Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Erhebung des besonderen Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe durch die Evangelische Landeskirche in Baden-Württemberg

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vorschriften zur Erhebung des besonderen Kirchgelds durch die Evangelische Landeskirche in Baden-Württemberg, das von einem der steuerberechtigten Kirche angehörenden Ehegatten in glaubensverschiedener Ehe erhoben wird, genügen dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz und sind für den Erhebungszeitraum 1998 --wegen der Verkündung des Kirchlichen Gesetzes über den landeskirchlichen Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1998 betreffend das besondere Kirchgeld erst am 31.3.1998-- im Hinblick auf ihre sog. unechte Rückwirkung verfassungsrechtlich unbedenklich.

2. Unter Berücksichtigung des im besonderen Kirchgeld zum Ausdruck kommenden Belastungsgrundes genügt die Bemessungsgrundlage mit der Anknüpfung an das gemeinsam zu versteuernde Einkommen der Eheleute als Hilfsmaßstab für die Besteuerung des Lebensführungsaufwands des Kirchenmitglieds ebenfalls verfassungsrechtlichen Anforderungen. Auch die Art und Weise, in der der Kirchengesetzgeber die Bemessungsgrundlage ausgestaltet hat, verstößt nicht gegen die Verfassung.

 

Normenkette

KiStG Baden-Württemberg § 5 Abs. 1 Nr. 5, § 7 Abs. 3 S. 2; Kirchliches Gesetz der Evangelischen Landeskirche in Württemberg über den landeskirchlichen Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1998 § 2 Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist die Erhebung eines (besonderen) Kirchgeldes.

Die Klägerin (Klin) ist verheiratet. Sie wird mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Die Klin ist Mitglied der evangelischen Kirche. Ihr Ehemann gehört keiner steuerberechtigten Kirche an.

Im Streitjahr 1998 erzielte der Ehemann Einkünfte in Höhe von insgesamt … DM, die Klin Einkünfte in Höhe von … DM. Das gemeinsam zu versteuernde Einkommen betrug … DM.

Im Bescheid über ESt, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer (KiSt) 1998 vom 14. Juli 1999 wurde gegenüber den Eheleuten ESt in Höhe von … DM festgesetzt. Bei der Berechnung der KiSt heißt es im vorgenannten Bescheid wie folgt:

Festgesetzte ESt

… DM

Auf den kirchenangehörigen Ehegatten entfallen

0,00 DM

Mindestens festzusetzendes evangelisches Kirchgeld

… DM

Die KiSt in Höhe von … DM wurde gegenüber der Klin festgesetzt.

Am 5. August 1999 legte die Klin unter anderem gegen die Kirchensteuerfestsetzung Einspruch ein, den das beklagte FA (Beklagter- Bekl.) mit Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2000 als unbegründet zurückwies. Hierauf erhob die Klin am 31. Mai 2000 Klage.

Der Senat hat die Klin auf sein Urteil vom 26. Mai 2000 9 K 313/00 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 2000, 1094) zur Erhebung eines Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe der evangelischen Landeskirche in Württemberg hingewiesen.

Mit ihrer Klage macht die Klin im wesentlichen folgendes geltend:

Die auf Seite 8, zweiter Absatz des übersandten Urteils des angerufenen FG vom 26. Mai 2000 zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betreffe nur die Ermächtigung einer Landeskirche zur Erhebung von Kirchgeld, nicht aber dessen Gegenstand und Bemessungsgrundlage, gebe also für den Streitfall nichts her.

Der auf Seite 11 Abs. 1 angesprochene Gedanke des Lebensführungsaufwands könne hinter der streitigen Vorschrift stehen, müsse dies aber nicht. Im staatlichen Kirchensteuergesetz (KiStG) sei an der einschlägigen Stelle, § 7 Abs. 3 Satz 2, ausdrücklich von etwas anderem, nämlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Rede. Diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wiederum beziffere der KiSt-Beschluss der Landeskirche mit dem „gemeinsam zu versteuernden Einkommen” also mit genau dem verfassungswidrigen Maßstab, nämlich auch Einkünften des anderen Ehegatten.

Zu Seite 11 des übersandten FG-Urteils sei zu betonen, dass es bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Steuernorm mit der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (BVerfGE 73, 388, 400) nicht vereinbar sein könne, dass an die Stelle exakt formulierter Besteuerungsgrundlagen („gemeinsames zu versteuerndes Einkommen”) eine hinter diese Formulierung möglicherweise stehende Erwägung gesetzt werde. Wenn das FG Seite 11 Mitte selbst ausführe, das staatliche KiStG enthalte keine ausdrückliche Erwähnung des Steuergegenstandes, dann sei unverständlich, wie es dennoch die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Steuerfestsetzungen habe bejahen können. Zuvor, Seite 7 u., habe es selbst ausgeführt, dass die Voraussetzungen des Steueranspruchs in einem Steuertatbestand umschrieben sein müsse. Das sei hier „das gemeinsame zu versteuernde Einkommen” und nichts anderes.

Zu Seite 12 Zeile 3 v.o. sei anzuführen, dass die beteiligten Gesetzgeber eben nicht den Lebensführungsaufwand zum Steuergegenstand erklärt hätten; dieses Wort erscheine an keiner Stelle der normsetzenden Texte. Wenn der Lebensführungsaufwand Steuergegenstand sein solle, dann müsse er gesetzlicher Tatbestand sein. Irgendwelc...

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