1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift betrifft die Übertragung von Altersvorsorgekapital. § 3 Nr. 55c S. 1 EStG stellt die Übertragung von steuerverhaftetem Altersvorsorgekapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag des Stpfl. steuerfrei. § 3 Nr. 55c S. 2 Buchst. a EStG stellt die Übertragung von Anwartschaften eine betrieblichen Altersversorgung aus einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder Direktversicherung auf einen anderen Träger steuerfrei. § 3 Nr. 55c S. 2 Buchst. b EStG stellt die Abfindung von steuerverhafteten Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung durch Einzahlung auf einen Altersvorsorgevertrag des Anwärters steuerfrei.  § 3 Nr. 55c S. 2 Buchst. c EStG stellt die todesbedingte Übertragung von steuerverhaftetem Altersvorsorgekapital auf einen Altersvorsorgevertrag des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners des Verstorbenen steuerfrei. Seit 1.10.2017 gibt es die Ehe für Personen gleichen Geschlechts.[1]

Im Folgenden gelten die Ausführungen für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner.

 

Rz. 2

§ 3 Nr. 55c S. 1 und S. 2 Buchst. b und c EStG gilt zeitlich ab Vz 2011.[2] Nach der Gesetzesbegründung ist die Vorschrift nur klarstellend,[3] d. h. die angesprochenen Übertragungsvorgänge wurden in der Praxis nicht im Vz der Übertragung besteuert.[4] Der durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz[5] eingefügte § 3 Nr. 55c S. 2 Buchst. a EStG gilt zeitlich ab Vz 2018 (§ 52 Abs. 1 EStG). Der durch das Brexit-StBG[6] in S. 2 Buchst. c eingefügte Satzteil greift grundsätzlich m. W. v. 29.3.2019; faktisch aber erst, sobald das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Drittland zu behandeln ist. Die Vorschrift gilt sowohl für unbeschränkt Stpfl. als auch für beschr. Stpfl. (§ 50 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 Nr. 10 EStG).

 

Rz. 3

Die Vorschrift greift nicht, soweit die Übertragung nicht zu stpfl. Einkünften führt (Rz. 6). Die Übertragung von steuerverhaftetem Altersvorsorgekapital ist dagegen mit § 22 Nr. 5 EStG verknüpft. Die Steuerbefreiung wirkt daher nur für den Übertragungszeitpunkt. Die späteren Auszahlungen aus dem neuen Altersversorgungsvertrag sind in vollem Umfang stpfl., soweit sie auf dem steuerfrei übertragenen Kapital beruhen (§ 22 Nr. 5 S. 1 EStG).[7] Zugleich wird nach § 82 Abs. 4 Nr. 5 EStG ausgeschlossen, dass das steuerfrei übertragene Kapital als Altersvorsorgebeitrag gefördert werden kann.[8]

[1] G. v. 20.7.2017, BGBl I 2017, 2787.
[2] Art. 24 Abs. 4 BeitrRLUmsG v. 7.12.2011, BStBl I 2011, 1171 i. V. m. § 52 Abs. 1 EStG.
[3] BT-Drs. 17/7524, 12 sowie BT-Drs. 18/11286, 59.
[4] BMF v. 31.3.2010, IV C 3 – S 2222/09/10041, Rz. 174 und 175, BStBl I 2010, 270, aufgehoben mit Wirkung zum 1.1.2012 durch BMF v. 24.7.2013, IV C 3 – S 2015/11/10002, BStBl I 2013, 1022; Teile A, C und D aufgeh. m. W. ab 1. 1. 2018 durch BMF v. 21. 12. 2017, IV C 3 – S 2015/17/10001:005, BStBl I 2018, 93; Teil B aufgeh. m. W. ab 1. 1. 2018 durch BMF v. 6. 12. 2017, IV C 5 – S 2333/17/10002, BStBl I 2018, 147.
[5] G. v. 17.8.2017, BGBl I 2017, 3214.
[6] G. v. 25.3.2019, BGBl I 2019, 357; Jordan, StuB 2019, 324; Bron, BB 2019, 664.
[7] Sog. nachgelagerte Besteuerung: BMF v. 21.12.2017, IV C 3 – S 2015/17/10001:005, Rz. 126 und 151, BStBl I 2018, 93.
[8] BMF v. 21.12.2017, IV C 3 – S 2015/17/10001:005, Rz. 30, BStBl I 2018, 93 schließt über den Gesetzeswortlaut hinaus auch einen nicht von der Vorschrift erfassten Übertragungsvorgang von der Altersvorsorgeförderung aus.

2 Übertragung auf einen anderen Altersvorsorgevertrag (S. 1)

 

Rz. 4

§ 3 Nr. 55c S. 1 EStG gilt für das Altersvorsorgevermögen i. S. d. § 92 EStG. Dieser Verweis erscheint insoweit unpräzise, als § 92 EStG die zum Ende des Beitragsjahres vom Anbieter auszustellende Bescheinigung regelt. Mit diesem Verweis ist jedoch nicht gemeint, dass die Übertragung nur zum Ende des Beitragsjahres möglich wäre oder nur das in einer Anbieterbescheinigung ausgewiesene Altersvorsorgevermögen übertragen werden kann. Vielmehr ist der in § 92 S. 1 Nr. 5 EStG enthaltene Begriff Altersvorsorgevermögen gemeint. Dies ist das im Übertragungszeitpunkt bestehende Altersvorsorgekapital, das sich aus den Einzahlungen, den gutgeschriebenen Zulagen, den in Rechnung gestellten Gebühren und den gutgeschriebenen Erträgen zusammensetzt.

 

Rz. 5

§ 3 Nr. 55c S. 1 EStG erfasst die Übertragung von einem Altersvorsorgevertrag auf einen anderen Altersvorsorgevertrag. Die Übertragung muss auf § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 Buchst. b AltZertG beruhen. Es handelt sich dabei um die fristgerechte Kündigung eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags in Form einer Rentenversicherung, eines Bank- oder Investmentfondssparplans und die vollständige Übertragung des gebildeten Altersvorsorgevermögens auf einen anderen Altersvorsorgevertrag des Steuerpflichtigen, der die Bedingungen des § 1 Abs. 1 AltZertG erfüllt. Der neue Altersvorsorgevertrag kann auch bei einem anderen Anbieter abgeschlossen sein. Unschädlich ist auch eine Änderung der Anlageart, solange sie im Rahmen des § 1 Abs. 1 AltZertG bleibt. Das Altersvorsorgekapital muss vollständig und unmittelbar auf den anderen Altersvorsorgev...

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