Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht Deutschlands für nichtselbständige Einkünfte eines auch in Luxemburg tätigen Berufskraftfahrers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch dieKonsVerLUXV vom 9.7.2012 (BGBl I 2012, 1484) wurden die Regelungen zu Berufskraftfahrern in der Konsultationsvereinbarung zwischen Luxemburg und Deutschland vom 7.9.2011 (BStBl I 2011, 849) nicht rechtswirksam in innerstaatliches Recht überführt.

2. Zur Beseitigung von Schwierigkeiten bei Aufteilung des Arbeitslohns nach dem Tätigkeitsort (Art. 14 Abs. 1 DBA LUX) kann in Schätzungsfällen auf die Regelungen in der o.g. Konsultationsvereinbarung bzw. in § 7 Abs. 2 KonsVerLUXV hilfsweise zurückgegriffen werden.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1; AO § 2 Abs. 2; KonsVerLUXV § 7 Abs. 2; DBA LUX Art. 14 Abs. 1; GG Art. 80 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.06.2023; Aktenzeichen I R 43/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, mit welchem Anteil das Gehalt des Klägers in Deutschland zu versteuern ist.

Der verheiratete, im Inland wohnhafte Kläger war in den Streitjahren als Linienbusfahrer bei der Firma V mit Sitz in C/Luxemburg beschäftigt. Hieraus erzielte der mit seiner Ehefrau zusammenveranlagte Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Im Streitjahr 2015 betrug der Bruttoarbeitslohn 45.012,42 EUR. Darin waren enthalten Zuschläge für Nacht-, Feiertags- oder Sonntagsarbeit in Höhe von 1.147,49 EUR. In der Einkommensteuererklärung für 2015 erklärte der Kläger in der Anlage N (nach Abzug der Zuschläge) einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn von 10.556,74 EUR und einen steuerfreien Arbeitslohn aus Luxemburg, der dem Progressionsunterhalt unterliegt, i.H.v. 33.308,19 EUR. Zudem erklärte er Werbungskosten i.H.v. 8.356,90 EUR, wovon er 2.011,21 EUR dem inländischen Arbeitslohn und 6.345,69 EUR den Progressionseinkünften zuordnete. Der Kläger gab an, insgesamt 109.343 Minuten gearbeitet zu haben, wovon 26.315 Minuten (entspricht 24,07 %) auf seine Tätigkeit in Deutschland entfallen seien (Bl. 237 - 250 ESt-Akte 2015). Zum Nachweis legte er tägliche Dienstpläne vor (Bl. 3 - 235 ESt-Akte 2015).

Der Beklagte nahm hingegen anhand der eingereichten Unterlagen eine taggenaue Zuordnung wie folgt vor:

33 Arbeitstage ausschließlich Luxemburg

2 Arbeitstage ausschließlich Deutschland

198 Arbeitstage sowohl Deutschland als auch Luxemburg

Gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum (nachfolgend: KonsVerLUXV) vom 9. Juli 2012 (BStBl I 2012, 693) wies der Beklagte die Arbeitstage, an denen der Kläger sowohl in Deutschland als auch in Luxemburg tätig war, jeweils zu 50 % dem jeweiligen Land zu. Danach ergab sich für das Streitjahr 2015 folgende Verteilung: 56,65 % (132 Arbeitstage) Luxemburg und 43,35 % (101 Arbeitstage) Deutschland (Bl. 256 ESt-Akte 2015).

Im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 20. März 2017 (Bl. 269 f. ESt-Akte 2015) wurde der im Inland zu versteuernde Arbeitslohn mit 19.014 EUR und die darauf entfallenden Werbungskosten mit 3.623 EUR angesetzt; dem Progressionsvorbehalt wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 20.115 EUR unterworfen (24.850 EUR abzgl. Werbungskosten i.H.v. 4.735 EUR).

Mit Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 2017 wies der Beklagte den Einspruch das Streitjahr 2015 betreffend als unbegründet zurück.

Im Streitjahr 2016 betrug der Bruttoarbeitslohn 50.615,76 EUR. Darin waren enthalten Zuschläge für Nacht-, Feiertags- oder Sonntagsarbeit in Höhe von 1.807,19 EUR. In der am 22. November 2017 übermittelten Einkommensteuererklärung für 2016 erklärte der Kläger in der Anlage N (nach Abzug der Zuschläge) einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn von 22.564,28 EUR (46,23 %) und einen steuerfreien Arbeitslohn aus Luxemburg, der dem Progressionsunterhalt unterliegt, i.H.v. 26.244,29 EUR (53,77 %). Zudem erklärte er Werbungskosten i.H.v. 8.287,99 EUR, wovon er 3.831,54 EUR dem inländischen Arbeitslohn und 4.456,45 EUR den Progressionseinkünften zuordnete. Anhand monatlicher Arbeitsauflistungen (Angabe Einsatzort "D-L" bzw. "Luxemburg") wurde vom Steuerberater eine taggenaue Zuordnung wie folgt vorgenommen (vgl. Bl. 5 - 11 ESt-Akte 2016):

19 Arbeitstage ausschließlich Luxemburg

233 Arbeitstage sowohl Deutschland als auch Luxemburg

Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß mit Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 11. Dezember 2017 (Bl. 15 - 18 ESt-Akte 2016).

Bereits am 4. Dezember 2017 hatte der Kläger eine geänderte Einkommensteuererklärung übermittelt, in der er einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn von 8.050 EUR (hierzu Werbungskosten i.H.v. 1.367 EUR) und einen steuerfreien Arbeitslohn aus Luxemburg, der dem Progressionsvorbehalt unterliegt, i.H.v. 40.758 EUR (hierzu Werbungskosten i.H.v. 6.922 EUR) erklärte (vgl. Bl. 1a ff. hinter Fach geänd. Erkl.; Ermittlung nach Minuten vgl. Bl. 5 f.). Der Kläger gab an, insgesamt 120.960 Minuten gearbeitet zu haben, wovon 19.951 Minuten (entspricht 16,49 %) ...

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