Rz. 118

Als Teilbetrieb gilt auch die in einem Betriebsvermögen befindliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn sie das gesamte Nenn-(Grund-, Stamm-)Kapital der Gesellschaft umfasst (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Durch die Einbeziehung werden die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe einer 100 %igen Beteiligung nach § 16 Abs. 4 EStG und § 34 EStG begünstigt besteuert.

Die 100 %ige Beteiligung kann nicht nur i. S. v. § 16 Abs. 1 EStG als solche veräußert werden, sondern auch nach § 16 Abs. 3 EStG Gegenstand einer Betriebsaufgabe sein (Rz. 98).

 

Rz. 119

§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG erfasst nur 100 %ige Beteiligungen, die in einem Betriebsvermögen gehalten werden. Das ergibt sich aus der Gleichstellung mit dem Teilbetrieb, der ebenfalls Betriebsvermögen ist, sowie aus dem Kontext des § 17 EStG, der die wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen behandelt. Die Beteiligung kann auch im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) gehalten sein. Dabei sind ggf. Anteile im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft und im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers zusammenzurechnen[1]. Die Beteiligung kann auch nur im Sonderbetriebsvermögen enthalten sein (R 16 Abs. 3 S. 7 EStR 2012). Schädlich ist, wenn ein Teil der Beteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Soll § 16 EStG anwendbar sein, muss dieser Teil zuvor eingelegt werden.

 

Rz. 120

Die Veräußerung oder Aufgabe einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist einer Teilbetriebsveräußerung gleichgestellt, weil die wirtschaftlichen Aktivitäten, die im Rahmen einer Kapitalgesellschaft ausgeübt werden, deren Anteile voll in der Hand des Unternehmers sind, regelmäßig den Grad der Selbstständigkeit eines Teilbetriebs noch übertreffen. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion bedarf es im Einzelfall aber keiner Prüfung, ob die oben für den Teilbetrieb genannten Merkmale der Selbstständigkeit (Rz. 114) erfüllt sind.

 

Rz. 121

Die Voraussetzungen für eine Beteiligungsveräußerung bzw. -aufgabe liegen vor, wenn die zum Betriebsvermögen eines einzigen Stpfl. oder einer Personengesellschaft gehörende gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im Lauf eines Wirtschaftsjahrs (R 16 Abs. 3 S. 6 EStR 2012) auf einen Dritten (Veräußerung) oder mehrere Dritte (Aufgabe) entgeltlich übertragen oder teilweise übertragen und teilweise entnommen wird (ebenfalls Aufgabe). Eine Veräußerung an eine Personengesellschaft gilt dabei als Veräußerung an "einen Dritten". Die Veräußerung nur eines Teils der Beteiligung genügt nicht, wenn der Rest Betriebsvermögen bleibt. Da es sich nur um ein einziges Wirtschaftsgut handelt, kann die Argumentation, dass die Übertragung der wesentlichen Grundlagen genügt und unwesentliche Teile zurückbehalten werden können, hierauf nicht übertragen werden.

 

Rz. 122

Wird eine Kapitalgesellschaft, deren Anteile vom Anteilseigner zu 100 % in einem Betriebsvermögen gehalten werden, liquidiert und das Kapital zurückbezahlt oder werden die Wirtschaftsgüter der aufgelösten und untergehenden Gesellschaft auf den Anteilseigner übertragen, so ist der dadurch entstehende Gewinn des Anteilseigners als Aufgabegewinn begünstigt, denn auch diese Sachverhalte werden vom Begünstigungszweck des § 16 EStG erfasst[2]. Das gilt auch für Anteile, die zum Gesellschaftsvermögen (einschl. des Sonderbetriebsvermögens) einer KG gehören, und auch dann, wenn nicht das Kapital nach Veräußerung zurückbezahlt, sondern das (Sach-)Vermögen der GmbH im Rahmen der Liquidation auf die KG als Alleingesellschafterin übertragen wird[3].

 

Rz. 123

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Halbs. 2 EStG ist im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft § 17 Abs. 4 S. 3 EStG sinngemäß anzuwenden. Die Vorschrift gilt erstmals für den Vz 1997 (§ 52 Abs. 1 S. 1 EStG i. d. F. des JStG 1997). Mit ihr werden die in der Kapitalrückzahlung enthaltenen Beträge aus thesaurierten Gewinnen, die – weil aus verwendbarem Eigenkapital stammend – nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, aus dem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn herausgenommen; sie sind als laufender Gewinn zu versteuern (§ 17 EStG Rz. 143, 321ff.).

Die Gesetzesbestimmung ist eine Reaktion auf die Rspr.[4], nach der das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren nicht mit den Vorschriften der §§ 16, 34 EStG kollidierte, sondern diese ergänzte; dadurch wurden die enthaltenen Kapitalerträge einschl. des KSt-Anrechnungsanspruchs in den begünstigten Aufgabegewinn einbezogen. Dies hatte der Gesetzgeber für unangebracht gehalten, weil bei wesentlichen Beteiligungen im Privatvermögen die Kapitalrückzahlung bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft nur insoweit zu einem nach § 17 EStG begünstigt zu versteuernden Veräußerungsgewinn gehörte, als nicht (ohnehin) nach § 20 Abs. 1 und 2 EStG stpfl. Kapitalerträge enthalten waren. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 17 Abs. 4 S. 3 EStG, auf den § 16 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Halbs. 2 EStG verweist.

Die Verweisung ist aus ihre...

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