Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung unter Widerrufsvorbehalt. Abgrenzung gewerbliche/freiberufliche Tätigkeit bei Unternehmensberatung. Einkommensteuer 1997, 1998, 1999 und 2000. Umsatzsteuer 1997, 1998, 1999 und 2000. Gewerbesteuermessbetrag 1997, 1998, 1999 und 2000

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Beifügung eines Widerrufsvorbehalts in einer Aussetzungsverfügung bedeutet keine teilweise Ablehnung eines AdV-Antrags, weil die aufschiebende Wirkung bis zu seinem Widerruf erhalten bleibt.

2. Ein dem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts ähnlicher Beruf liegt nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt. Ob dies der Fall ist, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 4 S. 1

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der als Marketingberater tätige Antragsteller Einkünfte aus freiberuflicher oder aus gewerblicher Tätigkeit erzielt, ob er Zahlungen an die liechtensteinische Firma Interrent AG als Betriebsausgaben abziehen kann und ob die Steuerfestsetzung hinsichtlich weiterer Betriebsausgaben sowie der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen zutreffend erfolgt ist.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 26.09.2002 (Nr. A 48/2000) und vom 30.09.2002 (Nr. A 66/2000), den Bericht der Oberfinanzdirektion München über die Prüfung der Auslandsbeziehungen vom 11.06.2002, den Fahndungsprüfungsbericht vom 10.12.2002 (ABNr. 381/01), die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der Bescheide vom 14.09.2003 über Einkommensteuer nebst Zinsen und Solidaritätszuschlag, über Umsatzsteuer nebst Zinsen und über Gewerbesteuermessbetrag für 1997 bis 2000 jeweils in voller Höhe, notfalls auch gegen Stellung einer Sicherheit bis zu 300.000 EUR, wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt, den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag in Sachen Gewerbesteuermessbetrag 1997 bis 2000 ist unzulässig.

1.1 Insoweit sind die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht erfüllt, weil das Finanzamt die Vollziehung der angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide bereits vor Stellung des Antrags bei Gericht ausgesetzt hat. Die Beifügung eines Widerrufsvorbehalts bedeutet keine teilweise Ablehnung des Antrags (§ 69 Abs. 4 Satz 1 FGO), weil die aufschiebende Wirkung bis zu einem etwaigen Widerruf erhalten bleibt (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BStBl II 2000, 536, m.w.N.).

1.2 Im Übrigen ist auch in der Sache nicht ernstlich zweifelhaft i.S. des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 FGO, dass der Antragsteller in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterhielt und nicht als beratender Betriebswirt i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder in einem ähnlichen Beruf freiberuflich tätig war.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH übt derjenige den Beruf des beratenden Betriebswirts i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft – und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten – vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und tatsächlich einsetzt. Diesem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entsprechend liegt ein „ähnlicher Beruf” nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt. Verfügt der Steuerpflichtige nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule (Diplom), Fachhochschule (Diplom/graduierter Betriebswirt) oder Fachschule (staatlich geprüfter Betriebswirt), muss er eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen. Diesen Nachweis kann der Autodidakt durch Belege über eine erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, anhand praktischer Arbeiten oder durch eine Art Wissensprüfung führen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 26.06.2002 IV R 56/00, BStBl II 2002, 1522, und vom 19.09.2002 IV R 74/00, BStBl II 2003, 27, jeweils m.w.N.). Eine Ausnahme hinsichtlich der Breite der Ausbildung hat die Rechtsprechung lediglich für einen Diplom-Wirtschaftsingenieur und auch nur im Hinblick darauf zugelassen, dass auch dessen Tätigkeitsbereich als Ingenieur unter die Katalogberufe fällt (BFH-Urteil vom 28.08.2003 IV R 21/0...

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