Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlerische oder gewerbliche Tätigkeit einer Visagistin

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Visagistin, die für Modejournale oder gewerbliche Auftraggeber Fotomodelle für Fotoaufnahmen schminkt und frisiert, dabei im Team bestehend aus Fotograf und Modestylisten zusammenwirkt, ohne bei ihrer Arbeit konkreten Weisungen bezüglich Schmink- und Frisierstylings zu unterliegen, kann eine künstlerische Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausüben. Für die Einstufung der Tätigkeit aus künstlerisch ist erforderlich, dass die Arbeit nicht bloß das Produkt handwerksmäßig erlernt bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellt, dass der Visagistin im Rahmen des von den Auftraggebern vorgegebenen Rahmens Raum für eine eigenschöpferische Tätigkeit verbleibt und die Werke den Stempel ihrer Persönlichkeit tragen.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Einkommensteuerbescheide … in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … und der … die Einkommensteuerbescheide … und vom … für den Einkommensteuerbescheid … werden geändert und die Einkommensteuer … auf … DM, … auf … auf … festgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin in den Streitjahren künstlerische oder gewerbliche Tätigkeit entfaltet hat.

Die … geborene Klägerin absolvierte nach dem Besuch der Haupt- und Handelsschule eine Friseurlehre und besuchte anschließend eine private Fachschule für Kosmetik in Hamburg. Nach einer vierjährigen Tätigkeit in einem Friseursalon von … bis … bestand sie … die Eignungsprüfung … für die Ausbildung zur Maskenbildnerin. Dieses Ausbildungsverhältnis brach die Klägerin jedoch nach wenigen Monaten wieder ab. In der Folgezeit war sie als Visagistin und Friseurin tätig, seit dem … übt sie diese Tätigkeit selbständig aus.

Gegenstand ihrer Tätigkeit ist es, für Modejournale oder gewerbliche Auftraggeber Fotomodelle für die Fotoaufnahmen zu schminken und zu frisieren. Sie wirkt dabei im Team, bestehend aus Fotograf und Modestylisten zusammen, ohne bei ihrer Arbeit konkreten Weisungen bezüglich Schmink- und Frisierstylings zu unterliegen. Ihr wird lediglich vom Auftraggeber das Thema der Aufnahme vorgegeben sowie ein bestimmtes Model zur Verfügung gestellt, das sie dann in freier Gestaltung für das Thema der Aufnahme herrichtet.

Für … und … setzte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin erklärungsgemäß als solche aus selbständiger Tätigkeit fest, ebenfalls für …, allerdings unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO. Mit Schreiben vom … teilte der Beklagte mit, daß nunmehr die Auffassung vertreten werde, daß es sich nicht um künstlerische, sondern um handwerkliche Tätigkeit handele und daß beabsichtigt sei, … die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb der Besteuerung zu unterwerfen. Dementsprechend änderte der Beklagte auch für … unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit ESt-Bescheid vom … den ursprünglichen Bescheid und legte nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM und für … mit Bescheid vom … Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM der Besteuerung zugrunde. Gegen beide ESt-Bescheide legte die Klägerin unter dem … Einspruch ein. Gegen den Einkommensteuerbescheid … – erneut zur Post gegeben am … bei dem wiederum Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM berücksichtigt worden waren, legte die Klägerin unter dem … Einspruch ein. Ferner legte Sie gegen die gegen sie ergangenen Gewerbe- und Umsatzsteuerbescheide Einspruch ein, diese Verfahren ruhen gemäß § 363 Abs. 2 AO.

In den Streitjahren konnte eine Klärung der streitigen Frage, ob die Klägerin künstlerisch tätig ist, zwischen den Beteiligten nicht herbeigeführt werden; insbesondere gelang es weder der Klägerin noch dem Beklagten, einen geeigneten Gutachter für die Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin zu finden.

Nachdem die Klägerin verschiedene Arbeitsproben vorgelegt hatte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … sämtliche Einsprüche zurück, weil die Klägerin nicht künstlerisch, sondern handwerklich und damit gewerblich tätig gewesen sei.

Mit der am … bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Qualifizierung ihrer Tätigkeit als freiberufliche Künstlerin weiter.

Sie ist der Ansicht, sie erfülle alle Kriterien, die an die künstlerische Tätigkeit gestellt würden: Ihre Arbeit als Visagistin am Model, dessen Gesicht sie schminke und dessen Haar sie style, sei ein schöpferisch intuitiver Akt, bei dem sie sich kreativ mit den gestellten Themen auseinandersetze und an Vorgaben nicht gebunden sei. Sie beziehe die persönliche Austrahlung des Models und die Stimmung des Aufnahmesujets in ihre Arbeit ein und gestalte daraus in einem individuellen und eig...

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