rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein nicht der Kirche angehörender Ehemann ist durch die gegen seine Ehefrau gerichtete Kirchensteuerfestsetzung, die im Zusammenhang mit dem gegen beide Ehegatten gerichteten Einkommensteuerbescheid steht, nicht beschwert.

2. Erhebung von Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehegatten in Baden-Württemberg: § 2 Abs. 2 Satz 2 des kirchlichen Gesetzes über den landeskirchlichen Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1998 (Abl der Evangelischen Landeskirche in Württemberg 58, S. 47; vgl. auch BStBl I 1998, 868) verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG, wenn es bei der Bemessungsgrundlage für das Kirchgeld an das gemeinsam zu versteuernde Einkommen der Eheleute anknüpft. Ebensowenig sind die Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des GG verletzt, wenn ein einkommensloser Ehegatte, der Kirchenmitglied ist, in glaubensverschiedener Ehe aufgrund der Regelung des besonderen Kirchgeldes höher besteuert wird als ein entsprechend einkommensloser Lediger, der keiner Kirchensteuer unterliegt.

 

Normenkette

KiStG BW; KiStO der evangelischen Landeskirche Baden-Württemberg; Kirchliches Gesetz über den landeskirchlichen Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1998 § 2 Abs. 2 S. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Erhebung eines (besonderen) Kirchgeldes.

Die Kläger (Kl) sind Eheleute. Sie haben zwei 1979 und 1982 geborene Kinder. Die Ehefrau ist Mitglied der evangelischen Kirche. Ihr Ehemann gehört keiner steuerberechtigten Kirche an.

Die Kl werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Im Streitjahr 1998 erzielte der Ehemann Einkünfte in Höhe von insgesamt ... DM, die Ehefrau in Höhe von ... DM. Das zu versteuernde Einkommen betrug ... DM.

Im Bescheid über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag 1998 vom 19. Juli 1999 wurde gegenüber den Kl Einkommensteuer in Höhe von ... DM festgesetzt. Hinsichtlich der Kirchensteuer heißt es im vorgenannten Bescheid wie folgt:

Berechnung der Kirchensteuer

zu versteuerndes Einkommen unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen in Höhe von 13.824 DM für zwei Kinder

... DM

darauf entfallende Einkommensteuer

... DM

auf den kirchenangehörigen Ehegatten entfallen

... DM

evangelische Kirchensteuer 8 % von ... DM

... DM

mindestens festzusetzendes evangelisches Kirchgeld

... DM

... DM

Weiter heißt es im vorgenannten Bescheid wie folgt: „Die Kirchensteuer wird für die Ehefrau festgesetzt”.

Am 17. August 1999 legten die Kl Einspruch ein. Diesen wies das beklagte Finanzamt (Beklagter – Bekl –) mit Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2000 gegenüber dem Kl zurück. Hierauf erhoben die Kl am 16. März 2000 Klage. Zur Begründung machen sie im wesentlichen folgendes geltend:

Auch der Ehemann sei durch die Festsetzung von Kirchgeld gegenüber seiner Ehefrau beschwert. Denn die Kirchgeldregelung verstoße auch gegen Grundrechte des. Ehemannes.

Die landesrechtliche Regelung über die Erhebung von Kirchgeld sei verfassungswidrig.

Die gesetzliche Ermächtigung an die Kirchen, Kirchgeld zu erheben, gebe die rechtlich erforderlichen Grenzen nicht vor, weshalb sie gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße.

Auch liege ein Verstoß gegen Artikel 6 Grundgesetz (GG) vor. Die vorliegende Regelung lege pauschal das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten der Bemessung des Kirchgeldes zugrunde. Es werde nicht berücksichtigt, daß dem weniger- oder nichtverdienenden Ehepartner ein Unterhaltsanspruch allenfalls im Rahmen seiner Bedürftigkeit zustehe (kein Anspruch auf Luxusunterhalt; Unterhaltsrecht sei nicht Einkommensverteilungsrecht). Es bleibe insbesondere außer Betracht, daß Ansprüche anderer Unterhaltsberechtigter die Ansprüche des berechtigten Ehegatten minderten (so z. B. steigender Bedarf ehelicher Kinder).

Auch die Kirchgeldtabelle lasse solche Umstände außer Betracht. Erst oberhalb von 400.000 DM zu versteuerndem Einkommen finde eine Kappung statt.

Der Steuerbescheid lasse nicht erkennen, ob das zu versteuernde Einkommen von ... DM oder (unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen) von 11 DM der Berechnung zugrunde gelegt werde. Unabhängig davon trage die Berücksichtigung eines pauschalen Kinderfreibetrages der Unterhaltssituation innerhalb der Familie keinerlei Rechnung, wonach sich z. B. der Unterhaltsanspruch des einen Ehegatten mit steigendem Bedarf der unterhaltsberechtigten Kinder vermindere.

Das bedeute, daß die Kirchgeldregelung die Ansprüche anderer unterhaltsberechtigter Familienangehöriger beeinträchtige.

Die Nichtberücksichtigung bzw. nur teilweise Berücksichtigung des Aufwandes für eheliche Kinder verstoße auch gegen den Gleichheitssatz.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei darin zu sehen, daß die Regelung vorsehe, daß bei erwerbstätigen Steuerpflichtigen ein über der Kirchensteuerschuld liegendes Kirchgeld erhoben werden könne, oberhalb eines zu versteuernden Einkommens von 400.000 DM wieder – unter bestimmten Voraussetzungen – eine weitersteigende Kirchenste...

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