Entscheidungsstichwort (Thema)

Antidumpingzoll, Einfuhren aus China, Schuhe, Verzinsung eines erstatteten Einfuhrabgabenbetrags

 

Leitsatz (amtlich)

Werden Einfuhrabgaben, zu denen auch Antidumpingzölle gehören, deshalb erstattet, weil sie unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben wurden, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, besteht eine unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten, Rechtsuchenden, die einen Anspruch auf die Erstattung der entrichteten Beträge haben, diese ab dem Zeitpunkt ihrer Entrichtung zu verzinsen.

 

Normenkette

EWGV 92/2913 Art. 241

 

Beteiligte

Wortmann

Wortmann KG Internationale Schuhproduktionen

Hauptzollamt Bielefeld

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Beschluss vom 24.06.2015; Aktenzeichen 4 K 3268/14 Z; AW-Prax 2015, 399)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Zollunion und Gemeinsamer Zolltarif ‐ Erstattung von Eingangsabgaben ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex) ‐ Art. 241 Abs. 1 erster Gedankenstrich ‐ Pflicht eines Mitgliedstaats, die Zahlung von Säumniszinsen auch bei Fehlen eines Rechtsbehelfs vor den einzelstaatlichen Gerichten vorzusehen“

In der Rechtssache C-365/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 24. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Juli 2015, in dem Verfahren

Wortmann KG Internationale Schuhproduktionen

gegen

Hauptzollamt Bielefeld

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter M. Vilaras (Berichterstatter), J. Malenovský, M. Safjan und D. Sváby,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Wortmann KG Internationale Schuhproduktionen, vertreten durch Rechtsanwalt D. Ehle, A. Willems, avocat, und S. De Knop, advocaat,

‐ des Hauptzollamts Bielefeld, vertreten zunächst durch K. Greven als Bevollmächtigten, dann durch K. Greven und S. Holtmann als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und T. Henze als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch A. Collabolletta und G. Palmieri als Bevollmächtigte,

‐ des Rates der Europäischen Union, vertreten durch M. Balta und J.-P. Hix als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Grønfeldt und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. September 2016

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 241 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Wortmann KG Internationale Schuhproduktionen (im Folgenden: Wortmann) und dem Hauptzollamt Bielefeld (Deutschland) über die Zahlung von Zinsen bei der Erstattung von Antidumpingzöllen, die Wortmann gemäß der mit Urteil vom 2. Februar 2012, Brosmann Footwear (HK) u. a./Rat (C-249/10 P, EU:C:2012:53), teilweise für nichtig erklärten Verordnung (EG) Nr. 1472/2006 des Rates vom 5. Oktober 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteil aus Leder mit Ursprung in der Volksrepublik China und Vietnam (ABl. 2006, L 275, S. 1) gezahlt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Zollkodex

Rz. 3

Art. 4 des Zollkodex sieht vor:

„Im Sinne dieses Zollkodex ist oder sind

10. Einfuhrabgaben:

‐ Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren;

…“

Rz. 4

Art. 232 des Zollkodex bestimmt:

„(1) Ist der Abgabenbetrag nicht fristgerecht entrichtet worden,

b) so werden zusätzlich zu dem Abgabenbetrag Säumniszinsen erhoben. Der Säumniszinssatz kann höher als der Kreditzinssatz sein. Er darf jedoch nicht niedriger sein.

…“

Rz. 5

Art. 236 des Zollkodex sieht vor:

„(1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.

(2) Die Erstattung oder der Erlass der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben erfolgt auf Antrag; der Antrag ist vor Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Mitteilung der betreffenden Abgaben an den Zollschuldner bei der zuständigen Zollstelle zu stellen.

Diese Frist wird verlängert, wenn der Beteiligte nachweist, dass er infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder höherer Gewalt gehindert war, den Antrag fristgerecht zu stellen.

Die Zollbehörden nehmen die Erstattung oder den Erlass von Amts wegen vor, wenn sie innerhalb dieser Frist selbst feststellen, dass einer der in Absatz 1 Unterabsätze 1 und 2 beschriebenen Sachverhalte vorliegt.“

Rz. 6

Art. 241 des Zollkodex lautet:

„Erstatten die Zollbehörden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge sowie bei d...

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