Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Leistungen an NATO-Streitkräfte, Voraussetzung der Stationierung im Mitgliedstaat des Leistungsempfangs, Abwracken von Schiffen der US-Marine im Vereinigten Königreich

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 151 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass eine Dienstleistung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art, die in einem Mitgliedstaat erbracht wird, der Vertragspartei des Nordatlantikvertrags ist, und die in der Abwrackung von Altschiffen der Marine eines anderen Staates, der Vertragspartei des Nordatlantikvertrags ist, besteht, nach dieser Bestimmung nur dann von der Mehrwertsteuer befreit ist, wenn

‐ diese Leistung an einen Teil der Streitkräfte dieses anderen Staates, die der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen, oder an ihr ziviles Begleitpersonal bewirkt wird und

‐ eben diese Leistung an einen Teil dieser im betreffenden Mitgliedstaat stationierten oder dort als Gaststreitkräfte befindlichen Streitkräfte oder an ihr ziviles Begleitpersonal bewirkt wird.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 151 Abs. 1

 

Beteiligte

Able UK

The Commissioners for HM Revenue and Customs

Able UK Ltd

 

Verfahrensgang

Upper Tribunal (Vereinigtes Königreich) (Urteil vom 09.05.2011; ABl.EU. 2011, Nr. C 211/31)

 

Tatbestand

„Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Befreiungen ‐ Art. 151 Abs. 1 Buchst. c ‐ Abwrackung von Altschiffen der US-Marine im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats“

In der Rechtssache C-225/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Upper Tribunal (Tax and Chancery Chamber) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 9. Mai 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Mai 2011, in dem Verfahren

The Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs

gegen

Able UK Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin) sowie der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten,

‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 151 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (im Folgenden: Commissioners) und der Able UK Ltd (im Folgenden: Able) wegen Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen der Abwrackung von Altschiffen der US-Marine.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

Rz. 3

Der Nordatlantikvertrag wurde am 4. April 1949 in Washington (Vereinigte Staaten) unterzeichnet.

Rz. 4

Das Protokoll über die Rechtsstellung der auf Grund des Nordatlantikvertrags errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere, unterzeichnet in Paris am 28. August 1952 (im Folgenden: Protokoll über die militärischen Hauptquartiere), sieht in Art. 8 Abs. 1 vor:

„Um die Errichtung, den Bau, die Instandhaltung und die Tätigkeit der Alliierten Hauptquartiere zu erleichtern, werden diese nach Möglichkeit von Gebühren und Abgaben in Bezug auf Ausgaben befreit, die ihnen im Interesse der gemeinsamen Verteidigung und für ausschließlich dienstliche Zwecke entstehen; jede Partei dieses Protokolls nimmt mit den in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Alliierten Hauptquartieren Verhandlungen auf mit dem Ziel, entsprechende Vereinbarungen zu schließen.“

Unionsrecht

Rz. 5

Art. 151 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie besagt:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

c) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die in den Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags sind, an die Streitkräfte anderer Vertragsparteien bewirkt werden, wenn diese Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch diese Streitkräfte oder ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und wenn diese Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen;

d) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, deren Bestimmungsort in einem anderen Mitgliedstaat liegt und die für die Streitkräfte anderer Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags als die des Bestimmungsmitgliedstaats selbst bestimmt sind, wenn diese Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch diese Streitkräfte oder ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und wenn diese Streitkräfte der ...

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