Wenn der Unternehmer das Ausfallrisiko einer Forderung beurteilt, muss er stets hinterfragen, ob die betreffenden wertmindernden Umstände am Bilanzstichtag vorlagen. Das gilt selbst dann, wenn ihm diese Umstände erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden.

 
Praxis-Beispiel

Wertmindernder Umstand: Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Nutzfahrzeughändler Hans Groß erstellt im Februar 02 seinen Jahresabschluss für 01. Gegen seinen Kunden Müller hat er aus einem Lkw-Verkauf eine offene Forderung i. H. v. 58.000 EUR.

  1. Im Februar 02 hat er erfahren, dass das Amtsgericht am 2.12.01 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt hat.
  2. Das Amtsgericht hat im Januar 02 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt.

Lösung:

Im Fall a) hat Kunde Müller schon vor dem Bilanzstichtag Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, den das Amtsgericht im Dezember 01 mangels Masse abgelehnt hat. Da dieser wertmindernde Umstand schon am Bilanzstichtag vorlag, muss Hans Groß dies in seinem Jahresabschluss für 01 berücksichtigen, obwohl er erst in 02 – also nach dem Bilanzstichtag – davon erfahren hat.

Demgegenüber lag im Fall b) der wertmindernde Umstand – Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse – zum Bilanzstichtag noch nicht vor. Das Amtsgericht hat den Antrag erst im Januar 02 (nach dem Bilanzstichtag) abgelehnt. Hat Hans Groß erst im Zuge der Jahresabschlusserstellung im Februar 02 erstmals von der finanziellen Schieflage seines Kunden Müller erfahren, darf er das nicht berücksichtigen. Im Jahresabschluss 01 muss er die Forderungen gegen Müller als voll werthaltig ansetzen.

Die Bewertung der Forderungen des Unternehmens hat zum jeweiligen Bilanzstichtag zu erfolgen. Auswirkungen, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Bewertung der Forderungen haben, so zum Beispiel der Ukraine-Krieg oder der Krieg in Nahost, sind mit in die Bewertung mit einzubeziehen, wenn sie sich unmittelbar zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung ergeben haben. So scheint die Wertberichtigung auf Forderungen sinnvoll und gegeben, wenn es sich um Forderungen gegenüber Unternehmern oder Unternehmen handelt, die unmittelbar vom Krieg oder den Sanktionen im Rahmen des Krieges betroffen sind.

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