Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, ob sog. außerorganschaftliche Mehrabführungen zu Gewinnausschüttungen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG führen

 

Leitsatz (amtlich)

Ergibt sich im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses eine Mehrabführung an den Organträger daraus, dass Tochtergesellschaften der Organgesellschaft auf diese verschmolzen werden und die übergehenden Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz der Organgesellschaft nach§ 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG mit den Buchwerten, in ihrer Handelsbilanz jedoch nach § 24 UmwG mit den Zeitwerten angesetzt werden, führt dieser Vorgang nicht zu einer Gewinnausschüttung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (entgegen Rn. Org.33 des Umwandlungssteuererlasses 2011).

 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1; UmwG § 24; UmwStG § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.02.2022; Aktenzeichen I R 51/19)

 

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz von Gewinnausschüttungen wegen sog. außerorganschaftlicher Mehrabführungen.

Die Klägerin ist eine börsennotierte Societas Europaea (SE) mit Sitz in K. Gegenstand ihres Unternehmens ist u.a. das Halten und Verwalten von Beteiligungen an anderen Gesellschaften des EDV-Bereichs, des Bereichs elektronischer Netze und des Bereichs des Gesundheitswesens.

Die Klägerin hält sämtliche Geschäftsanteile an der … Clinical Deutschland GmbH (im Folgenden: C). Zwischen der Klägerin als herrschender Gesellschaft und der C wurde mit Wirkung zum Wirtschaftsjahr 2007 ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen. Im Streitjahr 2008 erwirtschaftete die C einen von der Klägerin auszugleichenden Jahresfehlbetrag in Höhe von 4.161.845,35 €.

Die C war ihrerseits alleinige Gesellschafterin der s… Vertriebs- und Service GmbH (im Folgenden: T1) und der A AG (im Folgenden: T2). Zwischen der C und deren beiden Tochtergesellschaften T1 und T2 bestanden keine Gewinnabführungsverträge.

Mit notariellem Vertrag vom 28. August 2008 wurde die T1 zum 1. März 2008 auf die C verschmolzen. Der Verschmelzung lag die auf den 29. Februar 2008 erstellte Handelsbilanz der T1 zugrunde. Außerdem wurde die T2 mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 2008 zum 1. Oktober 2008 auf die C verschmolzen. Der Verschmelzung lag die auf den 30. September 2008 erstellte Handelsbilanz der T2 zugrunde.

Sowohl die T1 als auch die T2 beantragten, die bei der Verschmelzung übergehenden Wirtschaftsgüter in ihrer steuerlichen Schlussbilanz gemäß § 11 Abs. 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)mit dem Buchwert anzusetzen.

Die C als übernehmende Körperschaft aktivierte die von der T1 und der T2 auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter in ihrer Handelsbilanz zum 31. Dezember 2008 unter Aufdeckung der stillen Reserven. Nach Vornahme der Abschreibung verblieben folgende Ansätze:

T1

Software

187.549,53 €

Kundenstamm

1.227.232,41 €

Marke

241.417,91 €

Firmenwert

1.642.597,88 €

Summe

3.328.797,73 €

T2

Software

1.547.843,80 €

Kundenstamm

4.912.018,77 €

Marke

2.051.120,63 €

Firmenwert

811.361,56 €

Summe

9.322.344,76 €

In der Steuerbilanz der C zum 31. Dezember 2008 wurden die betreffenden Wirtschaftsgüter hingegen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG jeweils mit 0 € angesetzt.

Die sich aus der Differenz zwischen dem handelsbilanziellen und dem steuerbilanziellen Ansatz ergebende Mehrabführung in Höhe von insgesamt 12.651.142,49 € behandelte die Klägerin als organschaftlich im Sinne von § 14 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und bildete in ihrer Steuerbilanz einen besonderen passiven Ausgleichsposten in gleicher Höhe (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Bei der C wurde das Einlagekonto entsprechend gemindert (§ 27 Abs. 6 KStG).

In der Zeit von Mai 2013 bis Juli 2015 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung durchgeführt. Im Prüfungsbericht vom 16. Oktober 2015 ermittelte der Prüfer für das Streitjahr 2008 inländische Bezüge der Klägerin nach § 8b Abs. 1 KStG in Höhe von 12.651.142 €. Zur Begründung verwies er auf Feststellungen anlässlich einer parallel durchgeführten Außenprüfung bei der C, wonach es sich bei den durch die Verschmelzungen der T1 und der T2 auf die C und die damit verbundene Aufdeckung der stillen Reserven in der Handelsbilanz entstandenen Mehrabführungen nach Rn. Org 33 des BMF-Schreibens vom 11. November 2011 (Umwandlungssteuererlass 2011) um außer- bzw. vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen handele, die als Gewinnausschüttungen an den Organträger zu behandeln seien (Tz. 1.43 des Prüfungsberichts i.V.m. Tz. 1.27 des Berichts über die Außenprüfung bei der C vom 28. November 2014). Die Bildung des besonderen passiven Ausgleichspostens wurde dementsprechend wieder rückgängig gemacht. Der Ansatz des zusätzlichen Beteiligungsertrags führte bei der Klägerin nach § 8b Abs. 1, 5 KStG im Ergebnis zu einer Einkommenserhöhung in Höhe von 12.651.142 € x 5 v.H. = 632.557 €.

Den nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht zu berücksichtigenden Übernahmeverlust der C in Höhe von 12.107.806 € rechneten die Prüfer bei der Ermittlung ihres zu versteuernden Einkommens im Streitjahr 2008 außerbilanziell wieder hinzu (vgl. Anla...

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