Rz. 18

Von der Nichtübertragbarkeit des Verlustabzugs auf Dritte ließen Rspr. und Finanzverwaltung eine Ausnahme in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge zu. Der Erbe konnte einen in der Person des Erblassers entstandenen Verlust, der bei diesem nicht ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden konnte oder sollte (vgl. zum Wahlrecht Rz. 45), im Vz des Erblassers bei der Ermittlung seines Gesamtbetrags der Einkünfte abziehen, soweit der Erblasser den Verlust noch hätte geltend machen können und soweit der Erbe den Verlust wirtschaftlich trägt.[1]

Dies wurde damit begründet, dass der Erbe vollen Umfangs in die Rechtsposition des Erblassers eintrete (§ 1922 BGB, § 45 AO)[2], wonach Erbe und Erblasser gedanklich eine Person bilden). Diese Auffassung der Rspr. ist zunehmend strittig geworden und hat zu einer weiteren Divergenzanfrage des XI. Senats geführt. Nachdem sowohl der I. als auch der VIII. Senat einer Abweichung nicht zugestimmt haben[3], hat der anfragende XI Senat mit der Absicht der Rechtsprechungsänderung den Großen Senat angerufen.[4]

 

Rz. 19

Der Große Senat hat mit Beschluss v. 17.12.2007[5] die Vererblichkeit des Verlustabzugs endgültig verneint, wenn der Erbe den Verlust wirtschaftlich nicht getragen hat. Aus Vertrauensschutzgründen gilt dies erst für Todesfälle ab dem 13.3.2007 (Tag nach der Veröffentlichung des Beschlusses). Der Große Senat begründet seine Entscheidung mit der Personenbezogenheit der ESt, die eine Übertragung der Leistungsfähigkeit auf andere Personen und die Geltendmachung von Drittaufwand ausschließt. Der Übergang der Verluste kann weder auf zivilrechtliche noch auf steuerrechtliche Prinzipien, insbesondere nicht auf § 1922 BGB, § 45 AO gestützt werden. Die persönliche Steuerpflicht erstreckt sich auf die Lebenszeit einer Person, sie endet mit deren Tod. Erblasser und Erbe sind verschiedene Rechtssubjekte, denen ihre Einkünfte nach Maßgabe des objektiven und subjektiven Nettoprinzips jeweils getrennt zugerechnet werden.[6] Die Finanzverwaltung wendet die neue Rspr. erst nach Ablauf des Tags der Veröffentlichung der Entscheidung im BStBl an.[7] Den Verlust zu tragen bzw. durch ihn wirtschaftlich belastet zu sein, bedeutet nicht, dass es allein darauf ankommt, ob der Erbe rechtlich für Schulden des Erblassers in Anspruch genommen werden kann. Der Erbe muss vielmehr aufgrund der Verluste des Erblassers wirtschaftlich in seiner Einkommens- oder Vermögenssphäre belastet sein. Eine wirtschaftliche Belastung liegt nicht vor, wenn dem Erben aufgrund eines Verlustes des Erblassers lediglich ein geringes Vermögen zufällt.[8]

Etwa anderes gilt zu KiSt-Zahlungen des Erben auf von ihm gezahlte ESt für Einkünfte des Erblassers. Diese Zahlungen kann der Erbe als Sonderausgaben abziehen.[9]

Grundsätzlich kommen Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO nicht in Betracht.[10]

 

Rz. 20

M. E. ist der Entscheidung des GrS mit dem Az. GrS 2/04 vollen Umfangs beizupflichten. Sie entspricht der an dieser Stelle langjährig vertretenen Auffassung.

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