Rz. 62

Zu den technischen Berufen zählt die Tätigkeit als Ingenieur, Vermessungsingenieur, Architekt, und i. w. S. auch die des Lotsen und des Handelschemikers.

 

Rz. 63

Als Ingenieur ist tätig, wer auf wissenschaftlich-technischer Grundlage Gegenstände, Verfahren, Anlagen oder Systeme erforscht, entwirft, fertigt, überwacht oder vertreibt. Berufsbild und Berufstätigkeit des Ingenieurs werden im EStG nicht näher bestimmt. Sie ergeben sich aus den Ingenieurgesetzen der Bundesländer.[1] Danach darf sich als Ingenieur nur bezeichnen, wer das Studium einer entsprechenden Fachrichtung an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, eines Betriebsführerlehrgangs einer Ingenieur- oder Bergschule abgeschlossen hat.[2] Auf die formelle Qualifikation des Stpfl. kommt es aber nicht allein an, sondern auch darauf, welche Tätigkeit er tatsächlich ausübt.[3] Da es auf die Breite und Tiefe der Ausbildung ankommt, muss der Ingenieur aber nicht gerade in dem Fachgebiet seines ursprünglichen Studienschwerpunkts arbeiten. Es reicht aus, dass er in irgendeinem Hauptgebiet des Ingenieurwesens tatsächlich tätig wird.[4] Ein Ingenieur arbeitet nur dann freiberuflich, wenn seine Leistungen nicht in erster Linie zur Absatzförderung seines Auftraggebers erbracht werden, sondern er beratend, planend, unterstützend tätig wird.[5] Erhält der Stpfl. eine erfolgsabhängige Vergütung, spricht viel für eine gewerbliche Tätigkeit.[6] Ingenieure können auch als Erfinder einen freien Beruf ausüben (Rz. 83).

 

Rz. 64

Zu den Vermessungsingenieuren gehören die Landmesser und die Markscheider.[7] Das Berufsrecht der Vermessungsingenieure ergibt sich aus der Vermessungsordnung v. 31.1.1944.[8]

 

Rz. 65

Nur wer selbst Architekt ist, kann diese Berufstätigkeit ausüben.[9] Da das EStG nicht regelt, wer als Architekt anzusehen ist, können zur Auslegung dieses Begriffs die Architektengesetze der Länder herangezogen werden.[10] Außerdem muss eine typische Tätigkeit eines freiberuflichen Architekten ausgeübt werden.[11] Dazu gehören in Anlehnung an § 15 HOAI insbesondere die Planung, Überwachung und Leitung von Baumaßnahmen.[12] Ferner gehört dazu die künstlerische, auf wirtschaftlichen und technischen Grundlagen beruhende Planung sowie die Visualisierung von Architekturprojekten[13] und Gestaltung von Räumen, die Bearbeitung von Leitplänen auf dem Gebiet der Landesplanung und des Städtebaus, die Überwachung von Bauausführungen, die Vertretung von Bauherren gegenüber Behörden, Bauunternehmen und Handwerkern, die Beratung und Betreuung der Bauherren in allen mit der Planung und Ausführung zusammenhängenden Fragen sowie die Erstattung von Gutachten auf dem Gebiet des Bauwesens.[14] Wer aber als Architekt die Erstellung eines schlüsselfertigen Gebäudes schuldet, erzielt insoweit gewerbliche Einkünfte, auch soweit Architektenleistungen erbracht werden.[15] Die Erstellung von Gebäuden im Auftrag eines Dritten entspricht nicht dem hergebrachten Berufsbild eines Architekten.

 

Rz. 66

Durch das SteueränderungsG 1960 ist die Tätigkeit des Lotsen, die früher als gewerblich angesehen wurde, in den Katalog der freien Berufe aufgenommen worden. Auch gem. § 21 Abs. 1 SeeLG[16] übt der für ein Seelotsenrevier zuständige Seelotse einen freien, nicht gewerblichen Beruf aus. Zu den Aufgaben des Lotsen gehört es, aufgrund seiner besonderen Ortskenntnisse den Kapitän bei der Führung des Schiffs durch schwierige Fahrstrecken zu unterstützen. Der Lotse übt insoweit eine beratende Tätigkeit aus (§ 23 Abs. 1 SeeLG).

 

Rz. 67

Die Tätigkeit des Handelschemikers besteht in der Darstellung qualitativer und quantitativer Analysen, also die Erforschung von Stoffen aller Art und ihre chemische Zusammensetzung und ihr Verhalten, wobei nicht selten schon die Methode ernsthafter und schwieriger wissenschaftlicher Überlegungen bedarf, um eine vollständige Aufschlüsselung möglicherweise sogar unbekannter Stoffe zu erreichen. Handels- und Lebensmittelchemiker sind wissenschaftlich ausgebildet; sie arbeiten vorwiegend mit chemisch-analytischen Methoden, aber auch mit biochemischen, mikrobiologischen und molekularbiologischen Verfahren.[17]

[1] BFH v. 6.9.2006, XI R 3/06, BStBl II 2007, 118, BFH/NV 2007, 129;eine Zusammenstellung der entspr. Ländergesetze findet sich bei BFH v. 18.6.1980, I R 109/77, BStBl II 1981, 118.
[3] Brandt, in H/H/R, EStG/KStG, § 18 EStG Rz. 219.
[7] Vermessungsingenieure, die im Bergbau Vermessungen über oder unter Tage zur Erwerbung, Begrenzung und Sicherung von Bergwerkseigentum sowie zur Gewinnung von Mineralien vornehmen: BFH v. 24.10.1974, IV R 155/71, BStBl II 1975, 290.
[8] RGBl I 1944, 53.

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