rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiberufliche Tätigkeit eines im Wesentlichen als Softwareentwickler tätigen Diplom-Ingenieurs (FH) für Holztechnik. Nur als Hilfstätigkeit ausgeübter Absatz von Hardware führt nicht zur Gewerblichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ingenieur i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ist, wer über die erforderliche Berufsqualifikation verfügt und eine Ingenieurtätigkeit tatsächlich ausübt. Das gilt auch dann, wenn der Ingenieur im Anschluss an sein erfolgreich abgeschlossenes Ingenieurstudium auf einem beliebigen anderen Hauptgebiet des Ingenieurwesens in ingenieurtypischer Weise selbstständig berufstätig ist.

2. Daher ist auch ein Diplom-Ingenieurs (FH) für Holztechnik als Ingenieur i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG anzuerkennen, wenn er angesichts der von ihm ausgeführten qualifizierten EDV-Dienstleistungen (u. a. Softwareentwicklung und -anpassung, Software-Evaluierung, Erstellung von Datenbanken, Software-Konfiguration und Netzwerk-Administration für Firmenkunden) im IT-Bereich planend, konstruktiv und beratend und damit ingenieurtypisch tätig ist. Insoweit sind auch die Erstellung von Datenbanken, Software-Konfiguration und Netzwerk-Administration als freiberuflich einzustufen, sofern sie im Rahmen von Firmennetzwerken und nicht auf dem für Privatanwender ausreichenden Niveau erbracht werden, da sie regelmäßig nicht durch einen durchschnittlichen Computeranwender erledigt werden können, sondern spezielles Wissen eines Fachmanns voraussetzen.

3. Eine freiberufliche Tätigkeit im IT-Bereich wird nicht dewegen zu einer gewerblichen Tätigkeit, weil als Hilfstätigkeit z. B. zur Softwareentwicklung und zur Beratung auch Materialien wie einzelne Drucker, Notebooks, Festplatten, Kabel, Toner etc. zum Einkaufspreis mitgeliefert werden.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Tenor

Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2001 und 2002 vom 18. April 2008 sowie die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2003 bis 2005 vom 11. April 2008 und die dazu erlassene Einspruchsentscheidung vom 02. März 2009 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger zur Gewerbesteuer heranzuziehen ist.

Der 1952 geborene Kläger studierte zunächst Holztechnik an der Fachhochschule B., die ihm aufgrund der 1978 erfolgreich abgelegten Abschlussprüfung den akademischen Grad eines Diplom-Ingenieurs (FH) für Holztechnik verlieh. Im Anschluss studierte er Bauingenieurwesen an der Technischen Universität C.. Das Vordiplom erhielt er 1982. Während des Hauptstudiums war er dort studentischer Mitarbeiter am Institut D. und nahm Lehraufgaben im Bereich der Entwicklung von Computerprogrammen wahr. Das Hauptstudium schloss er nicht ab. Im Verlauf seines weiteren Berufsweges war er bei verschiedenen Unternehmen im Bereich der Softwareentwicklung beschäftigt.

In den Streitjahren war der Kläger selbständig auf dem Gebiet der Informationstechnologie tätig. Er nahm unter der Bezeichnung „Dipl.-Ing. A., Softwareentwicklung, EDV-Berater” am Geschäftsverkehr teil. Seine Berufstätigkeit bestand zu einem wesentlichen Teil darin, Softwareprodukte für seine Auftraggeber und deren Kunden zu entwickeln, bestehende Software seiner Auftraggeber an individuelle Kundenbedürfnisse anzupassen sowie das Zusammenspiel von Software-Produkte dritter Firmen mit der seiner Auftraggeber zu erproben. Daneben entwarf und betreute er Server und Netzwerke (Installation, Wartung und Administration). Auf die entsprechenden Bestätigungsschreiben sowohl der Firma E. vom 12. Dezember 2007 und vom 25. Mai 2009 als auch der Firma F. vom 07. Dezember 2007 nimmt das Gericht wegen der näheren Einzelheiten Bezug. Es handelte sich um zwei Hauptauftraggeber des Klägers.

Im Rahmen seiner Projekte bezog der Kläger zum Teil auch Hardware-Komponenten für seine Auftraggeber, die er ihnen zu seinem eigenen Einkaufspreis in Rechnung stellte. Auf die zum BP-Arbeitsbogen genommenen Rechnungen des Klägers vom 31. März 2005, vom 11. April 2005, 20. Mai 2005, 13. Juni 2005, 13. September 2005, 07. Oktober 2005 und 28. Oktober 2005 nimmt das Gericht wegen der näheren Einzelheiten Bezug.

Die Gewinne aus der genannten Betätigung ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 3 EinkommensteuergesetzEStG – und deklarierte sie als Einkünfte aus freiberuflicher Betätigung im Sinne des § 18 EStG.

In den Jahren 2007 und 2008 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Betätigung des Klägers einen Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Gewer...

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