Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus Kapitalvermögen aus einem zwischen Angehörigen geschlossenen Darlehensvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein unbesichertes Darlehen zwischen Angehörigen widerspricht dem Fremdvergleich und bleibt steuerlich unberücksichtigt, wenn der Kreditnehmer (Sohn) selbst kein nicht in der Lage war, eine Einlage in die KapG zu leisten und von Dritter Seite keine Kreditmittel bewilligt bekommen hätte.

2) Eine Bestimmung, nach der der Kreditgeber (Vater) „auf jederzeit mögliches Verlangen Sicherheiten in Höhe der valutierenden Darlehenssumme zu stellen habe”, ist zu unbestimmt, um als echte bankübliche und damit fremdübliche Besicherung gewertet werden zu können.

3) Dass die refinanzierende Bank keine gesonderten Sicherheiten fordert, ist unerheblich, sofern die wirtschaftliche Einkommens- und Vermögenssituation von Vater und Sohn nicht vergleichbar sind.

4) Die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kann widerlegt werden, wenn ein positives Ergebnis aus einer Kapitalanlage in Form laufender Kapitalerträge oder Gewinne von vornherein wirtschaftlich ausgeschlossen erscheint.

 

Normenkette

EStG §§ 2, 20

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide betreffend die Jahre 2017 und 2018 und dabei insbesondere über den Ansatz von Einkünften aus Kapitalvermögen.

Die Kläger, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden, erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (die Klägerin), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Renteneinkünfte (der Kläger). Die Veranlagungen der Streitjahre erfolgte zunächst (mit geringen Abweichungen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb) antragsgemäß.

Der Sohn der Kläger war in den Streitjahren Anteilseigner der R GmbH. Aufgrund von Liquiditätsproblemen dieser GmbH beabsichtigte ihr Sohn, Zahlungen in die Rücklagen der GmbH zu leisten. Da er selbst nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügte, hat der Kläger seinem Sohn mit Darlehensvertrag vom 30.09.2017 einen Betrag in Höhe von 100.000,00 € zur Verfügung gestellt. Der Kläger refinanzierte diesen Betrag wiederum über ein bei der Bank B aufgenommenes Darlehen. Der Zinssatz betrug in beiden Darlehensverträgen 2,5% per annum. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und seinem Sohn vom 30.09.2017 (Bl. 31, 32 des Rechtsbehelfsordners) sowie dem Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Bank B vom 30.10.2017 (Bl. 26 bis 30 des Rechtsbehelfsordners) Bezug genommen.

Die Kläger erklärten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Über eine Kontrollmitteilung erhielt der Beklagte Kenntnis darüber, dass der Kläger Kapitaleinkünfte nach § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgrund der Gewährung eines Darlehens an seinen Sohn erzielt haben solle.

Der Beklagte wertete die Kontrollmitteilung aus und erließ am 04.11.2019 einen Änderungsbescheid für die Einkommensteuer betreffend das Jahr 2017, in dem Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 625,00 € angesetzt wurden und führte für die Einkommensteuer für das Jahr 2018 erstmalig eine Veranlagung durch, bei der Zinsen in Höhe von 2.500,00 € als Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurden. Dabei unterwarf der Beklagte diese Einkünfte in beiden Streitjahren der Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 25%.

Die hiergegen jeweils am 05.11.2019 eingelegten Einsprüche begründeten die Kläger damit, dass die Besteuerung der Zinsen nach dem Teileinkünfteverfahren zu erfolgen habe und Werbungkosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen seien. Aufgrund des Näheverhältnisses zwischen Vater und Sohn habe nämlich eine Besteuerung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG nach der tariflichen Einkommensteuer zu erfolgen, die damit einen Werbungskostenabzug zulasse.

Den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 änderte der Beklagte am 14.05.2020 aus anderen – nicht streitigen – Gründen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 15.05.2020 fasste der Beklagte die Einsprüche zu einer Entscheidung zusammen und wies diese als unbegründet zurück. Durch die Hingabe des Darlehens in Höhe von 100.000,00 € zu einem Zinssatz von 2,5% pro Jahr an den Sohn habe der Kläger in den Streitjahren Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erzielt. Das Darlehen sei dem Sohn zu fremdüblichen Konditionen gegeben worden. Die Refinanzierung des Darlehens bei der Bank B sei durch den Kläger zu gleichen Konditionen aufgenommen worden, wie es anschließend an den Sohn weitergeleitet worden sei. Darlehenshöhe und Zinssatz seien identisch gewesen. Laut § 4 des Darlehensvertrages vom 30.09.2017 habe sich der Kläger die Option eingeräumt, einen möglichen Verlust des Darlehens absichern zu lassen. Ob der Kläger dies aufgrund der Familienangehörigkeit tatsächlich einfordern würde, sei unerheblich. Durch die Möglichkeit der Sicherung sei das Risiko des Ausfalls des Darlehens mini...

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