Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertungsrechtliche Abgrenzung zwischen „Gebäude” und „Betriebsvorrichtung” bei einem Steinmahlwerk

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Steinmahlanlage ist nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung anzusehen, und deshalb nicht bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens zu berücksichtigen, wenn während des laufenden Betriebs der arbeitsschutzrechtlich zulässige Lärmpegel überschritten wird und das Bauwerk daher nicht zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen geeignet ist. Bessere Lärmbedingungen in geringfügigen Teilen des Bauwerks oder die Möglichkeit zur Verwendung von Hörschutzmitteln stehen dieser typisierenden Beurteilung nicht entgegen.

 

Normenkette

BewG § 68 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2; ArbStättVO § 15 Abs. 1 Nr. 3

 

Streitjahr(e)

1982, 1984

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.06.2005; Aktenzeichen II R 60/02)

BFH (Urteil vom 15.06.2005; Aktenzeichen II R 60/02)

 

Tatbestand

(„auszugsweise”)

Streitig ist, ob die auf dem Betriebsgelände der Klägerin befindliche Steinmahlanlage ein Gebäude oder eine Betriebsvorrichtung im Sinne des Bewertungsgesetzes (BewG) ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Einheitswertbescheide auf den 01.01.1982, den 01.01.1984 und den 01.01.1985 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 02.07.1999 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Denn das Bauwerk der Steinmahlanlage ist kein Gebäude im Sinne des § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG, sondern eine Betriebsvorrichtung im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG, und ist deshalb nicht bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens zu berücksichtigen.

Nach § 68 Abs.1 BewG gehören zum Grundvermögen außer dem Grund und Boden auch die Gebäude. Nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), und zwar auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Zur Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, nicht Betriebsvorrichtung sein kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25.März 1977 III R 5/75, BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594, mit weiteren Nachweisen). Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es nicht nur fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist, sondern es muß auch Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren und den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten (vgl. die Urteile des BFH vom 13.Juni 1969 III 17/65, BFHE 96, 57, BStBl II 1969, 517, und in BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594). Nicht erforderlich ist, daß ein Bauwerk überhaupt zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist. Der Gebäudeeigenschaft steht nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs auch nicht entgegen, wenn sich Menschen beispielsweise nur in entsprechender Schutzkleidung darin aufhalten können, um sich gegen gesundheitliche Schäden zu schützen (vgl. BFH-Urteil vom 14.November 1975 III R 150/74, BFHE 117, 492, BStBl II 1976, 198). Sofern aber wegen extremer Bedingungen während des automatisch gesteuerten stetig laufenden Betriebsvorgangs der Aufenthalt von Menschen in einem Bauwerk auch in Schutzkleidung nur vorübergehend während weniger Minuten möglich ist, entfällt die Gebäudeeigenschaft. Denn das Bauwerk gestattet dann nicht einmal mehr den nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.1991 II R 48/88, BFHE 163, 236, BStBl II 1991, 618; FG des Landes Brandenburg-Urteil vom 15.03.2001 2 K 355/99 BG, EFG 2001, 671; Finanzgericht München vom 10.07.2002 4 K 4567/97 nicht veröffentlicht). Diese Grundsätze gelten nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30.01.1991 (a.a.O.) auch, wenn während des stetigen Betriebsablaufs wegen des Lärmpegels der Aufenthalt von Menschen in dem Bauwerk höchstens während weniger Minuten möglich ist. Das ist der Fall, wenn der Schallpegel den arbeitsschutzrechtlich zulässigen Beurteilungspegel für Arbeitsplätze in Arbeitsräumen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über Arbeitsstätten vom 20.März 1975, BGBl I 1975, 729 - ArbStättV) übersteigt (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.1991 a.a.O.; FG des Landes Brandenburg-Urteil vom 15.03.2001 a.a.O).

Im Streitfall liegt der Lärmpegel im Bauwerk der Steinmahlanlage unstreitig während des stetig laufenden Betriebes der Steinmahlanlage über den arbeitsschutzrechtlich zulässigen Beurteilungspegeln im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3 ArbStättV. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 ArbStättV darf der Beurteilungspegel in Arbeitsräumen bei allen sonstigen Tätigkeiten 85 dB (A) nicht überschreiten. Dieser Regelwert darf, wenn er nach der betrieblich möglichen Lärmminderung nicht einzuhalten ist - also nur in besonderen Ausnahmefällen -, um bis zu 5 dB (A) überschritten werden. Der Lärmpegel in dem Bauwerk der Steinmahlanlage ...

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