Rz. 56

Als Sonderausgaben abziehbar sind die nach Abschn. XI geförderten und gem. § 10a Abs. 5 EStG vom Anbieter der zentralen Stelle mitgeteilten Altersvorsorgebeiträge zzgl. der dem Stpfl. nach Abschn. XI zustehenden Zulage – mit Ausnahme der Einmalzulage für Berufseinsteiger (Rz. 58) – bis zu dem in § 10a Abs. 1 S. 1 EStG genannten Höchstbetrag.

 

Rz. 57

Altersvorsorgebeiträge sind nach § 82 EStG die vertraglich vereinbarten (§ 82 EStG Rz. 4) Beiträge und Tilgungsleistungen, die der Zulageberechtigte auf einen auf seinen Namen lautenden und zertifizierten Altersvorsorgevertrag leistet (§ 82 Abs. 1 EStG; § 82 EStG Rz. 4ff.). Aufwand dritter Personen ist nur in Ausnahmefällen zu berücksichtigen (Rz. 79).[1] Die Verminderungen der Besoldungs- und Versorgungsanpassungen bei Besoldungs- und Versorgungsempfängern aufgrund des Versorgungsänderungsgesetzes 2001[2] zum Aufbau einer Versorgungsrücklage[3] sind nicht begünstigt, weil sie mangels Zuflusses nicht aus dem Vermögen des Stpfl. erbracht und auch nicht auf einen individuellen Altersvorsorgevertrag geleistet werden[4], sondern in ein staatliches Sondervermögen fließen.[5]

 

Rz. 58

Zusätzlich zu den Eigenbeiträgen ist die dem Stpfl. nach Abschn. XI zustehende Zulage zu berücksichtigen. Außer Ansatz bleibt gem. § 10a Abs. 1 S. 5 EStG die einmalige erhöhte Grundzulage für junge Berufseinsteiger nach § 84 S. 2 EStG. Die zusätzliche Berücksichtigung der Zulage führt zu einem Sonderausgabenabzug, der systemwidrig nicht auf einem Aufwand des Stpfl. beruht (§ 82 EStG, Rz. 8) und führt zudem zu einer Doppelbegünstigung, denn zu der Gewährung der Zulage tritt die aus dem Ansatz der Zulage als Sonderausgabe resultierende Steuerminderung.[6]

 

Rz. 59

Zu erfassen ist die dem Stpfl. für den Vz zustehende Zulage, obwohl der Anspruch auf Zulage erst mit Ablauf des Vz entsteht (§ 88 EStG) und dem Stpfl. frühestens im Folgejahr durch Gutschrift auf dem AV-Vertrag zufließt (§ 90 Abs. 2 S. 3 EStG).[7] Eine Durchbrechung des Zufluss- bzw. Abflussprinzips des § 11 EStG ist damit nicht verbunden, weil § 11 EStG bei fiktiven Einnahmen oder Ausgaben nicht anwendbar ist. Die als Sonderausgabe anzusetzende Zulage ist wie dargelegt kein Aufwand des Stpfl., deshalb kann – weder im Vz noch in einem anderen Jahr – ein Abfluss i. S. v. § 11 Abs. 2 EStG vorliegen; die mit der Zulage verbundene Einnahme fließt zwar erst in einem späteren Jahr i. S. v. § 11 Abs. 1 EStG zu, dies ist jedoch im Rahmen der Berücksichtigung eines fiktiven Aufwands unerheblich.[8]

 

Rz. 60

Nicht die tatsächlich gewährte, sondern die dem Zulageberechtigten zustehende Zulage ist im Rahmen von § 10a EStG anzusetzen. Damit wird es möglich, die Veranlagung des Stpfl. unabhängig von dem Verfahren der Zulagegewährung durchzuführen.

 

Rz. 61

Diese der Verfahrensvereinfachung dienende Regelung kann indes zu einem Regelungsüberhang führen, wenn die tatsächlich gutgeschriebene Zulage geringer ist als der Zulageanspruch. In einem solchen Fall werden regelmäßig die Voraussetzungen des § 163 AO für eine niedrigere Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen vorliegen. Denn der Hinzurechnungsbetrag nach § 10a Abs. 2 S. 1 EStG führt nach der Gesetzestechnik, wie sie in § 2 Abs. 6 S. 2 EStG und auch in § 10a Abs. 2 S. 1 EStG zum Ausdruck kommt, nicht zur Rückzahlung einer Subvention, sondern zu einer (Erhöhung der) ESt-Belastung.

 
Praxis-Beispiel

Günstigerprüfung bei Zahlung des Mindestbeitrags

Der Zulageberechtigte Z, ledig, keine Kinder, erzielt im Jahr 2022 einen Bruttoarbeitslohn von 45.000 EUR. Sein für das Jahr 2023 maßgeblicher Mindesteigenbeitrag errechnet sich (vorbehaltlich von Sockel- und Höchstbeitrag) wie folgt:

 
Beitragspflichtige Einnahmen i. S. v. SGB VI 45.000 EUR
Ausgangsbetrag nach § 86 Abs. 1 S. 2 EStG für 2023 i. H. v. 4 % 1.800 EUR
abzüglich Grundzulage nach § 84 EStG 175 EUR
Mindesteigenbeitrag 2023 1.625 EUR

Sein zu versteuerndes Einkommen im Vz 2023 beträgt 40.000 EUR. Die Günstigerprüfung nach § 10a Abs. 2 EStG ergibt bei Zahlung des Mindesteigenbeitrags:

 
ESt (Grundtabelle) auf das zu versteuernde Einkommen von 40.000 EUR 7.828 EUR
ESt (Grundtabelle) nach Abzug der Sonderausgaben nach § 10a EStG (Eigenbeitrag + Zulageanspruch) 40.000 EUR – 1.800 EUR = 38.200 EUR 7.237 EUR
Erhöhung gem. § 10a Abs. 2 S. 2 EStG um den Anspruch ­auf Zulage 175 EUR
ESt nach Erhöhung gem. § 10a Abs. 2 S. 2 EStG 7.412 EUR
Steuervorteil (7.828 EUR – 7.412 EUR) 416 EUR
Zulage 175 EUR
Gesamtförderung 591 EUR
Verzichtet Z auf die Geltendmachung des Zulageanspruchs, ­beträgt seine Gesamtförderung 416 EUR

Würde statt des Anspruchs auf Zulage lediglich die gezahlte Zulage berücksichtigt, würde die Gesamtförderung bei Nichtbeantragung der Zulage betragen:

 
ESt (Grundtabelle) nach Abzug der Sonderausgaben nach § 10a EStG (Eigenbeitrag + ausgezahlte Zulage 0 EUR) 40.000 EUR – 1.625 EUR = 38.375 EUR 7.294 EUR
zuzüglich ausgezahlte Zulage 0 EUR 0 EUR
ESt nach Erhöhung gem. § 10a Abs. 2 S. 2 EStG 7.294 EUR
Steuervorteil (7.828 EUR – 7.294 EUR) 534 EUR
Zulage 0 EUR
Ge...

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