Zusammenfassung

 
Überblick

Bei einem Erwerb von Todes wegen oder einer Schenkung unter Lebenden muss für den Steuerpflichtigen der steuerpflichtige Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG ermittelt werden. Um diesen steuerpflichtigen Erwerb der Höhe nach zu bestimmen, ist das übergegangene Vermögen nach den Vorgaben des Erbschaftsteuergesetzes und den einschlägigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu bewerten. Neben Grundbesitz oder Betriebsvermögen muss auch das weitere Vermögen (übriges Vermögen) bewertet werden. Die dafür einschlägigen Rechtsvorschriften sind im ersten, allgemeinen Teil des BewG geregelt und müssen jeweils in Abhängigkeit der übergegangenen Vermögensgegenstände angewendet werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 12 Abs. 1 BewG verweist auf den ersten, allgemeinen Teil des BewG. Der allgemeine Bewertungsmaßstab ist der gemeine Wert nach § 9 BewG, der dem Verkehrswert entspricht. Die Bewertung von Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften richtet sich nach § 11 BewG. Forderungen sind regelmäßig mit dem Nennwert nach § 12 Abs. 1 BewG anzusetzen. Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen sind in Abhängigkeit, ob es sich um auf bestimmte Zeit befristete oder um lebenslängliche Nutzungen handelt, nach § 13 oder § 14 BewG zu bewerten.

1. Geltungsbereich des Bewertungsgesetzes

Der erste Teil des Bewertungsgesetzes (§§ 216 BewG) gilt für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die durch Bundesrecht geregelt werden, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden.[1] Nur wenn in Einzelsteuergesetzen oder im zweiten Teil des Bewertungsgesetzes andere Bewertungsvorschriften vorgegeben werden, gelten die allgemeinen Bewertungsvorschriften nicht.[2]

2. Die allgemeinen Bewertungsvorschriften

Nach § 12 Abs. 1 ErbStG ist grundsätzlich der erste Teil des Bewertungsgesetzes (§ 1§ 16 BewG) anzuwenden, wenn eine Bewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer vorzunehmen ist. Dies gilt aber dann nicht, wenn ausdrücklich eine andere Bewertungsvorschrift vorgeschrieben ist.

 
Praxis-Tipp

§ 12 ErbStG als Überleitungsvorschrift zu den Bewertungsvorschriften des BewG

Bei Erwerben, die unter das ErbStG fallen, können die zutreffenden Bewertungsvorschriften des BewG nur aus der Überleitungsvorschrift des § 12 ErbStG abgeleitet werden.

Nach der Vorgabe des § 12 ErbStG ergeben sich die folgenden Bewertungsmöglichkeiten:

  • § 12 Abs. 1 ErbStG: Grundsätzlich gilt der erste Teil des BewG für alle Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist.
  • § 12 Abs. 2 ErbStG: Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Wert gesondert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG festzustellen ist, sind mit dem für sie auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen. Der Wert der Anteile an Kapitalgesellschaften ermittelt sich dabei nach § 11 BewG.
  • § 12 Abs. 3 ErbStG: Grundbesitz ist mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag festzustellenden Wert anzusetzen. Dabei ist der Grundbesitzwert nach § 157 ff. BewG maßgeblich; vgl. dazu den Beitrag zur Bewertung des Grundvermögens und der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
  • § 12 Abs. 4 ErbStG: Bodenschätze (soweit sie nicht zum Betriebsvermögen gehören) werden angesetzt, wenn für sie Absetzungen für Substanzverringerung vorzunehmen sind. Dabei werden die ertragsteuerlichen Werte angesetzt.
  • § 12 Abs. 5 ErbStG: Betriebsvermögen, für das ein Wert gesondert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG festzustellen ist, wird mit dem auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert angesetzt. Dabei sind – über die Bewertungsvorschriften des § 109 Abs. 1 und Abs. 2 BewG – die grundsätzlichen Bewertungsvorschriften des § 11 Abs. 2 BewG maßgeblich; vgl. dazu den Beitrag über die Bewertung des Betriebsvermögens.
  • § 12 Abs. 6 ErbStG: Wirtschaftsgüter und Schulden, für die ein Wert gesondert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG festzustellen ist, werden mit dem anteiligen Wert angesetzt. Dies betrifft Wirtschaftsgüter und Schulden, die mehreren Personen zustehen.
  • § 12 Abs. 7 ErbStG: Ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen sind nach § 31 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

     
    Wichtig

    Bewertung erfolgt unabhängig von Begünstigungen

    Die Bewertung der einzelnen Vermögenspositionen erfolgt unabhängig davon, ob sich für diese Vermögenspositionen eine erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung ergibt oder nicht. So unterliegen bestimmte Grundstücke einer Steuerbefreiung von 10 %[1], andere Grundstücke sind vollständig von der Erbschaftsteuer befreit und Betriebsvermögen sowie bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften können unter diversen weiteren Voraussetzungen[2] bis zur vollständigen Steuerfreistellung begünstigt werden. Die Bewertung als solche erfolgt aber vor der Feststellung der individuellen Begünstigung.

2.1 Der gemeine Wert

Als allgemeiner Wert des Bewertungsrechts ist der gemeine Wert immer dann anzuwenden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist.[1] Es ist der grundsätzliche Bewertungsmaßstab für die Erbschaft- und Schenkungsteuer.

Nach § 9 Abs. 2 ...

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