Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmerische Verwendung einer Hängeseilbrücke

 

Leitsatz (amtlich)

Zum unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Nutzung einer Hängeseilbrücke und dem Entrichten von Parkgebühren.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 168 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.10.2021; Aktenzeichen XI R 10/21)

 

Tatbestand

Strittig ist der Vorsteuerabzug aus Eingangsumsätzen einer Ortsgemeinde im Zusammenhang mit dem Bau einer Hängeseilbrücke, insbesondere aus den Bau- und Planungskosten der Attraktion selbst sowie teilweise aus den Baukosten für ein Besucherzentrum und Kosten für Erstellung und Betrieb einer Internetseite.

Die Klägerin ist als Ortsgemeinde eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. In ihren Umsatzsteuererklärungen seit 2007 sowie der Streitjahre erklärte die Klägerin zunächst nur Umsätze land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nach § 24 UStG.

Im April 2010 fasste der Gemeinderat der Ortsgemeinde einen Grundsatzbeschluss zum Bau einer Hängeseilbrücke. Die Klägerin gab eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Mit der Hängeseilbrücke sollte der Tourismus in der Ortsgemeinde und deren Umgebung gefördert werden (Schreiben der Kreisverwaltung). Mit Antrag vom 20. September 2013 ersuchte die Klägerin um Fördermittel aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) zur Förderung des ländlichen Raumes (Antrag auf Förderung von Maßnahmen im Programm LEADER). Am 22. Dezember 2014 stellte die Klägerin einen Bauantrag zur Errichtung der Hängeseilbrücke. In der Gemeinderatssitzung vom … 2015 informierte der Ortsbürgermeister die Gemeinderatsmitglieder, dass mittlerweile eine Bewilligung des ersten LEADER-Antrages zur "Machbarkeitsstudie und Sicherungsmaßnahmen Besucherzentrum" sowie "Herstellen eines Busparkplatzes" vorliege. Der Gemeinderat fasste weiter den Beschluss, einen Besucherparkplatz zu bauen. Nach der Beschlussvorlage der Verbandsgemeindeverwaltung solle der Parkplatz dem geplanten Besucherzentrum, welches auf dem gleichen Grundstück eingerichtet werden solle, dienen. Den Parkplatz könnten die Besucher der geplanten Hängeseilbrücke nutzen. Nicht zuletzt solle "wildes Parken" innerhalb der Ortslage vermieden werden, um die Beeinträchtigung der Einwohnerinnen und Einwohner möglichst gering zu halten.

Am 26. Mai 2015 wurde mit dem Bau der Hängeseilbrücke begonnen und diese innerhalb eines halben Jahres fertiggestellt. In dem Schreiben vom … 2015 an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sah der Rechnungshof Rheinland-Pfalz die "Gesamtfinanzierung" der Hängeseilbrücke als nicht "gesichert" an und die Hängeseilbrücke stelle keine notwendige und wichtige Verbindung zwischen touristischen Zielen dar. Am … 2015 gab der Ortsbürgermeister in der Gemeinderatssitzung einen Rückblick auf das Eröffnungswochenende. Danach habe "insbesondere der große Ansturm der Autofahrer am letzten Wochenende" der Klägerin "die Schwachstellen gezeigt. Obwohl" die Klägerin "über fast 450 Parkplätze" verfüge, sei sie "überrannt" worden. "Gleichzeitig" sei der "Busparkplatz deutlich stärker genutzt" worden, "dort allerdings" könne die Klägerin "keine Gebühr erheben." Wenn die Klägerin "die Besucher und diejenigen, die im Ort falsch geparkt haben abgefangen und auf einen gebührenpflichtigen Platz geleitet hätte, wäre die Einnahme sicherlich deutlich höher ausgefallen." Die Klägerin habe "übrigens dennoch" bis zum Vorabend "6.000 € an Parkgebühren eingenommen".

In der Gemeinderatssitzung am 21. April 2016 beschloss der Gemeinderat, "wegen hohen Bedarfs den LEADER-geförderten Busparkplatz künftig als gebührenpflichtigen Parkplatz zu nutzen und falls erforderlich, die gewährten Fördermittel zurückzuerstatten". In der Gemeinderatssitzung am 19. Mai 2016 beschloss der Gemeinderat eine Gebührenordnung über Parkgebühren. Die Gebührenordnung vom … 2016 über die Festsetzung von Parkgebühren für die Ortsgemeinde wurde am … 2016 im Amtsblatt der Verbandsgemeinde veröffentlicht und trat am … 2016 in Kraft.

In der Gemeinderatssitzung vom … 2017 beschloss der Gemeinderat die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten, da "durch die vielfältigen Aktivitäten der Gemeinde ... eine Umsatzbesteuerung der Einnahmen und Ausgaben abzusehen" sei. Dies betreffe "vor allem die Einnahmen der Parkplätze, die sich ohne Gegenrechnung der in den Investitionen erhalten Umsatzsteuer um 19% reduzieren würden. Für diese "Gegenrechnung" sei "ein Aufarbeiten aller Ausgaben und Einnahmen der letzten drei Jahre, die in Bezug zu Hängeseilbrücke" stünden, "erforderlich, damit eine Umsatzsteuererklärung erstellt werden" könne.

Am 22. August 2017 reichte die Klägerin berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2013-2015 und die Umsatzsteuererklärung 2016 beim Beklagten ein und machte den Vorsteuerabzug aus den Eingangsumsätzen im Zusammenhang mit dem Bau einer Hängeseilbrücke, insbesondere aus den Bau- und Planungskosten der Hängeseilbrücke selbst sowie teilweise aus den Baukosten für ein Besucherzentrum und Kosten für Erstellun...

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