Rz. 206

Die Einkünfte aus der gewerblichen Betätigung sind demjenigen zuzurechnen, der sie "unternimmt", d. h. dem "Urheber des Handels, der Produktion oder der Dienstleistungen, mithin des Inbegriffs derjenigen Tätigkeiten, die Gegenstand des als rechtliche und/oder organisatorische Wirkungseinheit verfassten Betriebes sind".[1] Dies ergibt sich zum einen aus der Natur der Sache, denn der Begriff "Gewerbebetrieb" meint nicht den Betrieb als organisierte Zusammenfassung der Wirtschaftsgüter, sondern die in ihm ausgeübte Tätigkeit (Rz. 13). Zum anderen wird dies deutlich aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, wenn dort die Gewinnanteile demjenigen (Gesellschafter) zugeordnet werden, der als "Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs" anzusehen ist, weil er sich selbstständig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am Marktgeschehen beteiligt.[2] Dieser veranlasst als Initiator die gewerbliche Betätigung, ihm gebührt als Risikoträger das wirtschaftliche Ergebnis der Betätigung, seine Leistungsfähigkeit wird dadurch – positiv wie negativ – beeinflusst. Auf die tatsächlichen, nicht die formalen Umstände kommt es an. Eine "eigenhändige" Ausübung der Tätigkeit ist nicht erforderlich, der Unternehmer kann durch – offen oder verdeckt auftretende selbstständige oder unselbstständige – Beauftragte tätig werden. Dabei genügt es, wenn der Unternehmer den Beauftragten beeinflussen kann. Setzt der Einzelunternehmer etwa einen Geschäftsführer ein, ohne ihn zu beeinflussen oder auch nur zu beaufsichtigen, so sind dessen Handlungen gleichwohl vom Willen des Geschäftsherrn getragen und ihm deshalb zuzurechnen. In gleicher Weise sind die Handlungen der Vertreter Handlungsunfähiger oder beschränkt Handlungsfähiger (Eltern als gesetzlicher Vertreter der Kinder, Testamentsvollstrecker – Erben, Insolvenzverwalter – Gemeinschuldner) dem (handlungsunfähigen) Träger des Unternehmerrisikos zuzurechnen (Rz. 42). Zurechnungsgrundlage in diesen Sonderfällen ist die Erfassung der Leistungsfähigkeit als ESt-Bemessungsgrundlage. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass im Regelfall die Unternehmerinitiative für die Einkünfte-Zurechnung von geringerer Bedeutung wäre als das Unternehmerrisiko.

Zum Charakter des § 15 EStG als Zurechnungsnorm Rz. 9.

 

Rz. 207

Stimmen Außen- und Innenverhältnis i. d. S. überein, dass der Unternehmer also nach außen hin als Leistungserbringer in Erscheinung und übt er auch im Innenverhältnis die Unternehmerinitiative aus und trägt das Unternehmerrisiko, so ist die Zurechnung der Einkünfte unproblematisch.

Fallen Außen- und Innenverhältnis allerdings auseinander, so kommt es für die subjektive Zurechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf das Innenverhältnis an. Nicht die Erscheinungsweise nach außen, sondern die Stellung nach innen ist entscheidend.[3] (Mit-)Unternehmer i. S. d. § 15 EStG ist danach, wer (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und (Mit-)Unternehmerrisiko trägt. Das ist diejenige Person, nach deren Willen und auf deren Rechnung und Gefahr das Unternehmen in der Weise geführt wird, dass sich der Erfolg oder Misserfolg in ihrem Vermögen unmittelbar niederschlägt.[4] Deshalb kommt es weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehungen noch auf den nach außen durch Handelsregistereintragung oder gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzten Rechtsschein an. Die Eigentumsverhältnisse sind nicht zwingend, so ist u. a. der Nießbraucher eines Gewerbebetriebs regelmäßig als Gewerbetreibender und damit Zurechnungsempfänger anzusehen.[5]

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