Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Kinderfreibetrags im Veranlagungszeitraum 2001 verfassungskonform

 

Leitsatz (redaktionell)

Der für 2001 geltende Kinderfreibetrag i. H. von 3.456 DM pro Elternteil ist auch unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000 (BGBl 2000 I S. 1479) verfassungskonform. Soweit der Gesetzgeber mit diesem Gesetz in § 1612b Abs. 5 BGB einen Unterhalt i. H. von 135% des Regelbetrags festgelegt hat, ist dies für das Steuerrecht ohne Bedeutung; da weder Art. 6 Abs. 1, 2 GG noch das Sozialstaatsprinzip eine Anknüpfung des Kinderfreibetrags an den zivilrechtlich geschuldeten Unterhalt gebieten, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG für das Steuerrecht auf den sozialhilferechtlichen Bedarf abzustellen.

 

Normenkette

EStG 2001 § 32 Abs. 6 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1-2, Art. 20; BGB § 1612b Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.09.2009; Aktenzeichen III B 131/08)

BFH (Beschluss vom 25.09.2009; Aktenzeichen III B 131/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Vater von A. B., geboren am ….

Nachdem der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2001 am 16. April 2003 erlassen hatte, erhob der Kläger Einspruch und wandte sich gegen die Höhe des vom Einkommen abgezogenen Kinderfreibetrages. Er beantragte die Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages in Höhe von 7.716,– DM. Mit der Schaffung des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 2000, 1479) habe der Gesetzgeber das sächliche Existenzminimum eines Kindes mit 135 % des in der jeweiligen Altersstufe geltenden Regelbetrages festgeschrieben. Die Regelbeträge ergäben sich aus § 2 der Regelbetrag-Verordnung. Für Kinder der dritten Altersstufe betrügen diese ab dem 1. Januar 2001 monatlich 465,– DM und ab 1. Juli 2001 monatlich 487,– DM. Daraus folge ein Kinderfreibetrag von 7.716,– DM.

Durch Entscheidung vom 8. Juni 2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen werde ein Freibetrag von 3.456,– DM für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) sowie für jedes Kind, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, zusätzlich ein Betreuungsfreibetrag von 1.512,– DM vom Einkommen abgezogen, wie § 32 Abs. 6 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG – 2001 bestimme. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Kindesfreibetrages seien im Streitfall gegeben. Die Höhe des zu berücksichtigenden Kinderfreibetrages ergebe sich unmittelbar aus dem für das Streitjahr geltenden Einkommensteuergesetz. Zur Durchsetzung des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung sei er – der Beklagte – an diese gesetzliche Bestimmung gebunden. Der Kinderfreibetrag sei hier in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe von 3.456,– DM abgezogen worden. Die Berücksichtigung von anderen gesetzlichen Grundlagen, etwa des von dem Kläger genannten Gesetzes, bei der Ermittlung der Einkommensteuer könne nicht durchgeführt werden, da dieses Gesetz für das Einkommensteuerrecht nicht bindend sei.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage.

Der Kläger macht geltend, das Bundesverfassungsgericht – BVerfG – habe in seinem Beschluss vom 10. November 1998 (2 BvR 1057/91, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – Bd. 99, 246) festgestellt, dass der Staat bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit den Unterhaltsaufwand für Kinder des Steuerpflichtigen in dem Umfang als besteuerbares Einkommen außer Betracht lassen müsse, in dem dieses zur Gewährleistung des Existenzminimums der Kinder erforderlich sei. Diese Vorgabe habe der Gesetzgeber nicht umgesetzt, sodass der für das Jahr 2001 geltende Kinderfreibetrag in Höhe von 3.456,– DM verfassungswidrig sei. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages habe nämlich in seinem Bericht vom 28. Juni 2000 (Bundestagsdrucksache – BT-Drucks. – 14/3781) ausgeführt, dass die Regelbeträge eine treffsichere Rechengrundlage abgäben und dass sich hiernach das Existenzminimum mit 135 % des jeweiligen, nach Altersgruppen gestaffelten Regelbetrages darstellen lasse. Mit diesem Prozentsatz werde sichergestellt, dass in allen Altersgruppen an einen Barunterhalt in Höhe des Existenzminimums angeknüpft werde. Deshalb sei der Kinderfreibetrag im Streitjahr mit 135 % der geltenden Regelbeträge zu berechnen. Demnach ergäbe sich hier ein Kinderfreibetrag in Höhe von 7.716,– DM. Die Höhe des sächlichen Existenzminimums eines Kindes folge ab dem 1. Januar 2001 nicht mehr aus der Summe sozialhilferechtlicher Bedarfsbeträge (Sozialhilferegelsatz, Einmalbeihilfen, Wohnbedarf und Aufwendungen für die Heizung), sondern aus den Grundbeträgen der jeweils geltenden Regelbetragsverordnung, die auf dem bereits in seinem – des Klägers – Einspruchsschreiben erwähnten Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Er...

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