Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückstellung bei drohender Haftungsinanspruchnahme für KSt-Schulden im Organschaftsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für eine drohende Haftungsinanspruchnahme für Körperschaftsteuerschulden der Organträgerin nach § 73 AO darf die Organgesellschaft eine Rückstellung bilden.

2) § 10 Nr. 2 KStG steht der Bildung einer Rückstellung nicht entgegen.

3) Die Aufwendungen der Organgesellschaft aus der Haftungsinanspruchnahme sind vgA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1; KStG § 10 Nr. 2, § 8 Abs. 3 S. 2; AO § 73

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.2018; Aktenzeichen I R 78/16)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Haftungsschulden der Klägerin aufgrund einer Inanspruchnahme gemäß § 73 der Abgabenordnung (AO) für Körperschaftsteuerschulden ihrer Organträgerin gemäß § 10 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nicht abziehbar sind oder zu verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) führen.

Zwischen der Klägerin, der damaligen A mbH, als Organgesellschaft und der B AG (Organträgerin, zuvor firmierend unter C AG) bestand seit dem …1990 bis zum 31.12.2000 eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Im Jahr 2005 wurden die Geschäftsanteile der Klägerin an andere Gesellschafter veräußert. Über das Vermögen der B AG wurde am …2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Bei der B AG hatte sich durch die Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 1999 und dem darauf ergangenen Erstbescheid sowie einem nachfolgenden Änderungsbescheid zunächst eine Erstattung i.H.v. … € Körperschaftsteuer und i.H.v. … € Solidaritätszuschlag ergeben. Nach mehreren Änderungen erfolgte letztlich am 23.04.2010 eine Berechnung der Körperschaftsteuer 1999 mit … € (nebst … € Solidaritätszuschlag), von denen am 09.06.2010 noch … € Körperschaftsteuer (nebst … € Solidaritätszuschlag) rückständig waren. Für das Jahr 2000 ergab sich bei der B AG zunächst eine Erstattung i.H.v. … € Körperschaftsteuer und … € Solidaritätszuschlag. Nach mehreren Änderungen erfolgte letztlich am 23.04.2010 eine Berechnung der Körperschaftsteuer 2000 mit ./. … €. Der rückständige Körperschaftsteuerbetrag 2000 zum 09.06.2010 betrug … €. Bezüglich des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer 2000 war zum letztgenannten Termin kein Rückstand vorhanden.

Durch Schreiben vom 14.10.2009 teilte das Finanzamt (FA) D der Klägerin mit, dass eine Haftungsinanspruchnahme nach § 73 AO beabsichtigt sei. Die Klägerin machte daraufhin in ihrer Stellungnahme vom 02.11.2009 geltend, die Haftung müsse auf die in ihrem Betrieb verursachte Körperschaftsteuer begrenzt werden. Bei Ermittlung der Körperschaftsteuer auf ihrer Ebene (d.h. bei der Klägerin auf Stand-alone Basis) wäre bezogen auf die Jahre 1999 und 2000 keine Körperschaftsteuer angefallen, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr 1999 (in € umgerechnet) ./. 1.006.016 € und im Jahr 2000 557.382 € (Einkommen nach Verlustvortrag somit ./. 448.634 €) betragen habe.

Am 09.06.2010 trafen das FA D (als das für die Besteuerung der B AG i.L. zuständige FA) und die Klägerin eine „Tatsächliche Verständigung” (u.a.) über die Haftung der Klägerin für rückständige Körperschaftsteuer 1999 bis 2000 der B AG i.L. Die Haftung sollte danach 0 € für die Körperschaftsteuer 1999 betragen (weil es sich um ein Verlustjahr gehandelt habe) und 218.558 € für die Körperschaftsteuer 2000. Ausweislich des Protokolls über diese tatsächliche Verständigung, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, wurde ein der Organträgerin zugerechnetes Einkommen der Klägerin für den Veranlagungszeitraum 1999 i.H.v. ./. 1.006.016 € (Verlust) und für den VZ 2000 i.H.v. 557.383 € (Gewinn) zugrunde gelegt. Zur Bestimmung des (quotalen) Haftungsmaßstabs nach § 73 AO ging das FA D … davon aus, dass die Haftung der jeweiligen Organgesellschaft regelmäßig auf diejenigen Steuern zu begrenzen sei, die durch diese Organgesellschaft höchstens veranlasst seien. Der Haftungsanteil einer Organgesellschaft an der rückständigen Steuer eines Veranlagungszeitraums werde unter Veranlassungsgesichtspunkten grundsätzlich durch den Anteil ihres Einkommens an der Summe der positiven Organeinkommen bestimmt. Soweit im Rahmen der Steuerfestsetzung/-berechnung eines Veranlagungszeitraums bei dem Organträger ein Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werde, mindere dieser vorrangig das positive Organeinkommen der Organgesellschaften, die in vorherigen Veranlagungszeiträumen ein negatives Organeinkommen erwirtschaftet hätten, das in den Verlustvortrag eingeflossen sei. Nachfolgend erging ein entsprechender Haftungsbescheid vom 17.06.2010 mit Ergänzung durch Schreiben des FA D vom 01.07.2010.

In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2009 bildete die Klägerin wegen der drohenden Haftungsinanspruchnahme gem. § 73 AO eine Rückstellung i.H.v. 220.000 €. In dem Anschreiben zu ihrer Körperschaftsteuererklärung 2009 wies sie ausdrücklich darau...

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