Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen eines Arztes für eine beabsichtigte Habilitation als Ausbildungskosten. Einkommensteuer 1989

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wahrend der Facharztausbildung getätigte, in Zusammenhang mit einer beabsichtigten Habilitation stehende Aufwendungen sind bei einem Arzt keine Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit, sondern Ausbildungskosten.

2. Habilitationsaufwendungen eines wissenschaftlichen Assistenten sind Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen, die dem Kläger durch die Vorbereitung auf eine beabsichtigte Habilitation entstanden sind, als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen oder ob sie Sonderausgaben sind.

Nachdem der … Kläger im Jahre 1987 das Medizinstudium beendet hatte und ihm im Mai 1987 die Approbation als Arzt erteilt worden war, begann er mit einer Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin, die er im Januar 1992 erfolgreich abschloß. Im November 1987 war ihm der Grad eines Doktors der Medizin verliehen worden.

Während der Facharztausbildung war der Kläger als angestellter Arzt in verschiedenen Kliniken und Arztpraxen tätig und erzielte dadurch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seit 01. November 1991 ist er im Angestelltenverhältnis als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Allgemeinmedizin der medizinischen Hochschule H. tätig und nimmt in der zur Hochschule gehörenden allgemeinmedizinischen Poliklinik an der Patientenversorgung teil. Außerdem ist der Kläger in Bremen in einer Gemeinschaftspraxis als niedergelassener Kassenarzt tätig.

Mit der Einkommensteuererklärung 1989 beantragte der Kläger, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt DM 21.063,– als Werbungskosten abzuziehen. Da das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung nur DM 9.236,– als Werbungskosten berücksichtigte mit der Begründung, die darüber hinausgehenden Aufwendungen hätten mit der damaligen Tätigkeit des Klägers in keinem Zusammenhang gestanden, legte der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid vom 09. März 1992 am 11. März 1992 Einspruch ein.

Durch Einspruchsentscheidung vom 04. Dezember 1992 (die das Finanzamt am 15. Dezember 1992 zur Post aufgegeben hat) änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid ab: Es ging nunmehr davon aus, daß von den vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von DM 15.285,– schätzungsweise zu 2/3 (= DM 10.190,–) mit der Arbeit als nichtselbständig tätiger Arzt im Zusammenhang gestanden haben und zu 1/3 (= DM 5.095,–) mit der Vorbereitung auf eine Tätigkeit als Hochschullehrer. Dementsprechend zog das Finanzamt bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nunmehr insgesamt DM 14.570,– als Werbungskosten ab und berücksichtigte den auf die beabsichtigte Hochschullehrertätigkeit entfallenden Kostenanteil in Höhe von DM 5.095,– mit dem Sonderausgaben-Höchstbetrag von DM 900,–. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit am 15. Januar 1993 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, Aufwendungen für eine Habilitation seien im Gegensatz zu Aufwendungen für eine Promotion Fortbildungs- und damit Werbungskosten und bezieht sich dafür auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 07. August 1967 VI R 88/66, BFHE 90, 26, BStBl. III 1967, 778.

Zur Begründung seiner Klage trägt er vor: Die ärztliche Ausbildung habe er (einschließlich der Promotion) bereits 1987 abgeschlossen und sich danach im erlernten Beruf innerhalb seines Fachgebietes „Allgemeinmedizin” weitergebildet. Langfristig strebe er eine Hochschulprofessur für Allgemeinmedizin an; sämtliche strittigen Aufwendungen hätten der Anfertigung einer dafür erforderlichen Habilitationsschrift gedient. Einen Berufswechsel beabsichtige er nicht, denn er werde auch noch nach einer Ernennung zum Professor im Fachbereich Medizin und im Fachgebiet Allgemeinmedizin tätig sein, weiterhin die Berufsbezeichnung „Arzt” führen und in der Krankenversorgung beschäftigt sein. Den Beruf eines Hochschullehrers gebe es im übrigen nicht, denn bei der Bezeichnung „Hochschullehrer” bzw. „Professor an einer wissenschaftlichen Hochschule” handele es sich nicht um Berufsbezeichnungen, sondern nur um Tätigkeits- bzw. Positionsbeschreibungen. Wenn ein Arzt eine Professur anstrebe, liege darin ebensowenig ein Berufswechsel wie bei einem Handwerksgesellen, der sich auf die Meisterprüfung vorbereite. Im Fach Allgemeinmedizin sei eine wissenschaftlich-theoretische Tätigkeit zwangsläufig mit einer praktischen Tätigkeit in einer extrauniversitären Lehrpraxis verbunden.

Auch von einem Wechsel der Erwerbsart könne nicht die Rede sein, denn er sei in der Vergangenheit jeweils als angestellter Arzt tätig gewesen und werde dies auch im Falle einer m...

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