Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfall eines in der Krise der GmbH stehengelassenen Gesellschafterdarlehens: Berücksichtigung des Teilwerts und nicht des Nennbetrags des Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen im Rahmen des § 17 EStG sind weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung des Urteils, BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist.

2. Für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 1.1.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung – EStG a. F.–), aber nicht Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG a. F. (sog. Finanzinnovationen) sind, ist § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in der Fassung des UntStRefG 2008 nicht anzuwenden (§ 52 Abs. 28 Satz 16 EStG n. F.; im Streitfall: vom Gesellschafter einer GmbH im Jahr 1997 gewährtes Darlehen).

3. § 17 Abs. 2a EStG ermöglicht nicht die Berücksichtigung eines vom Gesellschafter der GmbH vor dem 1.1.2009 sowie vor Eintritt einer Krise der GmbH gewährten und in der Krise stehen gelassenen Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts der Forderung. Der Verlust dieser Forderung ist im Rahmen des § 17Abs. 2a EStG vielmehr mit dem Teilwert der Forderung zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise bei der GmbH zu bewerten (im Streitfall: Teilwert 0 EUR).

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 2a S. 3 Nrn. 2-3, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2, Abs. 4, § 52 Abs. 28 S. 15, Abs. 25a S. 2; HGB § 255 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.07.2023; Aktenzeichen IX R 21/21)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Verlustes aus der Aufgabe von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.

Die Kläger waren etwa seit dem Jahr 1990 zunächst alleinige Gesellschafter der C… GmbH (im Folgenden: GmbH). In der Zeit von 1994 bis 1999 war darüber hinaus Herr D… an der GmbH beteiligt. Anfang Oktober 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft. Der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft wurde am 30.11.2005 eingestellt. Das Insolvenzverfahren ist laut Handelsregister durch Beschluss des Amtsgerichts E… vom 13.05.2014 aufgehoben worden.

Der Beklagte schätzte die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr mit Bescheid vom 06.01.2012 und setzte die Einkommensteuer auf 18.290 EUR fest. Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrem Einspruch vom 21.12.2012. Nachdem sie ihre Einkommensteuererklärung nachgereicht hatten, setzte der Beklagte mit geändertem Bescheid vom 13.09.2013 die Einkommensteuer auf 10.742 EUR fest.

Mit Schreiben vom 28.06.2013 beantragten die Kläger erstmalig die Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts von 405.726,33 EUR im Streitjahr, da mit Blick auf den von ihm, dem Kläger, am 29.08.2009 gestellten Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens erst zu diesem Zeitpunkt die nachträglichen Anschaffungskosten der Höhe nach hätten festgestellt werden können. Der Beklagte wertete dies im Einvernehmen mit den Klägern als Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für das Streitjahr und erließ am 13.03.2014 einen geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem er einen Verlust in Höhe von 285.352 EUR berücksichtigte. Den weiteren Verlust in Höhe von 120.374,93 EUR, der nach dem Vortrag der Kläger auf ein von ihm, dem Kläger, an die GmbH ausgereichtes Darlehen entfiel, erkannte der Beklagte hingegen mangels Nachweises nicht an. Wegen geänderter Beteiligungseinkünfte des Klägers erließ der Beklagte ferner am 04.08.2015 erneut einen geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem er die Einkommensteuer wiederholt auf 0,00 EUR festsetzte.

Mit Bescheid vom 25.10.2018 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2009 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Kläger trotz entsprechender Erinnerung die angeforderten Erläuterungen zu den Umständen der Darlehensgewährung, zur Liquidität der GmbH und zum genauen Zeitpunkt, an dem die GmbH in die Krise geraten sei, nicht beigebracht hätten. Mangels Nachweisführung könnten die geltend gemachten Aufwendungen folglich nicht als nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne von § 17 EinkommensteuergesetzEStG – anerkannt werden. Nachdem die Kläger ihren dagegen eingelegten Einspruch nicht begründet hatten, wies der Beklagte ihn mit Entscheidung vom 22.07.2019 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, dass das Darlehen seit dem Bilanzstichtag auf den 31.12.1997 passivisch i...

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