Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfuhrerstattung: Einhaltung der EG-Tierschutzverordnung beim Transport von Zuchtrindern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von lebenden Tieren setzt die Einhaltung der Vorschriften zum Schutz der Tiere während des Transports voraus. Die erste Entladung der Tiere im Bestimmungsdrittland ist zu kontrollieren, wenn das Transportmittel zwischen dem Ort, an dem die Kontrolle nach Art. 2 Verordnung Nr.615/98 vorzunehmen ist, und den Ort der Entladung im Bestimmungsdrittland gewechselt wurde. Eine Kontrolle, die etwa erst zwei Monate nach Ankunft und Entladung der Tiere im Bestimmungsdrittland durchgeführt wird, kann nicht als "zeitnah im unmittelbaren Anschluss an die Entladung" angesehen werden, dagegen lassen sich bei einem Zeitraum von ca. 10 Tagen noch verlässliche Feststellungen über den Zustand der Tiere bzw. die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen treffen.

 

Normenkette

EWGV 615/98 Art. 2-3; EGV 639/2003 Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2008; Aktenzeichen VII R 54/05)

 

Tatbestand

Die Klägerin meldete am 21. bzw. 22.06.1999 bei diversen Abfertigungszollstellen insgesamt 253 Zuchtrinder zur Ausfuhr nach Libyen an und beantragte die vorschussweise Gewährung der Ausfuhrerstattung. Mit den in der Einspruchsentscheidung vom 28.08.2001 auf Seite 3 unter Ziffer 2 genannten Bescheiden gewährte der Beklagte für die Rinder die vorschussweise Bezahlung der Ausfuhrerstattung unter dem Vorbehalt, dass der Anspruch auf die festgesetzte Ausfuhrerstattung entsteht und form- und fristgerecht nachgewiesen wird.

Da die vorgenannten 253 Stück Zuchtrinder - neben weiteren Rindern - in Koper/Slowenien vom LKW auf das Schiff "... MS" zum weiteren Transport nach Libyen umgeladen wurden, reichte die Klägerin mit Schreiben vom 13.06.2000 unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 615/98 für die Ausfuhrsendungen ein Gesundheitszertifikat des libyschen Tierarztes Dr. ... A vom 10. Juli 1999 mit Zusatzerklärung der Kontroll- und Überwachungsgesellschaft (KÜG) "... Control", X-Straße, Hamburg (Control), ein.

Laut Zusatzerklärung der Control und deren Korrektur vom 7.12.2000 wurden die in der Bescheinigung genannten Tiere zwar am 28.06.1999 von dem Schiff ... MS in Bengazi/Libyen entladen, die Kontrolle des Gesundheitszustandes der Tiere fand laut der Control jedoch nicht während der Entladung, sondern im Nachhinein (am 10. Juli 1999) während ihres Aufenthaltes in der Quarantänestation statt. Mit den in der Einspruchsentscheidung vom 28.08.2001 genannten Änderungsbescheiden und Bescheiden über die Freigabe der Sicherheit vom 14.11.2000 forderte der Beklagte aufgrund dessen die vorschussweise gewährte Ausfuhrerstattung unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 615/98 zuzüglich 15 % Zuschlag zurück. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.11.2000 Einspruch ein, den der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 28.08.2001 als unbegründet zurückwies. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 5. Oktober 2001, zu deren Begründung die Klägerin u.a. Folgendes vorträgt:

Der Beklagte werfe ihr (der Klägerin) zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Verordnung Nr. 615/98 vor, weil sie die Tiere nicht unmittelbar beim Entladevorgang in Libyen habe untersuchen lassen. Richtig sei zwar, dass eine Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 Verordnung Nr. 615/98 gemäß Art. 3 Abs. 3 Verordnung Nr. 615/98 tatsächlich vorzunehmen gewesen sei, denn die Klägerin habe die Rinder auf dem Transport nach Libyen umgeladen und somit das Transportmittel zwischen der Ausgangsstelle und dem Bestimmungsdrittland gewechselt. Rechtsirrig sei aber die Ansicht des Beklagten, die Rinder seien unmittelbar beim Entladevorgang zu kontrollieren. Mit "erster Entladung" i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Verordnung Nr. 615/98 sei nicht etwa eine Kontrolle des Entladevorgangs gemeint, sondern eine Kontrolle der Tiere als solche nach ihrer ersten Entladung im Drittland. Selbstverständlich könne eine solche Untersuchung nicht beliebig weit hinausgeschoben werden. Irgendwann wäre sicher ein Teil der beim Transport evtl. aufgetretenen Schäden nicht mehr nachweisbar, was den Zweck der Untersuchung vereiteln würde. Eine solche lange Zeitspanne sei im Streitfall aber nicht verstrichen. Dies folge auch schon aus der durch den Tierarzt Dr. A ausgestellten Bescheinigung.

Die Klägerin beantragt, die Änderungsbescheide und Bescheide über die Freigabe der Sicherheit Nummer ...27/01, ...29/01, ...32/01, ...33/01, ...34/01, ...35/01, ...36/01, und ...47/01 des Beklagten vom 14.11.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung Nr. ...1/00 vom 28.08.2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung, worauf Bezug genommen wird. Ergänzend trägt er u.a. Folgendes vor:

Nach Art. 1 Verordnung (EG) Nr. 615/98 seien die Bedingungen der Art. 2 ff, insbesondere Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 der genannten Verordnung (Kontrolle der er...

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