Rz. 279

Aufgrund von § 15a Abs. 1 S. 1 und 2 EStG hängt der ertragsteuerliche Verlustausgleich beim Kommanditisten entscheidend von der Höhe seines Kapitalkontos und/oder der für ihn im Handelsregister eingetragenen Haftsumme ab. Beide Grenzwerte sind in der Praxis keine festen Größen. Während das Kapitalkonto einerseits durch Gewinne oder Verluste, andererseits durch Entnahmen oder Einlagen regelmäßig eine Bestandsveränderung erfährt, ist bei der Haftsumme ein Auf und Ab zwar ungewöhnlich, aber keinesfalls ausgeschlossen.

 

Rz. 280

Durch Entnahmen oder eine Veränderung der Haftsumme kann der durch § 15a EStG eingeschränkte Verlustausgleich rückwirkend beeinflusst werden, insbesondere kann ein bisher zulässiger Ausgleich sich als nunmehr ungerechtfertigt erweisen. Der Gesetzgeber sah bei Einführung von § 15a EStG die Gefahr, dass durch die Erbringung von Einlagen oder die Eintragung von Haftsummen in beliebiger Höhe die Ausgleichsfähigkeit von Verlusten hergestellt werden könnte, mit dem Plan die Einlagen bzw. die Haftsumme nur kurzfristig zur Verfügung zu stellen, sie also nach dem Stichtag wieder zu entnehmen oder herabzusetzen.[1] Um in diesem Punkt unerwünschte Gestaltungsvarianten zu unterbinden, legt das Gesetz in § 15a Abs. 3 EStG eine Nachversteuerung fest, die im Ergebnis die nachträgliche Aberkennung eines bisherigen Verlustausgleichs bedeutet. § 15a Abs. 3 EStG dient damit der Durchsetzung des in § 15a Abs. 1 EStG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes, dass ein Verlustausgleich nur möglich sein soll, soweit der Verlustanteil durch Eigenkapital gedeckt ist.[2]

 
Praxis-Beispiel

Verlustzurechnung und Verlustausgleich

Eine GmbH & Co. KG veranlasst alle Kommanditisten im Gründungsjahr 6 Mio. EUR Einlagen zu leisten, obwohl die Haftsummen insgesamt nur 3 Mio. EUR ausmachen. Zusammen mit Krediten von 8 Mio. EUR werden größere Investitionen getätigt, woraus über Sonderabschreibungen schon im ersten Wirtschaftsjahr Verluste von 6 Mio. EUR entstehen. Diese Verluste sind vollen Umfangs den Kommanditisten zuzurechnen und bei ihnen wegen der gleich hohen effektiven Kapitalkonten gleichfalls vollen Umfangs ausgleichsfähig.

Im zweiten Wirtschaftsjahr zahlt die GmbH & Co. KG vereinbarungsgemäß von den Einlagen 3 Mio. EUR zurück und ersetzt sie durch weitere Kredite.

Die Verlustzuweisung von ursprünglich 100 % – bezogen auf das ertragsteuerliche Kapital von 6 Mio. EUR – erhöht sich nachträglich auf 200 %, was der Zielsetzung des § 15a EStG klar widerspricht.

Rz. 281 einstweilen frei

 

Rz. 282

Der Gesetzgeber hat versucht, der im obigen Beispiel in Rz. 280 beschriebenen Sachverhaltsgestaltung durch § 15a Abs. 3 EStG zu begegnen. Danach wird eine nachträgliche Minderung der Einlage oder Haftung des Kommanditisten diesem als Gewinn zugerechnet, soweit dadurch (= durch die Minderung) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht oder eine erweiterte Haftung i. S. d. § 15a Abs. 1 S. 2 EStG wegfällt.

Diese Gewinnfiktion hat im Grunde nur eine Korrekturfunktion, weil durch den Ansatz eines Gewinns ein vorher ausgleichsfähiger Verlust in einen verrechenbaren Verlust umgewandelt wird. Gesetzestechnisch findet also keine Änderung früherer Verlustfeststellungen statt, sondern eine Gewinnzurechnung in Höhe der zu Unrecht ausgeglichenen Verluste der Vorjahre im Wirtschaftsjahr der Minderung. Es hätte sicherlich die Möglichkeit bestanden, bereits ergangene Steuerbescheide zu ändern; der Gesetzgeber hat diesen Weg aber aus praktischen Gründen nicht gewählt.

 

Rz. 283

Der fiktive Gewinn ist ein laufender Gewinn, der in die ESt-Veranlagung des Kommanditisten wie ein normaler Gewinn einfließt. Für seine Ermittlung gilt gleichfalls das Kapitalkonto i. S. v. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG, was die Gesamthandsbilanz einschl. etwaiger Ergänzungsbilanzen meint.

Im Rahmen der Mitunternehmerschaft entsteht insoweit allerdings kein zusätzlicher Ertrag; auch für die GewSt ergeben sich keine Auswirkungen. Ebenso wenig wird dem Komplementär oder den anderen Kommanditisten mit positivem Kapitalkonto ein gleich hoher fiktiver Verlust zugerechnet.

Die Zurechnung eines fiktiven Gewinns schafft wiederum keine endgültigen Verhältnisse, weil die zu erfassenden fiktiven Gewinne echte Gewinne des gleichen Wirtschaftsjahres oder späterer Wirtschaftsjahre mindern (Rz. 316)

 

Rz. 284

Zwar handelt es sich bei der Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 S. 1 EStG nicht um einen Gewinn aus der Beteiligung, sondern lediglich ein Rechnungsposten, der zum Zweck der "Umpolung" ausgleichsfähiger in verrechenbare Verluste dem Kommanditisten wie ein Gewinn zugerechnet wird. Das folgt daraus, dass anderenfalls der infolge einer Einlageminderung zuzurechnende Betrag nach § 15a Abs. 3 S. 4 EStG sogleich wieder mit dem "umgepolten" verrechenbaren Verlust zu verrechnen wäre.[3]

Gleichwohl ist der Hinzurechnungsbetrag als mit den Einkünften aus der Mitunternehmerschaft in Zusammenhang stehende Besteuerungs- und Berechnungsgrundlage für den verrechenbaren Verlust gem. § 179 Abs. 2 S. 2, § 180 Abs. ...

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