Revision eingelegt (BFH I R 45/22)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansatz fiktiver Aufschlagssätze bei Gewinnermittlung nach Fremdvergleichsgrundsätzen Vorrang der Vorschriften des AStG vor dem BsGaV

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist der Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschriften des AStG zum Fremdvergleichsgrundsatz nicht gegeben, kommt auch eine Anwendung der BsGaV nicht in Betracht.

2. Ein möglicher Ansatz fiktiver Aufschlagsätze in Bezug auf die Leistungsbeziehungen zwischen einer ausländischen Muttergesellschaft und der inländischen Betriebsstätte ist den Vorschriften des AStG nicht zu entnehmen.

 

Normenkette

AStG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; BsGaV § 32

 

Tatbestand

Streitig ist die Besteuerung der inländischen Betriebsstätte einer ungarischen Kapitalgesellschaft.

Die Klägerin ist eine im ungarischen Handelsregister eingetragene Kapitalgesellschaft ungarischen Rechts (Korlátolt Felelösségü Társaság - Kft. -), einer Gesellschaftsform, die der deutschen GmbH entspricht, mit Sitz und Geschäftsleitung in Ungarn. Sie unterhielt im Streitjahr 2017 in Deutschland eine Betriebsstätte und erbrachte Werkvertragsleistungen im Bereich der Montage. Aktenkundig sind Dienstleistungsverträge mit der Fa. X AG vom xx.xx.2009 sowie mit der Fa. Y GmbH vom xx.xx.2009. Zum 31.08.2020 erfolgte die Gewerbeabmeldung für die inländische Betriebsstätte.

Dem in der Körperschaftsteuererklärung für 2017 erklärten Gewinn folgte das Finanzamt im Rahmen des Veranlagungsverfahrens nicht. Unter Verweis auf § 32 BsGaV ging es hinsichtlich der inländischen Betriebsstätte von einer Routinebetriebsstätte aus und ermittelte den Gewinn 2017 in der Weise, dass es aus den Betriebsausgaben (Materialaufwand 84.662 €, Personalaufwand 911.892 € und sonstige betriebliche Aufwendungen 240.777 €) unter Ansatz eines Aufschlagsatzes von 10% einen Gewinn in Höhe von 123.733 € errechnete.

Diesen Gewinn legte das Finanzamt den Bescheiden vom 12.04.2019 für 2017 zugrunde.

Hiergegen legte die Klägerin am 29.04.2019 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 24.11.2020 änderte das Finanzamt die Bescheide dahingehend ab, dass es den Aufschlagsatz auf 5% der Personalkosten (911.892 €) und sonstigen betrieblichen Aufwendungen (240.777 €) reduzierte und somit für 2017 einen Jahresüberschuss in Höhe von 57.633 € ansetzte; der Materialaufwand fand keine Berücksichtigung mehr. An der Einschätzung, dass es sich nach dem Gesamtbild der Betriebsstätte um eine Routinebetriebsstätte gehandelt habe, hielt das Finanzamt fest.

Die Körperschaftsteuer 2017 setzte das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung auf 8.644 € und den Gewerbesteuermessbetrag 2017 auf 0 € herab, den vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte es auf den 31.12.2017 auf 24.009 € fest; im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht am 22.12.2020 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, der Anwendungsbereich des AStG sei nicht eröffnet, da die Klägerin keine Gewinne nach Ungarn verlagert habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die angefochtenen Bescheide und die Einspruchsentscheidung vom 24.11.2020 dahingehend zu ändern, dass ein Gewinn aus Gewerbebetrieb von 13.565 € angesetzt wird.

Das Finanzamt hat unter Verweis auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Klageabweisung beantragt.

Hilfsweise haben die Beteiligten für den Fall des Unterliegens die Zulassung der Revision beantragt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Finanzgerichtsakte, die dem Gericht vorliegenden Akten des Finanzamts und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.09.2022 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Bestimmungen der BsGaV kommen nicht zur Anwendung, da deren Anwendungsbereich im Streitfall nicht eröffnet ist.

Die BsGaV ist eine Rechtsverordnung i.S. des Art. 80 GG, zu dessen Erlass das Bundesministerium der Finanzen gemäß § 1 Abs. 6 AStG ermächtigt wurde. Mit der Rechtsverordnung sind Einzelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes im Sinne der Absätze 1, 3 bis 3c und5 des § 1 AStG und Einzelheiten zu dessen einheitlicher Anwendung geregelt und werden Grundsätze zur Bestimmung des Dotationskapitals im Sinne des Absatzes 5 Satz 3 Nr. 4 festgelegt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG gilt: Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise), zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären.

Diese Vorschrift findet gemäß § 1 Abs. 5 AStG entsprechende Anwendung, wenn für eine Geschäftsbeziehung im Sinne des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 2 die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen e...

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