Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Verlustrealisierung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der Antrag auf Eröffnung des Konkurs-/Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, ist der nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermittelnde Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG regelmäßig bei Ablehnung des Antrags entstanden. Nachträgliche Anschaffungskosten – z.B. die Inanspruchnahme aus Bürgschaften oder Kreditübernahmen – können in diesem Fall allenfalls als rückwirkendes Ereignis im Jahr der Verlustentstehung berücksichtigt werden.

Bei einer plötzlichen Krise mit anschließender Liquidation mangels Masse ist der gemeine Wert einer Gesellschafterforderung zum Zeitpunkt der Krise regelmäßig mit 0 € zu bewerten.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1-2, 4; AO § 175 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.05.2009; Aktenzeichen IX B 13/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggfs. in welcher Höhe Verluste nach § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - in den Streitjahren abzugsfähig sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. In den Streitjahren 1998 bis 2002 war der Kläger als Geschäftsführer bzw. Unternehmensberater tätig, die Klägerin ist Malerin. Den in den Streitjahren geltend gemachten Verlusten nach § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG – liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Mit Urkunde vom 24. Mai 1996 (Bl. 106 - 109 der Gesellschaftsakte) hatte der Kläger - der zu diesem Zeitpunkt bereits 50 % der Gesellschaftsanteile hielt - mit Wirkung zum 30. September 1995 auch die restlichen 50 % der Gesellschaftsanteile der "pr Digitale Bildbearbeitungs GmbH" mit Sitz in F (im Folgenden "PR") erworben. Zu diesem Zeitpunkt war er auch Alleingesellschafter (und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer, Bl. 122 der Gesellschaftsakte) der "Computer-Vermietung RM GmbH" in F (im Folgenden: "CVRM"). Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der PR vom 25. Juli 1996 und mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der CVRM vom gleichen Tage wurde die letztgenannte Gesellschaft aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 25. Juli 1996 (Bl. 120 - 130 der Gesellschaftsakte) durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf die PR gem. § 2 Nr. 1 i.V.m. den §§ 46 ff. Umwandlungsgesetz - UmwG - verschmolzen (Bl. 116 der Gesellschaftsakte). Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 10. September 1997 wurde die Firma geändert in "T Gesellschaft für digitale Bildbearbeitung mbH" (im Folgenden "T"). Zugleich wurde Herr J zum Geschäftsführer bestellt und der Kläger als Geschäftsführer abberufen (Bl. 135 ff. der Gesellschaftsakte).

Mit Beschluss vom 20. März 1998 (Bl. 198 der Gesellschaftsakte) wurde der Antrag der T vom 12./15. Dezember 1997 auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen vom Amtsgericht F mangels Masse abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Gutachten vom 11./13. März 1998 sei zu entnehmen, dass die Schuldnerin praktisch keine interventionsfreien verwertbaren Vermögensgegenstände zur Verfügung habe. Da eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden sei, sei der Antrag deshalb abzuweisen gewesen. Am 01. November 2000 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.

Vor der Konkursantragstellung hatte die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 04. November 1997 die Gesellschaft "p p r Videoproduktion GmbH" (im Folgenden "PPR") gegründet (Bl. 2 - 7 Vertragsakte). Zugleich hatte sie sich zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin bestellt. Der Gegenstand dieses Unternehmens war ebenfalls die Durchführung digitaler Bildbearbeitung. Mit notariellem Vertrag vom 16. Dezember 1997 teilte sie ihren Geschäftsanteil von 50.000,00 DM in drei Geschäftsanteile von 35.000,00 DM, 7.500,00 DM und 7.500,00 DM und verkaufte einen Geschäftsanteil über 7.500,00 DM an Herrn N und den anderen Geschäftsanteil über 7.500,00 DM an Herrn H. In der anschließenden Gesellschafterversammlung wurde beschlossen, die Firma der Gesellschaft in "p p r ... GmbH" zu ändern (im Folgenden ebenfalls "PPR").

Mit notarieller Urkunde vom 18. Oktober 1999 (Bl. 26 - 30 Vertragsakte) übertrug die Klägerin ihren Geschäftsanteil i.H.v. 35.000,00 DM unentgeltlich auf den Kläger. Der "derzeitige Verkehrswert" ist mit 5.000,00 DM angegeben.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2000 teilte der Kläger dem Finanzamt F mit, dass die PPR ihre Geschäftsräume in Frankfurt im November 1999 aufgegeben habe und derzeit keine Umsätze verzeichne. Alle Mitarbeiter hätten das Unternehmen mittlerweile verlassen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts B vom 08. November 2000 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der PPR mangels Masse abgewiesen (Bl. 63 Vertragsakte). Die Löschung im Handelsregister erfolgte am 18. April 2002 (Bl. 101 Sonderband Verträge), da das Löschungsverfahren auf Antrag des Finanzamtes F am zunächst ausgesetzt worden war.

Den Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1998 bis 2002 liegen folgende Vorgänge zugrunde:

1998:

In der am 14. August 2000 eingegangenen...

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