Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Geschäftsführers einer in Insolvenz geratenen GmbH für nicht angemeldete Lohnsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Haftung des Geschäftsführers einer insolventen GmbH nach § 69 AO wegen der Nichtanmeldung der Lohnsteuern für Lohnsteuerzeiträume weit vor dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann nicht auf die Fälligkeit bzw. auf den Zahlungszeitpunkt eines nach der Betriebsprüfung ergehenden Steuerbescheides –der hier der Insolvenzanfechtung unterliegen würde– abgestellt werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Pflichtwidrigkeit. Ist zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Lohnsteuern bei pflichtgemäßer Anmeldung noch hätten abgeführt werden können, haftet der Geschäftsführer.

 

Normenkette

AO §§ 69, 34 Abs. 1, § 191; InsO §§ 129, 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; EStG § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.01.2008; Aktenzeichen VII B 83/07)

BFH (Beschluss vom 18.01.2008; Aktenzeichen VII B 83/07)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu 1/5, im Übrigen dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Haftung des Klägers für Lohnsteuerschulden der Firma A mbH (GmbH). Der Kläger war seit dem 01. Februar 2002 Geschäftsführer dieser GmbH.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01. Februar 2001 bis 31. März 2003 stellte der Prüfer der Beklagten fest, dass durch die GmbH die bei Auszahlung von pauschalem Auslagenersatz für Reisekosten entstandene Lohnsteuer nicht abgeführt worden war und sich bei den angemeldeten Lohnsteuerabzugsbeträgen aufgrund von Rechen- und Übertragungsfehlern Differenzen ergaben. Ausweislich der Lohnabrechnungen erhielt der Gesellschafter der GmbH xxxxxx im Prüfungszeitraum eine lohnsteuerfreie Auslöse in Höhe von 1000 DM / 511,29 EUR monatlich. Beim Angestellten yyyyyy konnte für einen Monat des Jahres 2002 der Nachweis der Reisekosten in Höhe von 743,15 EUR nicht erbracht werden.

Angeforderte Reisekostenabrechnungen legte die GmbH nicht vor. Der Beklagte setzte daraufhin die Lohnsteuern zuzüglich Nebenleistungen für den Prüfungszeitraum Februar 2001 bis März 2003 neu fest und nahm die GmbH mit Haftungsbescheid vom 17. Dezember 2003 in Höhe von insgesamt 15.264,09 EUR mit spätester Fälligkeit 20. Januar 2004 in Anspruch. Mit den Zahlungen dieser Beträge sowie der Lohnsteuer der Monate August bis November 2003 kam die GmbH in Rückstand.

Am 15. Dezember 2003 stellte der Kläger für die GmbH Eigenantrag auf Insolvenz. Da am 3. März 2004 das Insolvenzverfahren über die GmbH eröffnet wurde, nahm der Beklagte nach Haftungsvoranfrage unter anderem (neben der Vor-Geschäftsführerin) den Kläger als ehemaligen Geschäftsführer der GmbH für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und für Säumniszuschläge mit Haftungsbescheid vom 1. November 2004 in Höhe von insgesamt 12.868,16 EUR in Haftung. Nach Einlegung eines Einspruchs nahm der Beklagte den Haftungsbescheid in Höhe von 1.048,70 EUR (vom Insolvenzverwalter angefochtene Lohnsteuerzahlung des Monats August 2003) zurück. Im übrigen wies er den Einspruch mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die am 2. Dezember 2005 erhobene Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Fälligkeitszeitpunkte der streitigen Lohnsteuern im insolvenzrechtlichen Anfechtungszeitraum liegen und damit – selbst wenn ein pflichtwidriges Verhalten des Klägers anzunehmen wäre – aufgrund fehlender Kausalität kein Schaden entstanden sei. Der Kläger meint, dass es bei den Anfechtungsmöglichkeiten nach der Insolvenzordnung nicht auf die Fälligkeit des Anspruchs ankomme, sondern darauf, wann die Zahlung erfolgt sei beziehungsweise erfolgt wäre. Der Kläger habe für die GmbH erst anlässlich der Lohnsteueraußenprüfung im Dezember 2003 Veranlassung gehabt, überhaupt Zahlungen zu leisten, und wenn er zu diesem Zeitpunkt gezahlt hätte, hätten die Zahlungen vom Insolvenzverwalter angefochten werden können.

Darüber hinaus liege keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung vor, da erst im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung festgestellt worden sei, dass die Reisekosten nicht richtig berechnet worden seien. Dies könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Er habe sowohl ein Steuerbüro beauftragt wie die bei ihm angestellte Lohnbuchhaltung instruiert, wie eine Reisekostenabrechnung auszusehen habe, welche Anforderungen an eine steuerliche Anerkenntnis gestellt werden und dass die Unterlagen aufzubewahren seien. Stichprobenartig habe er sich zudem die Abrechnungen in regelmäßigen Zeitabständen vorlegen lassen. Zweifel habe er hierbei nicht gehabt. Soweit Mängel der Buchhaltung bekannt geworden seien, habe er diese abgestellt und insoweit auch eine zuständige Mitarbeiterin abgemahnt und gekündigt.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 1. November 2004 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 28. Oktober 2005, geändert durch Teilrücknahmebescheid vom 27. Februar 2...

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