Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes i.H. von 6%

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Zinssatz in Höhe von 6% gemäß § 238 AO ist auch angesichts der Marktzinsen jedenfalls für Zeiträume bis Juni 2012 verfassungsgemäß.

 

Normenkette

AO § 238

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.11.2022; Aktenzeichen VII R 23/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

Der Kläger war seit der Gründung der A GmbH (im Folgenden GmbH) im November 2002 bis zum 23.04.2012 deren alleiniger Geschäftsführer und an dieser zu 90 % beteiligt. Die übrigen 10 % der Gesellschaftsanteile hielt sein Enkelsohn, Herr A 2.

Der faktische Geschäftsführer war – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – Herr A 3, der Sohn des Klägers, der formal als Prokurist der GmbH im Streitzeitraum angestellt war.

Mit Abtreten des Klägers von seiner Tätigkeit als Geschäftsführer am 00.00.2012 hat Herr A 2 die Geschäftsführung der GmbH übernommen.

Über das Vermögen der GmbH ist im Jahr 2013 auf Antrag des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az. 00IN 00/13 beim Amtsgericht – Insolvenzgericht –).

Die Steuerfahndung L führte ab dem Jahr 2010 bei der GmbH eine Fahndungsprüfung durch. Diese kam zu dem Ergebnis, dass durch den Kläger und dessen Sohn erhebliche steuerliche Verkürzungen im Zeitraum vom 19.03.2007 bis zum 11.07.2011 bewirkt worden seien. Der Kläger soll im Zusammenwirken mit seinem Sohn die Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008, die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2004 bis 2008 sowie die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2010 und die Quartale I und II des Jahres 2011 veranlasst haben. Für das Kalenderjahr 2009 habe der Kläger entgegen der ihm bekannten Verpflichtung keine Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuerjahreserklärungen eingereicht, obwohl tatsächlich steuerpflichtige Umsätze und Erlöse erzielt worden seien. In diesem Zeitraum habe der Kläger in Kenntnis aller Umstände zumindest geduldet, dass sein Sohn als faktischer Geschäftsführer in der Absicht, höhere steuermindernde Betriebsausgaben der von dem Kläger vertretenen Gesellschaft geltend zu machen, 67 Scheinrechnungen der tatsächlich nicht existenten Firmen „U 1”, „U 2” und „U 3” und 34 beleglose Buchungen zu Gunsten des U 1 für angebliche Wareneinkäufe sowie Zerlege- und Sortierarbeiten in die Buchführung der GmbH eingestellt und zur Grundlage seiner jeweiligen Jahressteuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen gemacht hat. Tatsächlich hätten diesen Rechnungen jedoch keinerlei reale Leistungen zu Grunde gelegen. Insgesamt seien hierdurch Steuern in Höhe von insgesamt X € verkürzt worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Fahndungsbericht vom 00.00.2012 Bezug genommen.

Das gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung eingeleitete Strafverfahren (geführt durch die Staatsanwaltschaft S (Az. Kls – Js 000/12)) wurde gegen Zahlung einer Geldauflage i. H. v. X € auf der Grundlage von § 153a Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) im Jahr 2013 endgültig eingestellt worden. Der Sohn des Klägers ist wegen Steuerhinterziehung und weiterer Delikte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Strafverfahren hat er eingeräumt, dass es sich bei den bei der GmbH eingebuchten oben beschriebenen Rechnungen um „Scheinrechnungen” gehandelt habe.

Auch Herr U 1, ein Pizzabäcker, ist am 00.00.2013 wegen Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden (Az. KLs – Js 000/12 (Landgericht S)). Ausweislich der Urteilsgründe hat er gestanden, auf Veranlassung des Sohnes des Klägers und mit dessen inhaltlichen Vorgaben unter der Firmierung „U 2” und „R” insgesamt 67 an die GmbH gerichtete Scheinrechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer über angeblich erfolgte Lieferungen, Verkäufe und Dienstleistungen ausgestellt zu haben. Der Sohn des Klägers sei häufig Gast in seiner Pizzeria gewesen und habe dort das Schreiben der Scheinrechnungen veranlasst. Als Gegenleistung habe er – Herr U – lediglich ab und an höhere Trinkgelder erhalten. Tatsächlich hätten die Firmen „U 2” und „R” nicht existiert. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe und die Feststellungen des Landgerichts S Bezug genommen.

Der Beklagte schloss sich den Feststellungen der Steuerfahndung L an und erließ am 30.04.2012 entsprechende Änderungsbescheide gegenüber der GmbH. Diese Änderungsbescheide sind vom nachfolgenden Geschäftsführer der GmbH, Herrn A 2, nicht angefochten worden und in Bestandskraft erwachsen.

Der Beklagte erließ am 19.03.2014 gegenüber dem Kläger einen auf §§ 191, 69, 71 der Abgabenordnung (AO) gestützten Haftungsbescheid und forderte ihn zur Zahlung eines Haftungsbetrages i. H. v. insgesamt X € auf. Als Haftungszeitraum wurde ein Zeitraum vom 30.10.2005 bis zum 24.03.2012 angegeben. Die Haftungsschulden umfassten sämtliche von der GmbH...

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