Rz. 167

Eine Sonderregelung zur Organschaft enthielt § 35 Abs. 2 EStG. Diese Vorschrift wurde mit dem Vz 2002 überflüssig, als der Gesetzgeber mit dem UntStFG[1] die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen und der gewerbesteuerliche Organschaft anglich. Gleichwohl wurde diese Regelung erst mit Wirkung für den Vz 2004 aufgehoben. Durch die Norm sollte für den Fall eine Sonderregelung geschaffen werden, dass eine Personengesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft eine Organschaft abgeschlossen hatte. Sie sollte gewährleisten, dass nur der dem Organträger zuzurechnende Gewerbeertrag zu einer Ermäßigung nach § 35 EStG führen konnte.

 

Rz. 168

Ziel des Gesetzes war es, die kumulative Nutzung des niedrigen Körperschaftsteuersatzes durch Thesaurierung auf Organebene und der Ermäßigung nach § 35 EStG auf Ebene des Organträgers zu verhindern[2]. Es soll vermieden werden, dass eine ausschließlich gewerbesteuerliche Organschaft zur ungerechtfertigten Inanspruchnahme des § 35 EStG gebildet wird[3]. Aus diesem Grund verhinderte § 35 Abs. 4 S. 1 bis 3 EStG, dass in Fällen einer nur gewerbesteuerlichen Organschaft der Gewerbeertrag der Organgesellschaft an den Organträger weitergeleitet wird. Dies gilt nach dessen Wortlaut unabhängig davon, ob die Organgesellschaft auch tatsächlich thesauriert oder ausschüttet (im letzteren Fall kann es zwar zu keiner Kumulation einer günstigen Thesaurierung mit § 35 kommen; dennoch scheint § 35 Abs. 1 S. 1 bis 3 EStG auch diese Fälle ausschließen zu wollen). § 35 Abs. 4 S. 4 EStG schließt dieses "Weiterleitungsverbot" für Fälle einer körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft aus. Der Fall einer nur körperschaftsteuerlichen Organschaft ist in § 35 nicht explizit geregelt und seine Behandlung daher umstritten.

 

Rz. 169

Da die Angleichung der Organschaftsvoraussetzungen mit Wirkung für den Erhebungszeitraum 2002 erfolgte[4], sind die Fälle einer ausschließlich körperschaft- bzw. gewerbesteuerlichen Organschaft vor dem Hintergrund des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 35 EStG ausschließlich für den Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2001 von Bedeutung[5].

 

Rz. 170

In Fällen einer ausschließlich gewerbesteuerlichen Organschaft wäre es ohne besondere Regelungen möglich, den niedrigen Körperschaftsteuersatz auf Organgesellschaftsebene und § 35 auf Organträgerebene kumulativ zu nutzen. Dies soll § 35 Abs. 2 S. 1 EStG a. F. verhindern. Hiernach bestimmt sich das Anrechnungsvolumen des Organträgers nach dem Anteil am GewSt-Messbetrag, der dem Verhältnis des Gewerbeertrags des Organträgers vor Zurechnung der Gewerbeerträge der Organgesellschaften und vor Anwendung des § 11 GewStG (Freibetrag) zur Summe dieses Gewerbeertrags des Organträgers und der Gewerbeerträge aller Organgesellschaften entspricht. Hiernach ergibt sich folgende Formel[6]:

 
Maßgebender GewSt-Mess­betrag = Gewerbeertrag des Organträgers[7] × festgesetzter GewSt-Mess­betrag
Summe der positiven Gewerbeerträge des Organträgers[8] und der Organ­gesellschaften

Im Ergebnis unterliegt die Gewinnabführung somit nicht der Ermäßigung nach § 35 EStG[9].

 

Rz. 171

Nach § 35 Abs. 2 S. 2 EStG a. F. waren negative Gewerbeerträge eines Organträgers oder einer Organgesellschaft in der Formel zur Ermittlung des maßgebenden GewSt-Messbetrags mit "Null" anzusetzen[10]. Hierbei war zu beachten, dass gewerbesteuerlich innerhalb der Organschaft ein Verlustausgleich zwischen den Unternehmen stattfand. So konnte es sein, dass der nach der Formel aus Rz. 170 zu ermittelnde maßgebliche GewSt-Messbetrag trotz der Nichtnegativitätsbedingung des § 35 Abs. 2 S. 2 EStG "Null" wurde und Anrechnungsüberhänge provozierte, da zwar ggf. der Quotient größer als "Null" war, sie jedoch mit einem ggf. auf "Null" lautenden festgesetzten GewSt-Messbetrag zu multiplizieren war[11].

 

Rz. 172

Besteht neben der gewerbesteuerlichen auch eine körperschaftsteuerliche Organschaft nach den §§ 14, 17 oder 18 KStG[12], so konnte der niedrige Körperschaftsteuersatz auf Ebene der Organgesellschaft nicht genutzt werden. Eine kumulative Nutzung des Körperschaftsteuersatzes und des § 35 EStG – die § 35 Abs. 2 S. 1 bis 3 EStG a. F. vermeiden soll – ist nicht möglich. Aus diesem Grund erklärt § 35 Abs. 2 S. 4 EStG a. F. die besonderen Regelungen des § 35 Abs. 2 S. 1 bis 3 EStG a. F. für nicht anwendbar, wenn neben der gewerbesteuerlichen auch eine körperschaftsteuerliche Organschaft besteht. Für die Gewinnabführung kann § 35 EStG beansprucht werden[13]. Seit dem Veranlagungs-/Erhebungszeitraum 2002 stellt dies den einzig möglichen Organschaftsfall dar.

 

Rz. 173

Hält eine Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft eine Beteiligung an einer (außerhalb des Organkreises befindlichen) Mitunternehmerschaft, so sollte der anteilige GewSt-Messbetrag nach § 35 Abs. 3 das Anrechnungsvolumen des Organträgers er­höhen[14]. Fraglich ist jedoch, in welcher Höhe der anteilige GewSt-Messbetrag aus der Mitunternehmerschaft an den Organträger weiterzuleiten ist, wenn dieser zu weniger als 100 % an der den M...

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