflichtung nur für den Arbeitnehmer enthält.[2]

 

Rz. 4

Schließlich haben die LSt-Abzugsmerkmale gegenüber dem Arbeitnehmer die Wirkung, dass dieser den, den LSt-Abzugsmerkmalen entsprechenden, LSt-Abzug dulden muss. Die LSt-Abzugsmerkmale entfalten somit zugunsten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer die Wirkung, dass dieser dem Arbeitnehmer gegenüber zivilrechtlich berechtigt ist, den LSt-Abzug entsprechend den Merkmalen vorzunehmen. Der Arbeitnehmer muss diesen LSt-Abzug dulden.

[2] Trzaskalik, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 39 EStG Rz. A 9 zur Lohnsteuerkarte.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 5

Die Vorschrift ist durch G. v. 7.12.2011[1] eingefügt worden und ersetzt § 39 EStG i. d. F. der Änderung durch G. v. 20.12.2007.[2] § 39 a. F. EStG enthielt die Regelung über die LSt-Karte, die letztmalig für das Kj. 2010 ausgestellt wurde und deren Eintragungen nach § 52b Abs. 1 a. F. EStG auch für die Kj. 2011 und 2012 galten. Durch G. v. 26.6.2013[3] wurde § 39 Abs. 9 EStG geringfügig redaktionell geändert (LSt-Abzugsmerkmal statt LSt-Merkmal). Offizieller Starttermin für das ELStAM-Verfahren war der 1.11.2012. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Arbeitgeber die LSt-Abzugsmerkmale mit Wirkung für 2013 abrufen.[4] Damit war das ELStAM-Verfahren für laufenden Arbeitslohn zwingend für alle nach dem 31.12.2012 endenden Lohnzahlungszeiträume und für sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2012 zuflossen, grundsätzlich anzuwenden.[5] Allerdings wurde den Arbeitgebern nach § 52b Abs. 5 S. 2 EStG ein Einführungszeitraum angeboten (Kj. 2013). Während dieses Einführungszeitraums konnte das "Papierverfahren" weiter angewendet werden. Spätestens im letzten des im Kj. 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum waren die ELStAM abzurufen und anzuwenden. Lediglich ein Abruf erst in 2014 war zu spät.[6]

[1] BStBl I 2011, 1171.
[2] BStBl I 2008, 218.
[3] BStBl I 2013, 802.
[4] Schaffhausen/Plenker, DB 2012, 2476: Schramm/Harder-Buschner, NWB 2013, 348.
[5] BMF Startschreiben gem. § 52b Abs. 5 S. 1 EStG, BMF v. 19.12.2012, IV C 5 – S 2363/07/002-03, BStBl I 2012, 1258.

2 Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale, Abs. 1

2.1 Verfahren zur Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale

 

Rz. 6

§ 39 Abs. 1 S. 1 EStG enthält Grundsätze des Verfahrens zur erstmaligen Bildung der LSt-Abzugsmerkmale. Einzelheiten des Verfahrens ...

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