Leitsatz

Nutzt der Steuerpflichtige vor Ablauf des Abzugszeitraums statt des Folgeobjekts wieder das Erstobjekt zu eigenen Wohnzwecken, lebt die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG für das Erstobjekt wieder auf.

 

Normenkette

§ 7b EStG , § 10e EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger – zusammen veranlagte Eheleute – machten in den Jahren 1973 bis 1980 erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG sowie für eine ab 1989 eigengenutzte Wohnung die Grundförderung nach § 10e EStG geltend. Für ein 1990 angeschafftes, selbst bewohntes und deshalb als Folgeobjekt behandeltes Haus wurden ihnen bis 1992 ebenfalls die Abzugsbeträge nach § 10e EStG gewährt. Im Streitjahr 1993 zogen sie wieder in die zwischenzeitlich fremdvermietete Wohnung.

Ihren Antrag, für die Wohnung erneut den Abzugsbetrag gem. § 10e EStG zu berücksichtigen, lehnte das FA mit der Begründung ab, die Grundförderung könne nur auf ein Folgeobjekt, nicht aber auf ein drittes Objekt und damit auch nicht auf das vorher geförderte Objekt übertragen werden. Das FG gab der Klage der Kläger statt.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH lebt der Anspruch auf Grundförderung nach § 10e EStG für ein Erstobjekt wieder auf, wenn der Steuerpflichtige die Eigennutzung des Folgeobjekts vor Ablauf des Abzugszeitraums aufgibt und erneut in das Erstobjekt einzieht. Dies gilt unabhängig davon, dass der Abzugszeitraum und damit auch der darauf bezogene Anspruch auf Grundförderung mit Inanspruchnahme der Förderung für das Folgeobjekt bereits beendet sind.

Der BFH hat sich damit nicht der gegenteiligen Ansicht der Gesetzesbegründung, der Finanzverwaltung und der überwiegenden Meinung im Schrifttum angeschlossen. Danach soll dem Steuerpflichtigen die Begünstigung des § 10e EStG entsprechend der früheren Rechtslage (nach § 7b EStG) nicht mehr zustehen, wenn er vor Ablauf des Abzugszeitraums statt des Folgeobjekts wieder das Erstobjekt zu eigenen Wohnzwecken nutzt (vgl. BT-Drucks. 10/3633, S. 16; Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, § 10e EStG Rz. 132; a.A. Schmidt/Drenseck, EStG § 10e Rz. 71).

Nach Auffassung des BFH fehlt für diese Annahme ein hinreichender Anhaltspunkt im Gesetz: Die von der abweichenden Meinung in Bezug genommene frühere Rechtslage nach § 7b Abs. 5 EStG könne bei der Auslegung des § 10e Abs. 4 Satz 4 EStG nicht berücksichtigt werden. Denn die Neuregelung für Folgeobjekte knüpfe nicht wie bei § 7b EStG daran an, dass das Erstobjekt dem Steuerpflichtigen nicht mehr zuzurechnen sei, sondern allein daran, dass er das Erstobjekt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutze. Da diese Wohnnutzung des Erstobjekts aber mit dem Wiederbezug fortgesetzt werde, wäre die Fortführung der Grundförderung für dieses Objekt nur ausgeschlossen, wenn mit Inanspruchnahme der Folgeobjektregelung die Berechtigung für die Grundförderung des Erstobjekts endgültig erlöschen würde. Eine solche Auslegung der Folgeobjektregelung in § 10e Abs. 4 EStG sei zwar dem Wortlaut nach möglich, aber mit dem Zweck der Folgeobjektregelung unvereinbar, die volle Ausnutzung des Abzugszeitraums zu ermöglichen.

Die gegenteilige Auffassung des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung müsse deshalb unbeachtlich bleiben, weil sie aus dem Gesetz selbst nicht erkennbar sei. Insbesondere die – in der Gesetzesbegründung vorgenommene – Gleichstellung mit der Rechtslage zu § 7b EStG lasse sich angesichts der abweichend geregelten Voraussetzungen für Folgeobjekte nicht auf den Wortlaut der Vorschrift stützen.

 

Hinweis

Nach § 10e Abs. 4 Satz 2 EStG können zusammen veranlagte Eheleute die Abzugsbeträge gem. Abs. 1 und 2 der Vorschrift insgesamt für zwei Förderobjekte abziehen. Geben sie die Wohnnutzung vor Ablauf des Abzugszeitraums auf, können sie den Abzugsbetrag für ein Folgeobjekt im Umfang des nicht ausgeschöpften Abzugszeitraums und im Umfang der Vomhundertsätze des Erstobjekts, aber nach der für das Folgeobjekt maßgeblichen Bemessungsgrundlage abziehen (§ 10e Abs. 4 Sätze 4 bis 6 EStG).

Wird der Abzugszeitraum auch für dieses Folgeobjekt nicht ausgeschöpft, so ist eine Übertragung der Abzugsmöglichkeit auf ein weiteres, drittes Objekt nach allgemeiner Auffassung ausgeschlossen (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 887, Rz. 81; Schmidt/Drenseck, § 10e Rz. 72; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10e Rz. 120). Diese Auffassung hat der BFH mit der Rezensionsentscheidung bestätigt, aber zugleich klargestellt, dass damit eine Fortsetzung der Förderung für das Erstobjekt nach Wiederbezug nicht ausgeschlossen ist. Denn dem Wortlaut des Gesetzes ist anders als der früheren Rechtslage nach § 7b EStG nicht zu entnehmen, dass mit der Aufgabe der Wohnnutzung des Erstobjekts ein endgültiger Verlust der Förderbarkeit nach § 10e EStG eintreten soll.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.11.2000, X R 15/98

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