Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfeleistung in Steuersachen durch Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Wer als in England und Wales registrierte Limited mit Niederlassungen in Belgien und den Niederlanden, handelnd durch einen director, im Inland nicht nur einzelne, sondern mehrere Steuerpflichtige an verschiedenen Orten dauerhaft berät und in einer Vielzahl von Verfahren vertritt, ist nicht nur vorübergehend im Inland tätig. Er ist daher nicht nach § 3a Abs. 1 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt.

2) Dieses gilt auch, wenn sämtliche Tätigkeiten "vom EU-Ausland aus" erbracht werden.

3) § 3a Abs. 1 StBerG verstößt nicht gegen Unionsrecht.

 

Normenkette

AO § 80 Abs. 5; AEUV Art. 57; StBerG § 3a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.02.2013; Aktenzeichen II R 35/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zu Recht als Bevollmächtigte nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin ist eine in England und Wales registrierte Limited mit Sitz in A. Sie hat Niederlassungen in B (Niederlande) und C (Belgien) und wird nach den vorliegenden Schriftsätzen von ihrem Director D vertreten. Zu ihrem Tätigkeitsgebiet zählt u.a. die Steuerberatung. Mit diesem Firmenzweck ist sie in das niederländische Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin tritt im Bezirk des Finanzgerichts Köln in einer Vielzahl von Verfahren als Prozessbevollmächtigte auf. Sie ist in Deutschland nicht gemäß § 32 Abs. 3 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft im Sinne des § 49 StBerG anerkannt. Der „Director” ist in Deutschland nicht als Steuerberater bestellt. Die ursprüngliche Bestellung von Herrn D wurde im Jahr 2000 gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls durch das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen widerrufen. Die dagegen erhobene Klage sowie eine daraufhin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos (vgl. BFH-Beschluss vom 01.08.2002 VII B 35/02, BFH/NV 2002, 1499). Eine hiergegen eingereichte Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen. (vgl. BVerfG-Beschluss vom 4.12.2002 1 BvR 2046/02, Juris). Im Anschluss an die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wurde Herr D aus dem Berufsregister der zuständigen Steuerberaterkammer gelöscht.

Die Klägerin trat im Besteuerungsverfahren der Frau E auf. Sie legte mit Schreiben vom 26.11.2007 Einspruch gegen den Einheitswertbescheid und den Grundsteuermessbescheid auf den 01.01.2007 ein. Mit Bescheid vom 9. Januar 2008 wurde die Klägerin nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen. Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde die Mandantin der Klägerin über die Zurückweisung in Kenntnis gesetzt.

Gegen die Zurückweisung erhob die Klägerin mit Klageschrift vom 15.Februar 2008 Sprungklage, der der Beklagte die Zustimmung verweigerte. Das Verfahren ging daraufhin als Einspruchsverfahren an den Beklagten zurück. Über den Einspruch entschied der Beklagte mit Entscheidung vom 27. November 2008 und wies ihn zurück. Für Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung in vollem Umfang Bezug genommen.

Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 29. Dezember 2008, am 30. Dezember bei Gericht eingegangen, die vorliegende Klage.

Diese wird wie folgt begründet:

Die Zurückweisung sei wie bereits eine Vielzahl vorangehender Zurückweisungen zu Unrecht erfolgt. Auch die Finanzgerichtsbarkeit sei bereits seit Jahren mit diesen Fällen befasst. Leider werde in allen Fällen ignoriert, dass die Klägerin im Rahmen des Art. 49 EGV als Dienstleister grenzüberschreitend tätig werde. Es handele sich im Rahmen des Sprachgebrauchs des EuGH um eine „Leistung von Diensten zwischen Mitgliedstaaten”, die durch nationale Gesetze nicht erschwert werden dürfe.

Die Klägerin könne auch nicht mit ihrem Director „in einen Topf geworfen werden”. Selbst der BFH habe dies bereits als unzulässig angesehen.

Die Frage, ob Niederlassungsrecht zur Anwendung komme, stelle sich erst, wenn der Dienstleister zur Erbringung der Dienstleistung die Grenze überschreite. Maßgebende Kriterien seien dann „Dauer, Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und Kontinuität”. Ein physischer Grenzübertritt sei bisher aber niemals erfolgt, so dass die Dienstleistung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV erbracht werde.

Diese eindeutigen Erkenntnisse würden sowohl vom Beklagten wie auch vom Gericht ignoriert. Es gebe sogar zentral gesteuerte Zurückweisungskampagnen gegen die Klägerin.

Zum Nachweis ihres Vortrags legt die Klägerin ihrer Klage eine Reihe von Schreiben der EU-Kommission in Verfahren bei, die nicht konkret die Klägerin selbst betreffen (vgl. Bl. 25 bis 31 der Akte).

Am Tag der mündlichen Verhandlung erreichte das Gericht ein Schreiben der Klägerin, in dem sie ankündigt, an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen zu wollen, jedoch alle bereits gestellten Anträge aufrecht erhalten zu wollen. Sie teilte mit, dass eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen worden sei und auf Anforderung auch dem FG Niedersachsen vorgele...

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