Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG 2002

 

Leitsatz (amtlich)

Die Höhe des Sonderbedarfs für ein auswärtig untergebrachtes volljähriges Kind in Berufsausbildung war für den VZ 2002 nicht als verfassungswidrig zu beanstanden. Denn die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des Existenzminimums des Kindes war durch das mit Wirkung zum 1. Januar 2002 erhöhte Kindergeld bereits bewirkt.

 

Normenkette

EStG 2002 § 33a Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.09.2008; Aktenzeichen III B 115/07)

BFH (Beschluss vom 29.09.2008; Aktenzeichen III B 115/07)

 

Tatbestand

In Streit ist, ob die Kläger als Eltern zweier sich in Ausbildung befindender Kinder über die erfolgte Gewährung eines Freibetrages zur Abgeltung des Sonderbedarfs der sich in (Berufs-) Ausbildung befindenden, volljährigen und auswärtig untergebrachten Tochter in Höhe von 924,-- € von Verfassungswegen Anspruch auf eine weitere steuerliche Entlastung haben.

Die Kläger sind Eheleute und wurden für den Veranlagungszeitraum 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger haben zwei Töchter, die im Streitjahr 2002 volljährig waren. Die Tochter A studierte in G, wo sie u. a. auch ihren Wohnsitz hatte. Die Tochter A war Mieterin einer von den Klägern im Jahr 2000 angeschafften Eigentumswohnung in G.. Die Jahresmiete betrug 1.740,-- €. Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verlust aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betrug 5.357,-- €. Die zweite Tochter B besuchte im Streitjahr das J-Gymnasium in L.

Nachdem der Beklagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30. Mai 2003 antragsgemäß veranlagt hatte, legten die Kläger hiergegen Einspruch ein. Sie beantragten nunmehr die Gewährung von zwei Ausbildungsfreibeträgen in Höhe von jeweils 1.236,-- € (2.400,-- DM wie im Jahr 2001) unter Aufrechnung des mit Wirkung zum 1. Januar 2002 um jeweils 16,-- € monatlich erhöhten Kindergeldes. Zur Begründung führten sie aus, dass sie durch das 2. Gesetz zur Familienförderung vom 16. August 2001 eine höhere Belastung von monatlich rd. 25,-- € erführen. Diese höhere Belastung sei auf den Wegfall des bisherigen Ausbildungsfreibetrages und die Umwandlung des Betreuungsfreibetrages in einen Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf trotz gleichzeitiger Erhöhung des Kindergeldes zurückzuführen. Da aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben eine verbesserte Berücksichtigung des Kinderbedarfs bewirkt werden müsse – in ihrem Fall jedoch eine monatliche Mehrbelastung eintrete -, sei das 2. Gesetz zur Familienförderung insoweit mit dem Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes –GG- und mit dem Schutz von Ehe und Familie aus Artikel 6 Abs. 1 GG unvereinbar.

Der Beklagte wies mit Entscheidung vom 9. Juli 2003 den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2002 – VZ 2002 – die Ausbildungskosten dem Grunde nach bereits in dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (§ 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 2002 –EStG 2002-) enthalten seien. Die beiden Freibeträge des § 33a Abs. 2 EStG (bis einschließlich VZ 2001) für Kinder unter 18 Jahren und Kinder über 18 Jahren, die jedoch nicht auswärts untergebracht seien, seien daher aufgehoben und der Ausbildungsfreibetrag gemäß § 33a Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG 2001 in Höhe von 2.148,-- € (= 4.200,-- DM) auf 924,-- € reduziert worden. Der Ausbildungsfreibetrag sei daher ab dem VZ 2002 nur noch für den Sonderbedarf des volljährigen, auswärtig untergebrachten Kindes bestimmt. Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes dienten dazu, über die reine Existenzsicherung hinausgehende Chancen einer beruflichen und damit u. a. auch wirtschaftlichen Entfaltung zu verschaffen. Der Steuerpflichtige sei nach bürgerlichem Unterhaltsrecht (§ 1610 des Bürgerlichen Gesetzbuches –BGB-) verpflichtet, seinen Kindern eine ihrer Neigung und Eignung entsprechende, möglicherweise besonders qualifizierte Ausbildung zu einem Beruf zu verschaffen. Es bestehe jedoch kein verfassungsrechtliches Gebot, dass das Einkommensteuerrecht das bürgerliche Unterhaltsrecht in dem Sinne abbilden müsse, dass jedwede bürgerlich-rechtlich bestehenden Unterhaltsverpflichtungen von den Einkünften vorab Steuer mindernd abgezogen werden könnten. Es bestehe somit von Verfassungswegen keine Verpflichtung des Steuergesetzgebers, die für Unterhaltszahlungen der Eltern an ihre Kinder benötigten Mittel auch insofern steuerfrei zu belassen, als sie gegebenenfalls über deren Existenzminimum hinausgingen. Der besondere Schutz der Familie aus Artikel 6 Abs. 1 GG verlange zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG- u. a., die Familie in ihrem wirtschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Daraus folge jedoch nicht, dass der Staat verpflichtet wäre, jegliche, die Familie treffende finanzielle Belastung auszugleichen (Hinweis auf die BVerfG-Beschlüsse vom 7. Mai 1968, 1 BvR 133/67, BVerfGE ...

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