rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Führung eines Handwerksbetriebs durch eine „Strohfrau”

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für die Anordnung einer Außenprüfung reicht es aus, wenn geprüft werden soll, ob ein Stpfl. überhaupt einen Gewerbebetrieb unterhält. Das setzt indes voraus, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Stpfl. möglicherweise einen solchen unterhält.
  2. Einkünfte gemäß § 15 EStG erzielt derjenige, der den Tatbestand der Einkünfteerzielung in eigener Person verwirklicht. Die Ergebnisse einer gewerblichen Betätigung werden dem Unternehmer als dem steuerlichen Träger des Unternehmens zugerechnet.
  3. Für die subjektive Zurechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kommt es weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehungen noch auf den nach außen durch HR-Eintragung oder gewerbepolizeilicher Anmeldung gesetzten Rechtsschein an. Unternehmer i. S. des § 15 ist vielmehr, wer Unternehmerinitiative entfalten kann und Unternehmerrisiko trägt.
  4. Ein Strohmannverhältnis liegt ertragsteuerlich vor, wenn der nach außen im Geschäfts- und Rechtsverkehr Auftretende nicht zugleich der Unternehmer des Gewerbebetriebs ist.
 

Normenkette

EStG § 15; AO § 193 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2002, 2003

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.08.2010; Aktenzeichen X B 210/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger der eigentliche Gewerbetreibende eines auf den Namen seiner Mutter angemeldeten Handwerksbetriebes ist und ob bei dem Kläger eine Außenprüfung angeordnet werden durfte.

Der Kläger ist gelernter Handwerker, der in den Streitjahren 2002 und 2003 u a. Rentenzahlungen erhielt. Mit den für die Streitjahre eingereichten Steuererklärungen erklärte er keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Januar 2002 meldete die am 6. April 1923 geborene Mutter des Klägers bei der Samtgemeinde einen Handwerksbetrieb der Silikon- und Fugentechnik an. Die Mutter des Klägers war zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung bereits Rentnerin und bezog Renteneinkünfte. Sie reichte für das Streitjahr 2002 Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen ein und erklärte gewerbliche Einkünfte und Umsätze für den von ihr angemeldeten Handwerksbetrieb. Für das Streitjahr 2003 gab sie Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Ein Jahresabschluss mit Gewinn- und Verlustrechung für das Jahr 2003 wurde von ihr dagegen nicht erstellt.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) führte für das Kalenderjahr 2002 sowie den Voranmeldungszeitraum Januar 2003 bis Dezember 2003 aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 8. März 2004 eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Mutter des Klägers durch. Der Prüfer vertrat nach Durchsicht der Unterlagen die Auffassung, dass nicht die Mutter des Klägers das Unternehmen betreibe, sondern nur als „Strohfrau” für ihren Sohn aufgetreten sei.

Das FA ordnete daher mit Prüfungsanordnung vom 4. August 2005 eine Außenprüfung für Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2002 - 2003 beim Kläger an und führte diese in der Zeit vom 19. April 2004 bis 4. August 2005 mit Unterbrechungen durch. Darüber hinaus wurde vom FA auch ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen den Kläger eingeleitet.

Bei den Außenprüfungen und strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen stellte das FA fest, dass der Kläger die handwerklichen Arbeiten im Rahmen der Firma „B.” selbst ausführte. Der Kläger war auch Ansprechpartner für Kunden und Auftraggeber und schloss die Verträge im Namen seiner Mutter. Darüber hinaus hatte er eine umfassende Vollmacht zur Führung des Unternehmens. In den Schreiben der Firma einschließlich der Rechnungen war die Mutter des Klägers als Firmeninhaberin aufgeführt. Die Schreiben wurden jedoch allein vom Kläger unterschrieben. Das betriebliche Konto wurde unter dem Namen der Mutter des Klägers geführt, der Kläger hatte allerdings umfassende Kontovollmacht. Das einzige Firmenfahrzeug war mit dem Namen „A.B.” beschriftet. Als Anschrift war auf dem Fahrzeug die L. Straße angegeben. Dabei handelt es sich um das privat genutzte Einfamilienhaus des Klägers. Auch die auf dem Fahrzeug angegebene Telefonnummer und Telefaxnummer ist diejenige des Klägers.

Die Buchführung wurde bis zum 31. August 2002 vom Steuerbüro K. gefertigt. Ab September 2002 führte die Schwester des Klägers, die als selbständige Buchhalterin tätig war, die Buchführung bis einschließlich 2003. Die Jahreserklärung für 2002 für die Mutter des Klägers erstellte noch das Steuerbüro K.. In der laufenden Buchführung wurden die Geldbeträge, die der Kläger für sich und seine Familie aus dem Unternehmen entnommen hatte, als Privatentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) gebucht. Dies gilt sowohl für die Entnahmen von Bargeld als auch die Bezahlung von Versicherungen, die solche des Klägers waren, sowie Zahlungen für die Begleichung von Leistungen für die damalige Ehefrau und die Kinder des Klägers. Eine Tätigkeit der Mutter des Klägers im Rahmen des Unternehmens konnte anhand der Unterlagen des Unternehmens nicht festgestellt werden.

Das FA vertrat...

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