Rz. 4

§ 3 Nr. 55c S. 1 EStG gilt für das Altersvorsorgevermögen i. S. d. § 92 EStG. Dieser Verweis erscheint insoweit unpräzise, als § 92 EStG die zum Ende des Beitragsjahres vom Anbieter auszustellende Bescheinigung regelt. Mit diesem Verweis ist jedoch nicht gemeint, dass die Übertragung nur zum Ende des Beitragsjahres möglich wäre oder nur das in einer Anbieterbescheinigung ausgewiesene Altersvorsorgevermögen übertragen werden kann. Vielmehr ist der in § 92 S. 1 Nr. 5 EStG enthaltene Begriff Altersvorsorgevermögen gemeint. Dies ist das im Übertragungszeitpunkt bestehende Altersvorsorgekapital, das sich aus den Einzahlungen, den gutgeschriebenen Zulagen, den in Rechnung gestellten Gebühren und den gutgeschriebenen Erträgen zusammensetzt.

 

Rz. 5

§ 3 Nr. 55c S. 1 EStG erfasst die Übertragung von einem Altersvorsorgevertrag auf einen anderen Altersvorsorgevertrag. Die Übertragung muss auf § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 Buchst. b AltZertG beruhen. Es handelt sich dabei um die fristgerechte Kündigung eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags in Form einer Rentenversicherung, eines Bank- oder Investmentfondssparplans und die vollständige Übertragung des gebildeten Altersvorsorgevermögens auf einen anderen Altersvorsorgevertrag des Steuerpflichtigen, der die Bedingungen des § 1 Abs. 1 AltZertG erfüllt. Der neue Altersvorsorgevertrag kann auch bei einem anderen Anbieter abgeschlossen sein. Unschädlich ist auch eine Änderung der Anlageart, solange sie im Rahmen des § 1 Abs. 1 AltZertG bleibt. Das Altersvorsorgekapital muss vollständig und unmittelbar auf den anderen Altersvorsorgevertrag übertragen werden. Eine Übertragung, die die Bedingungen nicht erfüllt, führt grundsätzlich zu einem nach § 22 Nr. 5 EStG zu besteuernden Zufluss.[1] Eine Auszahlung an den Stpfl. ist ebenfalls nicht begünstigt.

 

Rz. 6

Die Steuerfreiheit greift nur insoweit, als das übertragene Altersvorsorgekapital zu steuerpflichtigen Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG führen würde. Für den Teil des Altersvorsorgekapitals, der nicht bereits steuerverhaftet ist, ist keine Steuerbefreiung notwendig.[2] Die Steuerbefreiung hätte im Gegenteil zur Folge, dass sie zu einer ungerechtfertigten Steuerpflicht im Auszahlungszeitpunkt führen würde. Nicht erfasst ist also die Summe der ungeförderten Einzahlungen, entweder aus Beitragsjahren, in denen der Stpfl. nicht zum begünstigten Personenkreis gehörte oder soweit die Beiträge die Höchstbeträge nach § 10a Abs. 1 EStG überstiegen haben. Ebenso wenig sind nicht zu besteuernde Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag in die Vorschrift einbezogen.[3] Der nicht steuerverhaftete Betrag geht somit nicht in die nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nr. 5 S. 1 EStG ein. Der Neuvertrag unterliegt jedoch in Bezug auf die künftige Entwicklung den zum Übertragungszeitpunkt geltenden steuerlichen Bedingungen.[4] Wird ein vor 2005 abgeschlossener ungeförderter Lebensversicherungsvertrag nach Ablauf von 12 Jahren übertragen, geht die Steuerfreiheit für die künftigen Erträge verloren.[5]

[1] BMF v. 21.12.2017, IV C 3 – S 2015/17/10001:005, Rz. 149, BStBl I 2018, 93.
[2] BMF v. 21.12.2017, IV C 3 – S 2015/17/10001:005, Rz. 152, BStBl I 2018, 93.

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